Adverbialia als Supplemente

andere Bezeichnungen:

Umstandsbestimmung, modifizierende Angabe

Ungarische Bezeichnung: határozó

Adverbialia als Komplement und als Supplement

Adverbialia sind eine syntaktische Klasse und üben im Satz bestimmte Funktionen aus: Sie können primäre Komponenten des Satzes sein, in dieser Funktion sind sie meistens Supplemente, unter besonderen Umständen können sie aber auch Komplemente (vgl. adverbiale Komplemente) sein.

Das deutsche Verb wohnen und das ungarische Verb lakik fordern zum Beispiel ein Lokaladverbiale als Komplement. Dieses Adverbiale ist dermaßen stark ans Verb gebunden, dass bei seinem Weglassen der Satz ungrammatisch wird:

Die bekannte Künstlerin wohnt in Mannheim.

Ung.: A híres művésznő Mannheimben lakik.

Nicht aber:

*Die bekannte Künstlerin wohnt.

Ung.: *A híres művésznő lakik.

Wird dieser Satz zum Beispiel durch einen temporalen Zusatz in Form einer Präpositionalphrase erweitert, dann handelt es sich bei dieser zweiten adverbialen Angabe um ein Supplement, da die temporale Angabe nicht vom Verb gefordert wird, d. h. für einen korrekten deutschen oder ungarischen Satz nicht notwendig ist:

Die bekannte Künstlerin wohnt seit 30 Jahren in Mannheim.

Ung.: A híres művésznő 30 éve Mannheimben lakik.

Bei weiteren adverbialen Zusätzen handelt es sich ebenso um Supplemente:

Die bekannte Künstlerin wohnt seit 30 Jahren sehr komfortabel in Mannheim.

Ung.: A híres művésznő 30 éve Mannheimben lakik nagyon komfortos körülmények között.

Ausdrucksformen der Adverbialia

Die formale Realisierung der deutschen und der ungarischen Adverbialia ist ziemlich unterschiedlich. Im Ungarischen gibt es charakteristische adverbiale Suffixe, die diese syntaktische Funktion morphologisch anzeigen. Im Deutschen hingegen wird die adverbiale Funktion morphologisch nicht markiert. Es stellt sich erst auf der syntaktischen Ebene, durch die erfüllte syntaktische Funktion heraus, ob es sich um ein Adverbiale oder um eine andere syntaktische Klasse handelt. Daher bereiten deutsche Adverbialia ungarischen Deutschlernern oft große Lernschwierigkeiten. Im Deutschen können folgende Ausdrucksformen die Funktion der Adverbialia erfüllen:
Adverbien und Adverbphrasen (1), Adjektive und Adjektivphrasen (2), Nominalphrasen (3), Präpositionalphrasen (4), Adjunktorphrasen (5), Nebensätze (6) und Infinitivkonstruktionen (7).

(1) Übermorgen gehen die Mediziner aus Protest bundesweit auf die Straße.
[Hamburger Morgenpost, 16.01.2006]
Ung.: Holnapután az orvostanhallgatók tiltakozásul az egész Szövetségi Köztársaságban az utcákra vonulnak.

Viele Leute lassen sich sehr gern etwas vorlesen.
[Berliner Zeitung, 16.06.2004]
Ung.: Sok ember nagyon szívesen felolvastat magának valamit.

(2) Thomas Mann und Marzipan sind untrennbar mit Lübeck verbunden.
[Die Welt (Online-Ausgabe), 15.012.2007]
Ung.: Thomas Mann és a marcipán elválaszthatatlanul össze van kötve Lübeck-kel.

Ganze Ortschaften und ein Flughafen mussten komplett neu gebaut werden.
[die tageszeitung, 23.08.2005]
Ung.: Egész településeket és egy repülőteret kellett teljesen újra felépíteni.

(3) Meines Wissens hat das nichts mit Luhmann zu tun.
[die tageszeitung, 12.02.2000]
Ung.: Tudtommal ennek semmi köze nincs Luhmannhoz.

(4) In der Öffentlichkeit wird mit Genuß eine Senkung der Verwaltungskosten in der Sozialversicherung gefordert.
[Die Presse, 16.09.2000]
Ung.: A közvélemény előszeretettel követeli a társadalombiztosítás működési költségeinek cökkentését.

(5) Und er hatte trainiert wie ein Berserker.
[die tageszeitung, 13.05.2004]
Ung.: És úgy edzett, mint egy güzü.

(6) Das war ein Schritt nach vorne, obwohl es nicht die Grundvoraussetzungen brachte.
[die tageszeitung, 08.01.2005]
Ung.: Ez előrelépés volt, bár az alapfeltételeket nem teremtette meg.

(7) Der Priester geht an einem Schwerverletzten vorbei, anstatt zu helfen.
[Mannheimer Morgen, 18.06.2004]
Ung.: A pap elmegy egy súlyos sebesült mellett ahelyett, hogy segítene.

Im Ungarischen können Adjektive, z. B. érdekes (dt.: interessant), szép (schön), unalmas (langweilig), in der Regel nicht in adverbialer Funktion benutzt werden, sondern müssen mit einem adverbialen Suffix zu einem Adverb gebildet werden: érdekesen (interessant, auf interessante Weise), szépen 'schön, auf schöne Weise', unalmasan (langweilig, auf langweilige Weise).

