Reduktionstest

Der Reduktionstest (R-Test) filtert bei positiver Entscheidung die obligatorischen Komplemente heraus.

Der Reduktionstest (R-Test) geht von isolierten Einzelsätzen als Ausdruck von elementaren Propositionen aus. Ein möglicherweise mehrfach ausgebauter Satz wird so lange um jeweils eine Phrase reduziert bis ein Ausdruck übrig bleibt, der kein grammatisch vollständiger Satz mehr ist. Die Testfrage lautet bei jedem Reduktionsschritt: Ist der Ausdruck ohne die betreffende Phrase unvollständig?

Welche Phrasen, die für einen minimalen grammatischen Satz (als Ausdruck einer Elementarproposition) nicht nötig sind, kann man entfernen?

Meine Großeltern haben in den dreißiger Jahren mit dem Geld aus einer Erbschaftim Norden Berlins eine Villa gekauft.

Es bleibt immer ein grammatischer Satz übrig, wenn man die Phrasen

in den dreißiger Jahren
mit dem Geld aus einer Erbschaft
im Norden Berlins

entfernt.

Aus dem so ermittelten minimalen Satz Meine Großeltern haben eine Villa gekauft. kann man jeweils eine weitere Phrase herausfiltern. Das Ergebnis lautet

* Meine Großeltern haben gekauft.
oder
* haben eine Villa gekauft.

Diese beiden Ausdrücke sind unvollständig, genauer: ungrammatisch. Beide Phrasen sind deshalb Komplemente.

Der Reduktionstest sei noch einmal an folgendem Satz demonstriert:

Die Brümmers besitzen [seit drei Jahren] [ein Reihenhaus].

Wenn man seit drei Jahren entfernt, bleibt der Restsatz grammatisch. Wenn man ein Reihenhaus entfernt, ist der Restsatz ungrammatisch. Solche Sätze werden in Grammatiken meist mit einem * gekennzeichnet:

* Die Brümmers besitzen.

Die Phrasen die Brümmers und ein Reihenhaus sind Komplemente. Was ist das Ergebnis dieses Tests? Wenn man in einem grammatisch vollständigen Satz einen Teil, genauer: eine Phrase weglässt, und der so entstandene Satz ungrammatisch ist, dann ist die Phrase, um die es geht, ein (obligatorisches) Komplement. Das gilt auch für den Fall, dass der Satz nach der Reduktion zwar grammatisch erscheint, aber die Interpretation des verbalen Prädikatsausdrucks sich ändert:

(1a) Geldschrankknacker-Ede sitzt in der Badewanne.
(1b) Geldschrankknacker-Ede sitzt.

In 1.a) hat sitzen die "normale" Bedeutung. Satz 1.b) ist aber auch sinnvoll und grammatisch, da man hier automatisch auf die Bedeutung ¿ist Häftling/Gefangener' umschaltet. 1.b) ist also nur grammatisch, wenn eine andere Verbbedeutung greift. In diesem Fall sagen wir auch, dass der Test positiv verlaufen ist und in der Badewanne Ausdruck eines Komplements ist.

Weitere Beispiele:

(a) Die Sitzung dauert vier Stunden.
(b) Die Sitzung dauert.
(a) Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.
(b) Die Veranstaltung beginnt.
(a) Heiner trinkt gerade ein Glas Pfälzer Grauburgunder.
(b) Heiner trinkt.

Die Verbbedeutung in den b)-Sätzen ist jeweils folgende: dauert (allzu) lange beginnt jetzt/gerade/im Augenblick trinkt gewohnheitsmäßig/ ist Trinker/Alkoholiker

Fazit

Phrasenklassen, für die der Reduktionstest positiv verläuft, sind obligatorische Komplemente.

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