Akzentuierung der Simplizia und Derivata
Im Allgemeinen gilt: Eine Folge unakzentuierter Silben wird durch die Realisierung von Nebenakzenten(Abenteuer) rhythmisch strukturiert. Seltener finden sich Folgen von drei oder mehr unakzentuierten Silben (eigentliches, schöneres, bemerkenswertes, grauenhafteres); normalerweise werden sie durch Nebenakzentuierung aufgelöst (bemerkenswertes, Lehrerinnen).
Insbesondere für Simplizia gilt des Weiteren:
- In Wörtern mit genau einer schweren Silbe bekommt diese den Hauptakzent (Matte, Unmut, Holunder, Wacholder, Forelle, Abenteuer, Kanzlei(en)). Sonst die erste schwere Silbe, auf die eine weitere Silbe folgt (Karla,Astrid, Edith, Helmut, Jodokus, Walburga, Kriemhild/Kriemhilde).
- Sind nur leichte oder nur schwere Silben vorhanden, wird die erste zur Hauptakzentstelle (Nacken, schnacken, Schmadder, Biwak,Efeu,Hanau, Heidrun).
Für viele nicht-einheimische Wörter gilt abweichend von a) und b):
a'. Die letzte oder die einzige schwere Silbe bildet die
Hauptakzentstelle.
(infam,
Paradies, Satrap, Taifun)
b'. Sind nur leichte Silben vorhanden, wird die
letzte zur Hauptakzentstelle.
(Islam,
Madam, Biskuit – eingedeutscht auch Biskuit und weitere: Isabel, Atlas,
Herpes.)
Bei Derivata sind folgende Regularitäten festzustellen:
Einige Suffixe ziehen den Hauptakzent auf sich (wie variabel, Spekulant, Idealist, Rubrik, dubios, Statut) oder auf eine vorhergehende Silbe (Kaukasus -> Kaukasien,China -> chinesisch). Bei zwei kombinierten Suffixen steuert das zweite die Lage der Hauptakzentstelle (Renommiererei).
-abel/ibel, -ade, -age, -aille, -akt/ekt/ikt/ukt, -al, -all, -and/ant/ent/ont, -ante/ente, -anz/enz/inz, -(i)ar/-är, -arier, -arium, -arm/erm/orm, -art/ert/ort, -as, -ast/est/ist/ost/ust, -(i)at, -atik/etik/otik/..., -ator, -ee, -ei, -el, -ell, -ens, -ept/ipt/upt, -rie, -ess, -esk/isk/osk, -esse, -et, -ett, -ex, -ez, -ice, -id, -ie, -ier ([-i:ə] neben [-je:]), -ere, -if, -ik, -il, -in, -ip, -ismus, -isse, -it, -itis, -(i)tät, -iv, -iz, -ös, -ok, -ol, -om, -on, -os, -ose, -ot, -thek, -tim, -(u)ell, -ur, -us, -ut, -y/yl
In den meisten Fällen kann ein Flexionssuffix folgen, so dass in einem Wortparadigma nicht durchgängig die letzte Silbe akzentuiert wird: (variable, balladeske, Solidaritäten, Apathien). Nicht alle nicht-indigenen Suffixe ziehen den Hauptakzent auf sich, ausgenommen sind etwa -a (Villa), -i (Bubi), -is (Dosis), -o (Porto), -or (Doktor), -um (Zentrum), -us (Modus).
- Akronyme (Initialwörter), die fließend gesprochen werden, erhalten Akzentstellen gemäß (a-b); werden sie buchstabiert, erhält die letzte Silbe die Hauptakzentstelle: UNO ['u:no:], REFA ['re:fa], OPEC ['opɛk], SPD [ɛspe:'de:], IDS [i:de:'ɛs], ADAC [adea'tse:]
Das im vorigen Kapitel angedeutete morphologische Betonungsprinzip gilt für nicht-einheimische Wörter im Norwegischen nicht mehr. In der Regel wird nach dem Betonungsmuster der Ursprungssprache eines solchen Wortes gestrebt, was allerdings zu intonatorischen Instabilitäten führen kann. Da die morphologische Betonungsmotivation für Fremdwörter im Deutschen ebenfalls nicht gilt, sind einerseits zahlreiche Fremdwörter zu finden, die in den beiden Sprachen identisch betont werden (vgl. universitet/Universität, tragedie/Tragödie, professor/Professor). Andererseits aber wird die Ursprungssprachebetonung im Norwegischen konsequenter als im Deutschen beibehalten, was unterschiedliche Betonung von gleichen Fremdwörtern in den beiden Sprachen zur Folge hat, z. B. direktør vs. Direktor oder humor vs. Humor. Das Wortbildungssuffix -ikk wird im Norwegischen – im Gegensatz zum Deutschen – konsequent betont, vgl. musikk (dt. Musik), grammatikk (dt. Grammatik). Im letzteren Fall entfällt im Norwegischen die Möglichkeit der Tonem II-Präsenz, da sie in der Regel bei finaler Betonung nicht vorkommen.