Ein Interpunktionszeichen ist ein strukturanzeigendes Schriftzeichen mit wortinterner, satz- oder textgliedernder Funktion. Es können Satzschlusszeichen, satzinterne Gliederungszeichen und Hilfszeichen unterschieden werden. Sie haben eine den Leseprozess steuernde Funktion.
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Zeichen | Beispiel | Zeichentyp | Paragraphen im Amtlichen Regelwerk |
1. Punkt | Es regnete. Alle gingen ins Haus. | Satzschlusszeichen | §§ 67-68 |
2. Ausrufezeichen | Komm her! | Satzschlusszeichen | § 69 |
3. Fragezeichen | Kommst du? | Satzschlusszeichen | § 70 |
4. Komma | Es regnete, alle gingen ins Haus. | satzinternes Gliederungszeichen | §§ 71-79 |
5. Semikolon | Es regnete; alle gingen ins Haus. | satzinternes Gliederungszeichen | § 80 |
6. Doppelpunkt | Es regnete: Alle gingen ins Haus. | satzinternes Gliederungszeichen | § 81 |
7. Gedankenstrich | Es regnete – alle gingen ins Haus. | satzinternes Gliederungszeichen | §§ 82-85 |
8. Anführungszeichen | Sie sagt: „Es regnet.“ | satzinternes Gliederungszeichen | §§ 89-95 |
9. Klammern | Er bezahlte mit einem Scheck über 2000 € (in Worten: zweitausend Euro). | satzinternes Gliederungszeichen | §§ 86-88 |
10. Bindestrich/Ergänzungsstrich | Lotto-Annahmestelle/Zweit- und Fremdsprache | Hilfszeichen | § 40/§ 98 |
11. Auslassungspunkte | „... ihm nicht weitersagen“, hörte er ihn gerade noch sagen. | Hilfszeichen | §§ 99-100 |
12. Apostroph | Felix’ Vorschlag | Hilfszeichen | §§ 96-97 |
13. Schrägstrich | die Koalition CDU/FDP | Hilfszeichen | § 106 |
Die Zeichensetzung ist als Teil der Orthografie im Amtlichen Regelwerk geregelt. Die Wahl der Position und der Art eines Zeichens wird im Wesentlichen durch grammatische Merkmale von Sätzen bestimmt. Jedem Zeichen kommt eine spezifische Funktion zu. Die Unterscheidung von Satzschlusszeichen und satzinternen Gliederungszeichen ist nicht ganz einfach, da am Ende eines Satzes als grammatische Einheit auch ein Komma stehen kann (z. B. 4). Satzschlusszeichen beenden einen Satz orthografisch (siehe Weiterführendes in den Erläuterungen zu satzinternen Gliederungszeichen). Für das Textverstehen sind Interpunktionszeichen wichtig, da sie dem Leser bzw. der Leserin Hinweise auf Zusammenhänge oder kommunikative Absichten geben. Die Position des Kommas kann sogar einen Bedeutungsunterschied ausmachen (vgl. Erläuterungen bei satzinternen Gliederungszeichen).
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‚Zeichensetzung‘
Grenzfälle:
Interpunktionszeichen sollten nicht mit Sonderzeichen (z. B. & für und, % für Prozent)
verwechselt werden. Sonderzeichen sind verbalisierbar, d. h. anstelle eines bestimmten Wortes verwendbar
(ein Anstieg um 23% = ein Anstieg um 23 Prozent), Interpunktionszeichen nicht.
Der Gebrauch von Sonderzeichen wird zudem nicht durch das
Amtliche Regelwerk geregelt.
Literarische Texte:
Die Gebrauchsbedingungen der Interpunktionszeichen sind in Schule und Verwaltung durch das Amtliche Regelwerk verbindlich geregelt.
In literarischen Texten können die Gebrauchsbedingungen jedoch deutlich ausgedehnt und Interpunktionszeichen dadurch in stilistischer
Funktion genutzt werden. Ein Beispiel dafür findet sich etwa bei der Autorin Caroline Günther in ihrem Roman „EinSatz“.
Sie setzt ausschließlich am Ende des Romans einen Punkt und gliedert den restlichen Text
mithilfe von Kommas.
Thomas Lehr verzichtet in seinem Roman „September“ vollständig auf Interpunktionszeichen oder nutzt diese in seiner Novelle „Frühling“
auf ungewöhnliche Weise, um den Gedankenstrom in den letzten Sekunden eines Sterbenden besonders darzustellen.
Die Wahl von Interpunktionszeichen kann sich dabei auch auf mögliche Lesarten einer Textstelle auswirken. Erläutert werden soll dies anhand eines Beispiels aus dem Roman von Uwe Timm „Am Beispiel meines Bruders“ (Suhrkamp 2011, S. 7)
Die beiden in (14) und (15) kontrastierten möglichen Varianten lassen jeweils eine unterschiedliche Lesart der Beispiele zu: In der Originalvariante (14) sind die drei Nominalgruppen "Lachen", "Jubel" und "eine unbändige Freude" durch Gedankenstriche von "Erhoben werden" und dem folgenden Satz abgegrenzt und als Einschub gekennzeichnet, der semantisch als Präzisierung und Ausschmückung des Vorgangs "Erhoben werden" verstanden werden kann. Im Gegensatz dazu führt der Austausch der Gedankenstriche durch Kommas in (15) dazu, dass "Erhoben werden", "Lachen", "Jubel" und "eine unbändige Freude" als Aufzählung und damit als gleichwertige Beschreibungen von "diese Empfindung" dienen.