Phrasen
Andere Bezeichnung:
Wortgruppen
Phrasen im Überblick
Phrasen oder Kombinationen von Phrasen können als unmittelbare Konstituenten des Satzes fungieren. Sie können zusammen mit dem Verbalkomplex Sätze bilden.
Phrase ist eine übereinzelsprachliche Kategorie. Die einzelnen Wortformen gruppieren sich vorhersagbar in jeder Sprache der Welt zu Phrasen. Die einzelnen Phrasentypen sowie die innere Struktur der Phrasen unterliegen jedoch auch einzelsprachlichen Regeln. So gibt es zum Beispiel im Ungarischen im Gegensatz zum Deutschen keine Präpositionalphrase. Das ungarische Äquivalent der deutschen Präpositionalphrasen ist meistens eine Nominalphrase mit einem suffigierten Substantiv:
auf dem Tisch | vs. | az asztalon |
Die Verwendung der Lexeme Wortgruppe und Phrase ist insofern etwas ungenau, als beide intuitiv Mengen mehrerer Wortformen erwarten lassen. Grundsätzlich können Phrasen durch mehrere Elemente realisiert werden. Nominalphrasen, Pronominalphrasen, Adjektivphrasen und Adverbphrasen können aber auch aus nur einer einzigen Wortform bestehen.
Beispiel:
Korrekturen sind notwendig.
Der deutsche Satz besteht aus einer Verbform und aus zwei Phrasen, einer Nominalphrase
und einer Adjektivphrase, die je aus nur einem Element bestehen, dem Nomen bzw. dem Adjektiv. Das
Nomen und das Adjektiv sind die Grundelemente - die sog. Köpfe - der jeweiligen Phrasen.
Phrasen sind über ihren Kopf hinaus prinzipiell ausbaufähig:
Korrekturen sind notwendig.
Die
Korrekturen sind notwendig.
Die meisten Korrekturen sind notwendig.
Die meisten
Korrekturen an den Reformen sind notwendig.
Die meisten Korrekturen an den Reformen sind
sehr notwendig.
Phrasen sind nicht nur beliebige Folgen von Wortformen. Phrasen sind Wortgruppen, deren Elemente syntaktisch und semantisch funktional zusammengehören, eine Einheit bilden und bestimmten syntaktischen Regeln folgen.
- Phrasen sind funktional selbständige Wortgruppen aus einem oder mehreren Elementen mit einem Kopf.
- Phrasen mit dem gleichen lexikalischen Kopf werden als Phrasen eines bestimmten Typs kategorisiert. Die Wortart des Kopfes gibt der Phrase ihren spezifischen Namen.
- Phrasen desselben Typs können koordiniert werden.
- Phrasen enthalten kein finites Verb als lexikalischen Kopf.
- Phrasen können auch als Teile anderer Phrasen vorkommen.
- Phrasen können - sofern sie nicht Teil anderer Phrasen sind - alleine das Vorfeld des deutschen Satzes besetzen.
Syntaktische Eigenschaften
Phrasen sind zentrale Einheiten des syntaktischen Formaufbaus unterhalb der Satzgrenze.
Phrasen können untereinander zu übergeordneten Phrasen kombiniert werden (Phrasen können
Bestandteil anderer Phrasen sein):
[das Mädchen] + [sehr schön] | = | [das sehr schöne Mädchen] |
[a kislány] + [nagyon szép] | = | [a nagyon szép kislány] |
Phrasen können auch zusammen mit dem Verbalkomplex zu Sätzen kombiniert werden:
[Das Grammatikseminar der letzten
Woche] ist ausgefallen.
[A múlt heti nyelvtani gyakorlat] elmaradt.
Diejenigen Phrasen, die unmittelbare Konstituenten des Satzes sind (d.h. nicht als Konstituenten anderer Phrasen gelten), sind im Deutschen topikalisierbar, d. h. sie können im Aussagesatz im Vorfeld stehen:
Topikalisierung:
Die Nominalphrase erklärte die Dozentin während der
Seminarsitzung.
Während der
Seminarsitzung erklärte die Dozentin die
Nominalphrase.
Da der ungarische Satz über keine Verbalklammer und damit auch über kein Vorfeld verfügt, lässt sich die Topikalisierungsprobe im Ungarischen nicht durchführen. Für beide Sprachen gilt jedoch, dass Phrasen als unmittelbare Konstituenten des Satzes als ganzes verschiebbar (permutierbar), austauschbar (kommutierbar) und koordinierbar sind:
Permutation:
Die Dozentin
erklärte während der Seminarsitzung die Nominalphrase.
Während der
Seminarsitzung erklärte die Dozentin die Nominalphrase.
Die Dozentin erklärte die Nominalphrase
während der Seminarsitzung.
A tanárnő a szemináriumon
elmagyarázta a névszói csoport fogalmát.
A szemináriumon
a tanárnő elmagyarázta a névszói csoport fogalmát.
A tanárnő elmagyarázta a
névszói csoport fogalmát a szemináriumon.
Kommutation:
Die Dozentin
erklärte während der Seminarsitzung die Nominalphrase.
Die Dozentin erklärte in der Vorlesung die
Nominalphrase.
Die Dozentin erklärte zu Hause die Nominalphrase.
A tanárnő a szemináriumon
elmagyarázta a névszói csoport fogalmát.
A tanárnő az
előadáson elmagyarázta a névszói csoport fogalmát.
A tanárnő
otthon elmagyarázta a névszói csoport fogalmát.
Koordination:
Die Dozentin
erklärte während der Seminarsitzung die Nominalphrase und
die Präpositionalphrase.
Der Student und
die Dozentin erklärten während der Seminarsitzung die
Nominalphrase.
Die Dozentin erklärte während der Seminarsitzung und in der Vorlesung die
Nominalphrase.
