Wortstellung und Pausen

Im linken Außenfeld können interaktive Einheiten (1, 2) und Thematisierungsausdrücke (3) stehen, die auch im rechten Außenfeld erscheinen können (1a-3a) (s. Wortstellung in den Außenfeldern):

(1) Hey, was machen Sie denn da?
(2) Gerhard, warum grinst du eigentlich immer so?
(3) Die Wüste, das ist ein Lebensraum für eine überraschend große Zahl von Tieren.
(1a) Was machen Sie denn da, hey?
(2a) Warum grinst du eigentlich immer so, Gerhard?
(3a) Das ist ein Lebensraum für eine überraschend große Zahl von Tieren, die Wüste.

Interaktive Einheiten und Thematisierungsausdrücke in den Außenfeldern können auch intonatorisch durch eine kurze Pause vom Rest des Satzes abgetrennt werden. Je nach Sprechtempo und Expressivität können Interjektionen und Anredeformen im linken Außenfeld mit fallendem (↓) oder progredientem (→) Endtonmuster gesprochen werden; die Intonationskontur kann relativ flach (1b, 2b) bis stark steigend-fallend (/\) (1c, 2c) sein:

(1b) Hey , was machen Sie denn da?
(1c) Hey (/\), was machen Sie denn da?
(2b) Gerhard , warum grinst du eigentlich immer so?
(2c) Gerhard (/\), warum grinst du eigentlich immer so?

Thematisierungsausdrücke besitzen eine eigene Akzentdomäne, d. h. sie können ggf. einen Gewichtungsakzent tragen. Je nachdem, wie eng die Themafortführung angeschlossen ist, unterscheiden sich verschiedene Thematisierungsausdrücke intonatorisch voneinander. Die syntaktische Nicht-Integration dieser Außenfeldeinheiten kann intonatorisch durch ein nicht-progredientes Tonmuster und eine deutliche Pause (|) (7) signalisiert werden. Umgekehrt kann im linken Außenfeld durch ein progredientes Tonmuster und das Ausbleiben (4-6) oder Verkürzen (8) der Pause signalisiert werden, dass eine engere Themafortführung vorliegt.

Eine enge Themafortführung ist z. B. bei linksangebundenen Thematisierungsausdrücken der Fall (4, 5). Als links- bzw. rechtsangebunden werden Thematisierungsausdrücke bezeichnet, die als Nominal- oder Pronominalphrase vorliegen und mit den dazugehörigen anaphorischen/kataphorischen pronominalen Ausdrücken in Genus, Numerus und Kasus korrespondieren. Linksangebundene Thematisierungsausdrücke zeichnen sich i. d. R. durch ein progredientes Tonmuster aus. Pausen zwischen ihnen und dem Vorfeld bzw. der linken Satzklammer sind selten und tendieren ggf. zur Kürze. Vor rechtsangebundenen Thematisierungsausdrücken wird aber i. d. R. eine Pause gesetzt.

(4) Und meinen Vater , den haben Sie nicht gesehen?
(5) Die Polizei , die hat sich überhaupt nicht mehr blicken lassen.
(6) Dass sie uns endlich besucht hat , darüber haben wir uns sehr gefreut.
(7) In Mannheim (|) ↑, da hat er lange gewohnt.
(8) Vor dem Schaufenster (|) →, da standen drei komische Gestalten.

Konnektivpartikeln wie allerdings, also, freilich, immerhin, übrigens, im Übrigen haben vielfältige Stellungsmöglichkeiten. In ihrer verknüpfenden Funktion im linken Außenfeld kann der Grad ihrer Nicht-Integration in den Satz bzw. in das Vorfeld intonatorisch (durch eine deutliche Pause) und meist auch grafisch (durch Komma oder Doppelpunkt) kenntlich gemacht werden. Das Tonmuster variiert von Partikel zu Partikel:

(9) Übrigens↓, im Erwachsenenalter kann man eine Fremdsprache meist nicht mehr akzentfrei erlernen.
(10) Immerhin: Der tägliche Fernsehkonsum ist nicht so stark gestiegen, wie Bildungspolitiker befürchtet hatten.
(11) Allerdings↑, in der Filmversion gehen diese Nuancen vollkommen verloren.

