Das Präteritumperfekt
it. piuccheperfetto (trapassato prossimo/ trapassato remoto)
Verbformen im Präteritumperfekt zeigen diese Sätze:
Wir hatten nicht gewusst, dass man sich für die Kantine eintragen muss. [Harry Rowohlt, 1998 in SWR1: Leute]
Einer der Einwände gegen eine rasche Freigabe war gewesen, dass die bisherige Geldvergabe an Banken und Finanzinstitute nicht transparent genug gewesen sei. [dpa, 16.01.2009]
Das Präteritumperfekt drückt also Vergangenheit relativ zu Betrachtzeiten aus, die ihrerseits vor der Sprechzeit liegen.
Wenn Temporaladverbialia im Satz auftreten, ist - wie beim Präsensperfekt - beim Präteritumperfekt eine Beziehung entweder auf die Betrachtzeit des Obertempus (Beispiel 1) oder auf die Betrachtzeit des Satzrestes (2) möglich:
(1) Graf Bolko sah sie verstört an. Jetzt
hatte auch er seinen Gleichmut verloren.
[Larsen o.J., 26]
(2) Die Polizei
hatte den Verdächtigen vorgestern, gleich nach seiner
Festnahme,vernommen und konnte somit gestern den Fall endgültig
lösen.
Das Präteritumperfekt ist geeignet, Vorzeitigkeit auszudrücken, insbesondere gegenüber im Präteritum berichteten Ereignissen:
Um 690 war alles Land nördlich der Lippe sächsisch geworden, 693 zwangen sie [die Sachsen] den im heutigen Ruhrgebiet ansässigen Brukterern ihre Herrschaft auf, um 750 < sie Südwestfalen unterworfen und bedrohten von hier aus die Lahn und die ins Innere Hessens führenden fränkischen Straßen. [Pörtner 1964, 340]
Sehr selten sind Beispiele, in denen das Präteritumperfekt Vorzeitigkeit gegenüber im Präsens berichteten Ereignissen darstellt:
Die Nachttischlampe ist ein so altes Monstrum, dass ihre Gummilitze brüchig geworden war und eine Kupferader Kontakt mit dem Metallfuß hatte. [Pinkwart 1963, 49]
Entsprechend den zwei synthetischen Vergangenheitstempora (it.) passato remoto und (it.)
imperfetto verfügt das Italienische über zwei Vorvergangeheitstempora, das trapassato remoto und
das trapassato prossimo, die im deutschen Präteritumperfekt aufgehen. Es handelt sich dabei um
zusammengesetzte Formen, die respektive aus dem passato remoto und imperfetto des Hilfsverbs und
dem Partizip Perfekt des Vollverbs resultieren: ebbi mangiato/ ero andato
(ich hatte gegessen/ ich war gegangen).
Beide Formen drücken einen
Sachverhalt aus, dessen Betrachtzeit vor der Betrachtzeit des passato remoto bzw. des
passato prossimo liegt, deren Betrachtzeit wiederum vor der Sprechzeit liegt.
Das trapassato remoto hat diachronisch eine starke Regression erfahren, so dass es im gegenwärtigen Italienisch nur noch in Temporalnebensätzen erscheint, die durch Subjunktoren wie dopo che, non appena, quando, come, finché eingeleitet sind. Eine weitere Einschränkung für seine Verwendung besteht darin, dass einem trapassato remoto im Nebensatz nur ein passato remoto im Trägersatz (und kein anderes Vergangenheitstempus) entsprechen kann:
quando ebbe parlato tornò al suo posto
als er gesprochen hatte, kehrte er an seinen Platz zurück
(*quando ebbe parlato è tornato al suo posto; *quando ebbe parlato tornava al suo
posto)
Der Gebrauch des trapassato remoto gehört jedenfalls selbst in solchen Zusammenhängen dem gehobenen Sprachregister an.
Viel häufiger ist die Verwendung des (it.) trapassato prossimo, auch (it.) piucheperfetto genannt, das ebenfalls Vorzeitigkeit gegenüber einer in der Vergangenheit situierten Betrachtzeit verdeutlicht und in dieser Funktion nicht selten das obsolete trapassato remoto ersetzen kann:
diventò nervoso dopo che l'ebbe vista/ dopo che
aveva vista
er wurde nervös, nachdem er sie gesehen
hatte
Die Betrachtzeit, die in diesem Beispiel durch das passato remoto signalisiert wird, kann auch durch ein passato prossimo oder imperfetto (und seltener durch das historische Präsens) angegeben werden:
ho comprato una Ferrari perché era stato
sempre il mio sogno
ich habe einen Ferrari gekauft, weil es immer mein
Traum war
Oft ist der Bezugszeitpunkt in der Vergangenheit durch Temporal-Adverbialia ausgedrückt:
ieri sera alle 9 non avevamo ancora
sentito la notizia
gestern Abend um neun hatten wir die
Nachricht noch nicht gehört