Etwas begrunden

Zum expliziten Ausdruck von Ursachen werden auf Deutsch vor allem die folgenden grammatischen Elemente verwendet:

Wir starten mit dem allgemeinsten Fall:

Fall a) Ereignis B ist die Ursache von Ereignis A

Die bekanntesten grammatischen Elemente zum Ausdruck von Ursachen sind die Prapositionen aufgrund, wegen, infolge, Kausalsatze mit den Subjunktoren weil oder da und in bestimmten Fallen auch der Konjunktor denn:

(1) Wegen des kalten Wetters blieben Stuhle und Tische auf der Gartenterrasse leer. (Berliner Zeitung, 23.04.2001, S. 28)
(2) Der Markt war infolge des Wetters schlecht. (Rhein-Zeitung, 23.07.2008)
(3) Aufgrund des guten Wetters waren viele Gaste anwesend. (Braunschweiger Zeitung, 12.02.2008)
(4) Ich gehe, weil das Wetter wieder schon ist, mit dem Hund spazieren. (Berliner Morgenpost, 29.05.2018, S. 2)
(5) Da das Wetter wunderschon war, konnte das Konzert auf der Terrasse stattfinden. (Mannheimer Morgen, 20.05.2017, S. 10)
(6) "Woher konnen Sie so gut Deutsch?"
Craig Hendry: "Ich habe einen kleinen Vorteil, denn als Kind lebte ich mit der Familie ein Jahr in Oldenburg"
(Mannheimer Morgen, 08.08.3008, S. 27)

HINWEIS: Der Konjunktor denn wird in der Regel verwendet, wenn sowohl die Ursache als auch die Folge fur den Horer neue Informationen sind. In (6) wei? die fragende Person z.B. nur, dass Craig Hendry gut Deutsch spricht. Sie wusste aber nicht, dass er als Kind mit der Familie ein Jahr in Oldenburg lebte und aus diesem Grund einen kleinen Vorteil hat.

Lesen Sie die folgenden Beispiele und losen Sie die Aufgabe:

(1) Das Pferd ist krank, weil es hustet. (Frankfurter Allgemeine, 1993)
(2) Bitte bleiben Sie stehen, weil ich Ihre Frage gerne beantworten mochte. (Protokoll der Sitzung des Deutschen Bundestags am 19.01.2018)
1) Verursacht der Husten im Beispiel (1) die Krankheit des Pferds?
a) Ja
b) Nein
2) Bleibt die angesprochene Person (Sie) im Beispiel (2) stehen, weil der Sprecher ihre Frage beantworten mochte?
a) Ja
b) Nein

Die Antwort auf beide Fragen ist "Nein". Was begrunden also die weil-Kausalsatze in den Beispielen (1) und (2)?

Der Satz in (1) bedeutet: "Das Pferd hustet. Aus diesem Grund kommt der Sprecher zum Schluss, dass das Pferd krank ist". Der Kausalsatz begrundet hier kein Ereignis, sondern einen Gedankenschluss.
Der Satz in (2) bedeutet: "Ich mochte Ihre Frage gerne beantworten. Aus diesem Grund bitte ich Sie, stehenzubleiben". Hier begrundet der Kausalsatz kein Ereignis, sondern eine Sprechhandlung ? in diesem Fall eine Bitte.

Die Satze (1) bis (6) vermitteln also die Grundinformation, dass Ereignis B zu Ereignis A fuhrt. Daruber hinaus konnen auf Deutsch die folgenden Arten der Kausalitat ausgedruckt werden:

Fall b) Ereignis B ist etwas Gutes und ermoglicht Ereignis A

Verwendbares grammatisches Element: z.B. Praposition dank

(7) Dank der Hilfe von Sponsoren war der Eintritt frei. (Die Rheinpfalz, 05.01.2021) [Der Eintritt war frei, weil die Hilfe von Sponsoren das ermoglicht hat.]
Fall c) Ereignis B findet nicht statt und das fuhrt zu Ereignis A

Verwendbares grammatisches Element: z.B. Praposition mangels

(8) Wir haben mangels Interesse der Jugendlichen keinen Kino-Club. (Mannheimer Morgen, 10.10.2003) [Wir haben keinen Kino-Club, weil das Interesse der Jugendlichen fehlt.]
Fall d) Ereignis B ist ein besonderer Anlass (Geburtstag, Jubilaum, Feiertag usw.) fur Ereignis A

Verwendbares grammatisches Element: z.B. Praposition anlasslich

(9) Anlasslich des 15-jahrigen Jubilaums veranstaltet das Theatermuseum ein langes Fest-Wochenende. (Hannoversche Allgemeine, 28.11.2008. S.5) [Das Theatermuseum veranstaltet ein langes Fest-Wochenende, weil das 15-jahrige Jubilaum ein besonderer Anlass ist.]
Fall e) Ereignis B ist ein psychischer oder physischer Zustand, der Ereignis A verursacht

Verwendbare grammatische Elemente: z.B. Prapositionen vor, aus

(10) Als die Mauer fiel, weinte ich vor Freude. (Berliner Morgenpost, 09.11.1999, S. 41) [Ich weinte, weil mir das Freude machte.]
(11) Ich schreibe aus Freude und will damit nicht reich werden. (Nordkurier, 20.03.2008) [Ich schreibe, weil es mir Freude macht.]
HINWEIS: Die Prapositionen vor und aus werden in unterschiedlichen Kontexten verwendet:
? Die Praposition vor wird in der Regel verwendet, wenn die Folge eine unkontrollierbare Reaktion auf die Ursache ist (z.B. Weinen, Lachen, Einschlafen, Zittern usw.).
? Die Praposition aus wird in der Regel verwendet, wenn die Folge eine bewusste Handlung ist (z.B. Schreiben, Arbeiten, Essen, Trinken usw.).
Fall f) Ereignis A ist ein zusatzlicher Grund fur Ereignis B

Verwendbare grammatische Elemente: Kausalsatze mit zumal

(12) Jetzt bin ich schon ein bisschen aufgeregt, zumal jetzt so viele Leute da sind. ( Nordkurier, 06.05.2008) [Jetzt sind so viele Leute da. Auch aus diesem Grund bin ich jetzt schon ein bisschen aufgeregt.]
Fall g) Ereignis A ist ein besonders wichtiger Grund fur Ereignis B

Verwendbare grammatische Elemente: Kausalsatze mit umso mehr, als und umso weniger, als

(13) Das sollten wir alle feiern. Umso mehr, als es ein ganz und gar unerhofftes Gluck ist (...). (Berliner Zeitung, 24.10.2001, S. 4) [Es ist ein ganz und gar unerhofftes Gluck. Vor allem aus diesem Grund sollten wir alle das feiern.]
(14) Von einer Krise kann man (...) nicht reden, umso weniger, als sowohl die Wirtschaft Deutschlands als auch jene der Schweiz im vergangenen Jahr stark gewachsen sind. (Tages-Anzeiger, 18.02.2019. S. 10) [Sowohl die Wirtschaft Deutschlands als auch jene der Schweiz sind im vergangenen Jahr stark gewachsen. Vor allem aus diesem Grund kann man nicht von einer Krise reden.]

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Autor(en)
Giorgio Antonioli
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