6 Gedankenstrich

Der Gedankenstrich ist ein Zeichen, das eine Wort- oder Satzfolge unterbricht, um einen Wechsel deutlich zu machen: Dabei kann es sich um einen Sprecherwechsel, einen Themenwechsel, einen Erwartungswechsel (überraschende Wendung) oder einen Konstruktionswechsel (Zusatz) handeln.

§ 77
Der Gedankenstrich zeigt einen Sprecherwechsel, einen Themenwechsel, einen Erwartungswechsel oder einen Konstruktionswechsel an.

E1: Beim Sprecherwechsel und beim Themenwechsel steht der Gedankenstrich zwischen vollständigen Sätzen oder Satzäquivalenten. Beim Erwartungs- und beim Konstruktionswechsel steht der Gedankenstrich im Inneren von Sätzen oder Satzäquivalenten.

Sprecherwechsel
Komm bitte einmal her! – Ja, ich komme sofort.
Was? – Keine Ahnung!
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? – Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? (Goethe)
Themenwechsel
Wir sind nicht in der Lage, diesen Wunsch zu erfüllen. – Nunmehr ist der nächste Punkt der Tagesordnung zu besprechen.
Wir sprachen in der letzten Sitzung über das Problem der Getreideversorgung. – Hat übrigens jemand Herrn Müller gesehen?
Erwartungswechsel (überraschende Wendung)
Sie trat in das Zimmer und sah – ihren Mann. Im Hausflur war es still – ich drückte erwartungsvoll auf die Klingel. Zuletzt tat sie etwas, woran niemand gedacht hatte – sie spendete ihr Vermögen einer wohltätigen Organisation. Plötzlich – ein vielstimmiger Schreckensruf! Er hatte das Geld – gestohlen.
Konstruktionswechsel (Zusatz)
Ein Konstruktionswechsel liegt vor, wenn Zusätze in einen Satz eingeschoben werden. Der Gedankenstrich wird in diesen Fällen paarig gebraucht. Der erste Gedankenstrich markiert den Beginn, der zweite das Ende des eingeschobenen Zusatzes. Eingeschobene Zusätze können sein:

(1) Zusätze zu Sätzen
Eines Tages – es war mitten im Sommer – hagelte es. Eines Tages – es war mitten im Sommer! – hagelte es. Eines Tages – war es mitten im Sommer? – hagelte es. Dieses Bild – es ist das letzte und bekannteste des Künstlers – wurde nach Amerika verkauft. Ihre Forderung – um das noch einmal zu sagen – halten wir für wenig angemessen.

(2) Zusätze zu Nomen
Mein Onkel – ein großer Tierfreund – und seine Katzen leben in einer alten Mühle. Wir betraten den Raum – ein kalter Ort – und zündeten ein Feuer an. Johannes Gutenberg – der Erfinder der Buchdruckerkunst – wurde in Mainz geboren. Der Erfinder der Buchdruckerkunst – Johannes Gutenberg – wurde in Mainz geboren.

(3) Erläuterungen
Obst – besonders Kirschen und Bananen – isst sie gern. Mit einem Scheck über 2000 € – in Worten: zweitausend Euro – hat er die Rechnung bezahlt. Auf der Ausstellung waren viele ausländische Maschinenhersteller – insbesondere holländische – vertreten. Auf der Ausstellung waren viele ausländische Maschinenhersteller – vor allem holländische Firmen – vertreten. Auf der Ausstellung waren viele ausländische – insbesondere holländische – Maschinenhersteller vertreten.
(4) Wörter oder Wortgruppen, die durch ein hinweisendes Wort oder eine hinweisende Wortgruppe angekündigt werden
Sie – die Gärtnerin – weiß es ganz genau. Wir beide – du und ich – wissen das genau. Das � eine Familie zu gründen – ist sein größter Wunsch.

E2: Nach dem zweiten Gedankenstrich steht ein Komma, wenn es auch ohne den eingeschobenen Zusatz stehen müsste.


Sie wundern sich – so schreiben Sie –, dass ich Ihnen so selten schreibe.
Er weigert sich – leider –, nach Frankfurt zu kommen.

E3: Der erste bzw. zweite Gedankenstrich beim Zusatz steht nicht, wenn der Zusatz am Anfang oder Ende des Satzes oder Satzäquivalents steht.


Sie isst gern Obst – besonders Äpfel und Bananen. Wir erwarten dich nächste Woche – und zwar am Dienstag. Er bezahlte mit einem Scheck über 2000 € – in Worten: zweitausend Euro. Denn die Gärtnerin – die weiß das ganz genau. Und du und ich – wir beide wissen das genau. Eine Familie zu gründen – das ist sein größter Wunsch.


E4: Bei mit dem Gedankenstrich markierten Zusätzen wird das erste Wort kleingeschrieben, es sei denn, die Großschreibung ist aus anderen Gründen erforderlich (z. B. Eigenname); als Schlusszeichen werden das Fragezeichen und das Ausrufezeichen, wenn sie gebraucht werden, vor dem schließenden Gedankenstrich gesetzt; der Punkt an dieser Stelle entfällt.


Eines Tages – war das nicht mitten im Juni? – hagelte es. Wen – meinst du die Gärtnerin? – könnte man danach fragen? Das – endlich eine Familie gründen! – ist sein größter Wunsch. Sie saßen – es war mitten im Winter! – im Freien. Und sie – Winter! – ohne Schuhe. Eines Tages – es war mitten im Sommer – hagelte es.

Hinweis

Die Form des Gedankenstrichs darf nicht mit der Form des Divis (Trenn-, Binde-, Ergänzungsstrich) verwechselt werden. Es gibt zwei systematische Unterscheidungsmerkmale:
(1) Das Divis hat immer Kontakt mit Buchstaben und ist damit ein Wortzeichen. Beim Gedankenstrich trifft beides nicht zu.
(2) Der Gedankenstrich ist länger.
Divis: -
Gedankenstrich: –

Verweise

► Zum Divis siehe § 81.

► Zur Kennzeichnung von Zusätzen mit dem Komma als grammatisch eigenständige Einheit siehe § 72.

► Zur Kennzeichnung von Zusätzen mit der Klammer als Nebeninformation siehe § 76 E1 und E2.