A tanárnő elmagyarázta a szemináriumon
a névszói csoport és az elöljárószós csoport fogalmát.
A
hallgató és a tanárnő elmagyarázták a szemináriumon a névszói csoport
fogalmát.
A tanárnő elmagyarázta a szemináriumon és az
előadáson a névszói csoport fogalmát.
Durch diese drei Verfahren sind die Grenzen der Phrasen - sofern sie unmittelbare Konstituenten des Satzes sind - leicht feststellbar.
Die unterschiedlichen Arten von Phrasen werden nach der Wortart ihres jeweiligen lexikalischen Kopfs benannt:
Nominalphrase: die
rotenSchuhe
Pronominalphrase: er mit seinen ewigen Bedenken
Präpositionalphrase: an der alten Brücke
Adjunktorphrase/Adjunkt: wie ein Verrückter
Adjektivphrase: recht
berühmt
Adverbphrase:
knapp daneben
Der lexikalische Kopf kann Formmerkmale anderer Elemente der Phrase steuern. Der Kopf der Nominalphrase, das Nomen Schuhe, regiert z.B. das Genus (Maskulin) des Artikels und des Adjektivs, und es besteht Kongruenz in Numerus (Plural) und Kasus (Nominativ/Akkusativ) zwischen Nomen, Artikel und Adjektiv.
Die Präposition an regiert in der obigen Präpositionalphrase den Kasus (Dativ) von Artikel, Adjektiv und Nomen der dem Kopf folgenden Nominalphrase.
Ungarisch ist eine agglutinierende Sprache, grammatische Bedeutungen werden i.Allg. mit verschiedenen Suffixtypen ausgedrückt. Dementsprechend verfügt das Ungarische über keine Präpositionalphrase. Die anderen deutschen Phrasentypen haben ungarische Entsprechungen:
Nominalphrase: a piros
cipő
Pronominalphrase: ő az
állandó tépelődéseivel
Adjektivphrase:
igen híres
Adverbphrase: éppen
amellett
Adjunktorphrase: mint egy őrült
Den deutschen Präpositionalphrasen entsprechen im Ungarischen im Allgemeinen suffigierte
Nominalphrasen oder Adverbphrasen mit einem sog. adverbialen Endsuffix:
auf dem Tisch = az asztalon
; von hinten =
hátulról.
Postpositionen gibt es in beiden Sprachen. Die durch Postpositionen
gebildeten Phrasen werden im Deutschen zu den Präpositionalphrasen gerechnet:
dir
zuliebe, des schlechten Wetters
wegen.
Ähnliche Phrasenstrukturen finden sich auch im Ungarischen:
a ház
mögött, a folyó mellett.
Auch die deutschen Adjunktoren wie und als können
ins Ungarische mit einem Suffix übersetzt werden:
Er benahm sich
wie ein Verrückter. = Őrültként viselkedett.
Er arbeitet
als Arzt. = Orvosként
dolgozik.
In diesem Fall existiert jedoch im Ungarischen die Parallelform mit dem Adjunktor
mint:
mint egy őrült;
mint orvos.
Phrasen haben im Satzzusammenhang unterschiedliche syntaktische Funktionen. Sie können fungieren als Komplemente:
Die roten Schuhe müssen repariert
werden. Claudia wohnt an der alten Brücke. Er mit seinen ewigen Bedenken kommt ganz gut zurecht. | A piros cipőt javítani kell. Klaudia a régi hídnál lakik. Ő az állandó tépelődéseivel egész jól megvan. |
und als Supplemente:
An der alten Brücke ist die
Touristenkonzentration enorm. Kurz davor hat er noch alles gewusst. | A régi hídnál rengeteg a turista. Nem sokkal korábban még mindent tudott. |
Semantisch-funktionale Eigenschaften
In der Nominalphrase und der Pronominalphrase wird - insofern sie aus mehreren Elementen bestehen - der Kopf der Phrase, nämlich das Nomen oder das Pronomen spezifiziert:
Theorien der
Sprachwissenschaft der 20er Jahre einige vom Institut für Deutsche Sprache | a huszas évek nyelvészeti elméletei néhányan a Német Nyelvi Kutatóintézetből |
Mit den deutschen Präpositionalphrasen werden Relationen ausgedrückt zwischen den Nomen innerhalb der Präpositionalphrase und Nomen außerhalb der Präpositionalphrase:
Die Studenten gehen zur Grammatikvorlesung.
Die deutsche Adjunktorphrase hat prädikative oder spezifizierende Funktion, mit anderen Worten kann sie also in prädikativer oder attributiver Funktion auftreten:
Das ist wie im richtigen Leben.
Er als ihr bester Freund.
Adjektivphrasen haben in beiden Sprachen prädikative oder spezifizierende Funktionen, mit anderen Worten können sie prädikativ oder attributiv auftreten:
Sie ist recht berühmt.
der angeblich bayrische Bundeskanzler | Ő igen híres. az állítólag bajor szövetségi kancellár |
Adverbphrasen spezifizieren in beiden Sprachen Sätze oder den Verbalkomplex:
Satz: Immer sonntags
geht er auf den Fußballplatz. Verbalkomplex: Sie denkt überhaupt nicht gerne an ihn. | Mindig vasárnap megy a
focipályára. Egyáltalán nem szívesen gondol rá. |
Im Deutschen können die Adverbphrasen auch eine andere Phrase, z.B. eine Nominalphrase spezifizieren:
Die Wohnung oben ist unbewohnt. | A fenti lakás lakatlan. |
Im Ungarischen wird aus dem Adverb in solchen Fällen oft ein Adjektiv gebildet:
melletti, fölötti, alatti, közeli, távoli, tegnapi, mai, etc.