A professzor előadása érdekes. → A professzor érdekesen ad elő.

Der Vortrag des Professors ist interessant.Der Professor trägt interessant vor.

Andererseits gibt es im Ungarischen keine Präpositionalphrasen und auch Adjunktorphrasen sind sehr beschränkt. Stattdessen gibt es aber adverbiale Suffixe, die an Nomina gehängt werden, und adverbiale Postpositionen. So ist die häufigste Ausdrucksform der ungarischen Adverbialia eine mit einem Adverbsuffix oder mit einer Postposition erweiterte Nominalphrase.

Tudtommal ennek semmi köze nincs Luhmannhoz.

A közvélemény előszeretettel követeli a társadalombiztosítás működési költségeinek csökkentését.

Rabszolgakéntdolgoztatta a munkásait.

A kiadások miatt szükséges a bevételek növelése.

Eine Adjunktorphrase ist in adverbialer Funktion auch im Ungarischen möglich:

Úgy edzett, mint egy güzü.

Nebensätze können auch im Ungarischen in adverbialer Funktion auftreten, Infinitivkonstruktionen aber in der Regel nicht. Als Adverbialia benutzte deutsche Infinitivkonstruktionen werden ins Ungarische im Allgemeinen auch mit Nebensätzen übersetzt:

Ez előrelépés volt, bár az alapfeltételeket nem teremtette meg. (Äquivalent zum Bsp. 6.)

A pap elmegy a súlyos sebesült mellett ahelyett, hogy segítene.

In ungarischen Nebensätzen, die den deutschen Infinitivkonstruktionen entsprechen, steht das Verb meistens im Konditional. Daher liegt eine häufige Fehlerquelle ungarischer Deutschlerner darin, dass sie statt der Infinitivkonstruktion einen Nebensatz mit einem konjunktivischen Verb bilden.

Subklassen der adverbialen Supplemente

Adverbialia als Supplemente beziehen sich auf unterschiedliche Einheiten. Einerseits können sie sich auf ganze Sätze beziehen und charakterisieren die Satzbedeutung näher. Sie sind in diesem Fall Satzadverbialia. (Vgl. Satzadverbialia):

Ein ukrainischer Nachwuchssportler ist bei einem Turnier in Charkow tödlich verletzt worden.
[Berliner Zeitung, 15.03.2004]
Ung.: Egy ukrán növendék sportoló egy Charkowban rendezett tornán halálosan megsebesült.

Andererseits beziehen sie sich auf den Verbalkomplex bzw. auf den Verbalkomplex und damit verbundene Komplemente unterhalb der Satzebene und gehören der Klasse der Verbgruppenadverbialia. (vgl. Verbgruppenadverbialia) an:

Tattoos glänzen wunderschön auf der Haut.
[Mannheimer Morgen, 07.08.2004]
Ung.: A tetoválások gyönyörűen csillognak a bőrön.

Anna schiebt den Kinderwagen, als wäre sie in Australien.
[die tageszeitung, 02.03.2004]
Ung.: Anna úgy tolja a babakocsit, mintha Ausztráliában lenne.

Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia werden in vielen Grammatiken nicht unterschieden. Es gibt dort nur eine Adverbialia-Klasse.

Die Duden-Grammatik spricht von Kommentaradverbialia und bezeichnet damit Satzadverbialia und von Situativadverbialia, wenn Verbgruppenadverbialia gemeint sind. In ungarischen Grammatiken wird diese Unterscheidung auch nicht getroffen. Verbgruppenadverbialia sind diejenigen Adverbialia, die (ung.) módhatározó ('Modalbestimmung') genannt werden, weil diese die Art und Weise der mit dem Verb ausgedrückten Handlung bzw. des Geschehens angeben. Ihr spezifischer Bezugsbereich ist also das Verb. Andere Adverbialia hingegen (helyhatározó ('Lokalbestimmung'), időhatározó ('Temporalbestimmung') usw.) beziehen sich auf den ganzen Satz, sind also Satzadverbialia.

Die zwei Adverbialgruppen können wiederum semantisch subklassifiziert werden:
Semantische Subklassen der Satzadverbialia
Semantische Subklassen der Verbgruppenadverbialia
Allerdings ist die Klassenbildung nach semantischen Kriterien in allen Bereichen der Sprachwissenschaft stets schwierig. Eine klare Grenzziehung zwischen den einzelnen Klassen ist nicht immer möglich. Aus diesem Grunde sind die semantischen Subklassen nur als Annäherung zu verstehen. Andere Klassenbildungen sind durchaus möglich. Für eine semantische Feinanalyse sind die Frageformen zur Bestimmung der semantischen Adverb-Subklassen hilfreich.

Engel unterscheidet in seiner "Deutschen Grammatik" folgende Subklassen der Adverbialia: direktiv, final, graduativ, instrumental, kausal, komitativ, konditional, lokal, modifikativ, temporal.

Bei Helbig/Buscha finden wir: final, kausal, konditional, konsekutiv, konzessiv, lokal, modal, temporal.

Übung: Supplementtypen und ihre Ausdrucksformen

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