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Die Zeit messen wir nicht nur (mehr oder weniger) objektiv mit einer Uhr, sondern wir
empfinden sie auch subjektiv. Unsere subjektive Zeitempfindung können wir z.B. durch
Fokuspartikeln und durch Satzadverbien ausdrücken.
Fokuspartikeln (erst,
schon, noch)
(1) Die Geschäfte in der Innenstadt machen um 9:30 Uhr auf.
(2) Die Geschäfte in der Innenstadt machen schon um 9:30 Uhr auf.
[Das ist sehr früh bzw. es dauert nicht lange bis dahin]
(3) Die Geschäfte in der Innenstad machen erst um 9:30 Uhr auf.
[Das ist sehr spät bzw. es dauert sehr lange bis dahin]
Die Sätze (1) bis (3) vermitteln alle die gleiche Grundinformation, d.h. die
Öffnungszeit der Geschäfte in der Innenstadt. Die Sätze (2) und (3) vermitteln eine
zusätzliche Information durch die Fokuspartikeln schon, erst. Diese legen
nicht den Zeitpunkt des Ereignisses fest, sondern teilen eine Empfindung des Sprechers mit.
Fokuspartikeln mit temporaler Bedeutung verwenden wir
immer in Kombination mit Temporaladverbialia
(Temporaladverbien, Präpositionalphrasen, Temporalsätzen):
(4) Kommt der Kurier schon heute?
Nein, er kommt erst morgen. [Heute ist früh, morgen ist spät]
(5) ) Das Team hatte erst seit Saisonbeginn zusammengearbeitet.
(Hannoversche Allgemeine, 31.08.2007, S. 26)
[Das Team hat sehr spät angefangen, zusammenzuarbeiten]
(6) ) Der Kunde zahlt erst, nachdem er die
Ware erhalten hat.
(Hannoversche Allgemeine, 11.12.2008, S. 23)
[Der Kunde zahlt spät]
(7) Schon bevor die Glastür morgens aufgeschlossen wird, stehen
etliche Menschen davor.
(Die Rheinpfalz, 03.09.2014)
[Etliche Menschen stehen sehr früh vor der Tür]
Die Fokuspartikel noch kann verschiedene Bedeutungen
haben. Hier einige Beispiele:
(8) Die Ausstellung ist noch am Samstag und Sonntag, 11. und 12.
Juli, jeweils von 11 bis 18 Uhr in der Schmiede Wettig, alte Landstraße, in
Nieder-Olm zu sehen.
(Rhein-Zeitung, 08.07.2009)
[Die Ausstellung dauert über die Sprechzeit hinaus bzw. endet nach der
Sprechzeit]
(9) Trainer Jürgen Klopp hatte noch am Samstag nach dem Spiel gegen Augsburg einen Transfer als eher unwahrscheinlich
bezeichnet.
(dpa, 27.01.2014)
[Der Abstand zwischen Ereignis A und Ereignis B ist kleiner als erwartet]
(10) Antikörper eliminieren Viren,noch bevor diese Zellen befallen können.
(Spiegel-Online, 16.12.2021)
[Es ist unerwartet, dass Ereignis A vor Ereignis B stattfindet]
Satzadverbien (schon, noch, immer noch,
endlich)
Satzadverbien verwenden wir nicht in Kombination mit
Temporaladverbialia, sondern als selbstständige Satzteile.
Mit Satzadverbien können wir subjektive Empfindungen der Dauer eines Ereignisses
ausdrücken:
(1) Ich bin noch im Büro. [Das Ereignis endet nach der Sprechzeit]
(2) Ich bin schon angekommen. [Es hat weniger als erwartet gedauert]
(3) Endlich sind wir angekommen! [Es hat sehr lange gedauert]
(4) Wir sind immer noch unterwegs. [Es dauert länger als erwartet]
HINWEIS: Das Satzadverb immer noch kann auch
eine objektive Bedeutung haben und kommunizieren, dass etwas gleich wie in der Vergangenheit geblieben ist. So bedeutet ein Satz wie Ich arbeite immer noch am Institut für Deutsche Sprache: "Ich habe in der Vergangenheit angefangen, am Institut für Deutsche Sprache zu arbeiten, und das hat sich bis jetzt nicht geändert".
