Komplement

(ungarisch: vonzat)

andere Bezeichnungen:

Ergänzung, Aktant, Mitspieler

Sätze werden regelhaft aus kleineren Einheiten, also "kompositional", aufgebaut. Die primären Komponenten des Satzes sind der Verbalkomplex, die Komplemente und die Supplemente. Jedes Wort, genauer: jede Wortform bzw. jede Phrase im Satz muss zu einer dieser drei primären Komponenten gehören. Das bedeutet aber nicht, dass immer alle drei Komponenten im Satz vorkommen müssen.

Die Einteilung der im Satz vorkommenden Erweiterungen des Verbs in Komplemente und Supplemente basiert auf der Grundlage der Valenztheorie. In den ungarischen Schulgrammatiken ist dagegen die traditionelle Satzgliedlehre weiter verbreitet. Dementsprechend werden dort Prädikat, Subjekt, Objekt, Adverbialbestimmung und Attribut als Satzglieder voneinander unterschieden. Als Erweiterungen des Verbs können davon Subjekt, Objekt und (mit Einschränkung) Adverbialbestimmungen als Komplemente betrachtet werden. Attribute, die immer Erweiterungen von nominalen Satzgliedern sind, sind auf der Ebene des Satzes weder Supplemente noch Komplemente. Ebenso wie im Deutschen sind sie Supplemente oder Komplemente ihres nominalen Bezugswortes.

Komplemente sind unterschiedliche Arten von sprachlichen Ausdrücken (Nominalphrasen, Pronominalphrasen, Präpositionalphrasen, Adjektivphrasen, Adverbphrasen, Nebensätze und Infinitivkonstruktionen), die einen Verbalkomplex zu einem Satz "sättigen". Die einzelnen Komplemente werden zu Komplementklassen zusammengefasst. Die Komplementklasse wiederum wird vom Verb bzw. dem Verbalkomplex bestimmt. Diese Eigenschaft der Verben wird Valenz genannt.

Neben den vier Kasuskomplementen werden folgende Komplementklassen unterschieden:

Bei der konkreten Realisierung von Erweiterungen eines Valenzträgers auf der syntaktischen bzw. eventuell morphologischen Ebene zeigen sich oft deutliche Unterschiede in den verschiedenen Sprachen, z. B.:

Die Frage bedarf weiterer Untersuchung (Kgen). vs. A kérdés további vizsgálatot (Kakk) igényel.

Auch im Vergleich der deutschen Komplementklassen mit den ungarischen können generelle Übereinstimmungen, zugleich aber auch Unterschiede festgestellt werden. So können wir im Ungarischen bei den Erweiterungen des Verbs nicht von Genitivkomplementen oder Präpositivkomplementen sprechen (s. später die Anmerkungen bei der Beschreibung der Komplementklassen).

Beispiele:

(1) Die Concorde (Ksub) steht im Museum (Kadv).
[die tageszeitung, 22.02.2005]
Ung.: A Concorde a múzeumban van.
(2) Eine hervorragende Partie (Kakk) spielte dabei Ursula Gujer (Ksub).
[St. Galler Tagblatt, 18.03.2000]
Ung.: Ursula Gujer játszott kiváló partit.
(3) Maria (Ksub) achtet auf den Preis (Kprp).
[Die Zeit (Online-Ausgabe), 28.10.2004]
Ung.: Mária figyel az árra.
(4) Der Sieger in einer solchen Partie (Ksub) steht schon heute fest: Er (Ksub) heißt Silvio Berlusconi (Kprd).
[die tageszeitung, 08.07.2002]
Ung.: Egy ilyen csata győztese már ma biztosan megjósolható: (Őt) Silvio Berlusconinak hívják.

erste Abgrenzungsprobleme

Es ist zuweilen schwierig, Komplemente von Supplementen abzugrenzen. Die Präpositionalphrase in Berlin ist z. B. in Satz (5) ein Adverbialkomplement, in Satz (6) dagegen aber ein Supplement.

(5) Er wohnt in Berlin.
Ung.: (Ő) Berlinben lakik.
(6) Die Sonne scheint in Berlin.
Ung.: Berlinben süt a nap.

Von der Bedeutung des Verbs wohnen wird entweder ein sprachlicher Ausdruck für einen Ort verlangt, der durch eine Präpositionalphrase (z. B. in Berlin, am See, in Bayern) oder ein Lokaladverb (z. B. dort, nebenan, hier) realisiert wird (wie in Satz 6), oder aber es wird ein Ausdruck verlangt, der die Art und Weise des Wohnens näher charakterisiert (wie in Satz 7).

(7) Er wohnt allein.
Ung.: (Ő) egyedül lakik.

Die Valenz des Verbs wohnen fordert einerseits ein Komplement im Nominativ - das Subjekt - und andererseits ein situatives Adverbialkomplement oder ein modales Adverbialkomplement, damit ein korrekter Satz des Deutschen entsteht. Folglich kann in Berlin in Satz (5) und allein in Satz (7) nur jeweils ein Komplement sein.

In Satz (6) allerdings ist die Präpositionalphrase in Berlin kein Komplement, sondern ein Supplement, weil das einwertige Verb scheinen eine andere Komplementforderung besitzt: Es genügt ein Komplement im Nominativ, um einen grammatisch vollständigen Satz mit scheinen zu bilden (Die Sonne scheint.).

Diese ersten Überlegungen zur Abgrenzung von Komplementen und Supplementen werden in einem zweistufigen Testverfahren nachprüfbar differenziert und zwar mit Hilfe des Reduktionstests und des Folgerungstests.

Die Komplemente werden in Komplementklassen eingeteilt. Ein Überblick über die Komplemente zeigt die Möglichkeiten der syntaktischen Realisierungsformen der Komplemente. Die Leitformen erleichtern die Zuordnung der Komplemente zu den einzelnen Klassen.

Übung: Komplemente

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