Nach einem fallenden Tonmuster ist die Pause oft etwas länger als nach einem steigenden oder progredienten.

Im Unterschied zum Deutschen ist das Französische keine Klammersprache. Dementsprechend können im Französischen keine Stellungsfelder angenommen werden und für das Deutsche charakteristische Begriffe wie linkes Außenfeld oder rechtes Außenfeld sind nicht auf die französische Satzstruktur übertragbar. Im Französischen werden der links stehende Satzbereich und der rechts stehende Satzbereich jeweils als eine einzige, ggf. umfangreiche, Position aufgefasst: Der linke Satzbereich wird als Satzeröffnung (frz. ouverture/début d'énoncé), der rechte Satzbereich als Satzende (frz. fin/clôture d'énoncé) bezeichnet. Trotz dieses grundlegenden Unterschieds zwischen den beiden Kontrastsprachen findet sich auch im Französischen linksperipher bzw. rechtsperipher eine besondere Position, die – wie im Deutschen – durch syntaktisch und grafisch bzw. intonatorisch vom Restsatz abgesetzte Konstituenten besetzt werden kann, die sog. herausgestellte Position (frz. position détachée). Hinsichtlich des Zusammenspiels von Wortstellung und Pausen verhalten sich das Deutsche und das Französische hier ähnlich. Die Gemeinsamkeiten zwischen den Kontrastsprachen gelten sowohl für die interaktiven Einheiten (1) und Thematisierungsausdrücke am linken oder am rechten Satzrand (2-3) als auch für die Konnektivpartikeln, deren Tonmuster ggf. mit dem eines parenthetischen Ausdrucks vergleichbar sein kann (4). Im Mündlichen werden diese links- bzw. rechtsperipheren Einheiten wie im Deutschen vom Rest des Satzes durch eine Pause (unterschiedlicher Länge) abgetrennt, was sich in der Interpunktion im Schriftlichen niederschlägt:

(1) interaktive Einheiten

Ouille, tu m'as fait mal!
Autsch, du hast mir weh getan!

Bon, d'accord, je vais cesser d'être drôle ... Je décide de mettre fin à ma carrière d'humoriste ... (Internetbeleg)
Gut, einverstanden, ich mach jetzt keine Witze mehr. Ich werde hiermit meiner Laufbahn als Komiker ein Ende setzen.

(2) Thematisierungsausdrücke am linken Satzrand

J'habite près de la frontière, et ici, l'allemand, on l'apprend dès le CP.
Ich wohne in der Nähe der Grenze, und die deutsche Sprache, die lernt man hier schon in der ersten Klasse.

On a l'impression quand on rentre dans mon appartement que je voyage beaucoup parce qu'il y a des choses qui viennent du monde entier, et pas du tout, je déteste voyager. Ces objets, je les trouve en France chez les brocanteurs, les antiquaires, (...) etc. (Chez Gérard Trémolet, www.interieurs.fr)
Wenn man meine Wohnung betritt, hat man den Eindruck, dass ich viel reise, weil es da Dinge aus der ganzen Welt gibt, aber das stimmt ja gar nicht, ich reise sehr ungern. Diese Sachen, die finde ich in Frankreich bei Trödlern, Antiquitätenhändlern, (...), usw.

(3) Thematisierungsausdrücke am rechten Satzrand

Il avait beaucoup changé, Camus.
(wörtlich:) Er hatte sich sehr verändert, der Camus.
(Camus, der hatte sich sehr verändert).

Je les trouve superbes, ces montagnes.
Ich finde sie großartig, diese Berge.

(4) Konnektivpartikeln

En fin de compte, pourquoi chercher l'éternité quand on peut ramasser tous les fruits du présent? (http://www.francoisnicaise.fr/post/20057184069/)
Im Grunde genommen, warum von der Ewigkeit träumen, wenn man die Früchte der Gegenwart ernten kann
.

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