Nicht früher/Nicht später als …
Nicht zu jedem Ereignis kann ein eindeutiger Zeitpunkt festgelegt werden. Manchmal ist
es so, dass wir nur sagen können, dass ein Ereignis nicht früher oder nicht später als eine
gewisse Zeit stattgefunden hat oder stattfinden wird. Dies können wir durch
frühestens,
spätestens in Kombination mit einem Temporaladverbial
(Temporaladverb, Präpositionalphrasen, Temporalsatz)
ausdrücken:
(1) Der Stadtrat soll frühestens übermorgen zur Wahl des neuen Bürgermeisters und
seines Stellvertreters zusammenkommen.
(Nürnberger Nachrichten, 07.08.1996, S. 1)
[nicht früher als übermorgen]
(2) ) „… Das schaffe ich im Moment aber selten", erzählt Ursula Lindl, die
spätestens um neun Uhr morgens am Schreibtisch sitzt.
(Nürnberger Nachrichten, 26.01.1999)
[nicht später als neun Uhr morgens]
(3) Eine neue Fahrerlaubnis kann er frühestens nach ebenfalls 18 Monaten beantragen.
(Süddeutsche Zeitung, 04.08.1007, S. 38)
[nicht früher als nach 18 Monaten]
(4) Frühestens ab 2020 könnten Finanzen und Personal sowie
Laborräume (real und virtuell) bereitgestellt werden für die Entwicklung von
Robot-Systemen und KI.
(Nürnberger Nachrichten, 18.02.12019, S. 10)
[Nicht früher als 2020]
(5) International gefragt ist er
spätestens, seit er zwei der
bedeutendsten Violin-Preise gewonnen hat.
(Rhein-Zeitung, 04.01.2007)
[Ereignis A hat nicht später als Ereignis B begonnen]
heutig,
zweitägig, täglich,
zweiwöchentlich: Wortbildung und
Zeitausdruck
Aus Nomen zu Temporaleinheiten (z.B.
die Stunde, der Tag,
die Woche, der Monat,
das Jahr) und aus Temporaladverbien wie
heute, gestern, morgen,
vorher, bisher können wir auch Adjektive mit temporaler Bedeutung bilden, und zwar mit den
Suffixen -ig und -lich.
Mit dem Suffix -ig bilden wir:
Adjektive aus Adverbien,
z.B. heute➙heutig,
gestern➙gestrig, bisher➙bisherig,
vorher➙vorherig
(1) Die heutige Sitzung soll gegen 19.15 Uhr enden.
(Protokoll der Sitzung des Parlaments Landtag Niedersachsen am
12.09.2007)
[Die Sitzung von heute]
(2) Die Nachricht kursierte schon am gestrigen Nachmittag durch
die Stadt.
(Rhein-Zeitung, 08.04.2021)
[am Nachmittag von gestern]
(3) Elektroautos machen zur Zeit weltweit von sich reden. Ihre
bisherigen Nachteile scheinen zu schrumpfen.
(Berliner Morgenpost, 08.01.2000)
[Ihre Nachteile von bisher]
(4) Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
(Rhein-Zeitung, 21.07.2021, S. 21)
[Es ist nicht erforderlich, sich vorher anzumelden]
Diese Adjektive geben Informationen über die Dauer von Ereignissen:
(5) Offiziell beginnt der zweitägige Gipfel der wichtigsten
Wirtschaftsmächte am Freitag.
(Die Rheinpfalz, 04.07.2017)
[der Gipfel, der zwei Tage lang dauert]
(6) Anschließend lieferte die Entertainerin Gerlinde Kempendorff mit dem
Pianisten Jörg Erdmann ein etwa einstündiges Musicalprogramm
(Berliner Morgenpost, 19.03.2001, S. 19)
[ein Musicalprogramm, das etwa eine Stunde dauerte]
(7) Das Parlament bietet aber auch Studierenden ein- bis dreimonatige
Praktika an.
(Frankfurter Rundschau, 24.10.1997, S. 6)
[Praktika, die einen Monat bis drei Monate lang dauern]
Diese Adjektive geben Informationen über die Häufigkeit von Ereignissen:
(8) Wer täglich Zeitung liest, ist gut informiert…
(Rhein-Zeitung, 03.06.2015)
[jeden Tag]
(9) Auf seine dreimonatlichen Besuche in Berlin will der 33-Jährige jedoch
nicht verzichten.
(Berliner Zeitung, 28.12.1999, S. 16)
[Auf seine Besuche alle drei Monate]
(10) Ab dem 23. September finden die Treffen zweiwöchentlich
freitags von 16 bis 18 Uhr statt.
(Mannheimer Morgen, 06.09.2016, S. 20)
[alle zwei Wochen]