Flexion nach Tempus und Modus
Verben zeichnen sich nicht nur durch die Flexion nach Person und Verbnumerus aus, der eine herausragende Funktion bei der Herstellung syntagmatischer Beziehungen auf Satzebene zukommt (Korrespondenz zwischen Subjekt und finitem Verb), sondern bilden auch Flexionsparadigmen, die Differenzierungen nach den Kategorisierungen Tempus und Modus wiedergeben. Finite Verbformen besitzen folglich Personal-, Verbnumerus-, Tempus- und Modusmarker. Tempus und Modus werden flexionsklassenabhängig durch unterschiedliche Stammformen (Vokalwechsel, Tempusaffix -te- und Personal-/Numerussuffixe gekennzeichnet.
Da im Singular Präsens Indikativ die 1., 2. und 3. Person distinkt flektieren, in anderen (Teil-)Paradigmen aber nur zwei Formen - für Adressat(en) und Nicht-Adressat(en) - unterschieden werden, können Flexionsaffixe in nach Tempus und Modus differenzierten (Teil-)Paradigmen finiter Verben aufgrund dieser paradigmenspezifischen Distribution sowohl eine personal-/numerus- als auch eine tempus-/moduskennzeichnende Funktion besitzen.
Beispiel:
Unter Berücksichtigung der Korrespondenz mit dem Subjekt kann die
konkret vorkommende (schwache) Verbform in er lacht eindeutig als
indikativisch, in er lache eindeutig als konjunktivisch verstanden
werden. Die Form lache kann je nach Subjekt als eindeutig konjunktivisch
(er lache) oder, falls Indikativ- und Konjunktivformen zusammenfallen, als
modusindifferent (ich lache) verstanden werden. Die Schwa-Endung der 1. Ps. kann
in diesem Fall entweder als Personal-/Numerussuffix oder als Modussuffix interpretiert werden. Auch
die systematische, d. h. nicht durch Schwa-Elision (wie in ich lach') bedingte
Abwesenheit von Personal-/Numerussuffixen bei den Singularformen der Nicht-Adressaten, ist auf das
Präteritalparadigma beschränkt (suffixlos: ich sang; nur
Tempusmarker: ich
lachte).
Tempora
Bei der Kategorisierung Tempus handelt es sich um ein System für die Erfassung zeitbezogener Informationen, mit Hilfe derer innerhalb der sprachlichen Kommunikation die zeitliche Einordnung von Sachverhalten vollzogen wird.
die synthetischen, durch Flexion im engeren Sinne gebildeten Formen Präsens und Präteritum
die analytischen (periphrastischen Formen) Präsensperfekt, Präteritumperfekt, Futur und Futurperfekt
Beispiele für Verbformen (braun markiert, finite/semifinite Formen zusätzlich fett):
(1) Die Deutschen grillen laut einer Studie mehr als früher: So sagten Ende der neunziger Jahre 67 Prozent der Bevölkerung, dass in der Nachbarschaft öfter mal gegrillt wird. Heute trifft das auf 72 Prozent zu. [dpa, 17.7.2008]
(2) In Niederbayern hat ein aufgeregter Busfahrer die Polizei alarmiert, weil er einen Braunbären gesehen habe. Nach eineinhalb Stunden langer Suche, an der sich auch ein Jäger beteiligte, konnte der vermeintliche Bär gestellt werden. Es handelte sich um den neunjährigen Neufundländer "Djug", der von zu Hause weggelaufen war, um Nachbarn zu besuchen. [dpa, 7.11.2008]
(3) Die Kunstwelt wird in ihrer einmütigen Ablehnung einen Nachhall der Documenta 12 zu verhindern wissen. Nur das Publikum zeigte sich von der Entrüstung unberührt. Bis zu 750 000 Besucher werden am Sonntag in Kassel gewesen sein. 100 000 mehr als vor fünf Jahren. [Berliner Zeitung, 21.09.2007]
Die Beispiele (1)-(3) enthalten sowohl synthetische als auch analytische Tempusformen. Nur Präsens- und Präteritalformen sind Flexionsformen von Verben (z. B. trifft, sagten). Die anderen Tempora Präsensperfekt (hat alarmiert), Präteritumperfekt (weggelaufen war), Futur (wird wissen) und Futurperfekt (werden gewesen sein) werden analytisch durch die Bildung eines Verbalkomplexes mit einer konjugierten Form der Hilfsverben haben, sein oder werden (hat, war, wird) und einer infiniten Verbform (Infinitiv, Partizip II) gebildet. Auch die Genus verbi-Kategorie Passiv, z. B. das Präsens Passiv (gegrillt wird); wird auf diese Weise gebildet.
Bedeutung und Gebrauch der Tempora (und Modi) ist nicht Gegenstand dieser Einheit. Die Semantik der Tempuskategorien lässt sich aber im Rahmen von Markiertheitsannahmen in Verbindung mit den Tempusmarkern bringen. Das Präsens lässt eine zeitliche Festlegung semantisch offen, es ist die unspezifischere Tempuskategorie. Das Präteritum drückt Vergangenheit relativ zur Sprechzeit aus und ist damit das semantisch spezifischere Tempus. Präteritum wird morphologisch durch bestimmte Präteritalmarker (Präteritalsuffix, Vokalwechsel) gekennzeichnet, das Präsens besitzt keine spezifischen Präsensmarker. Eine vollständige Übersicht zur Bedeutung der Tempora und zum Formenbestand inklusive der analytischen (nicht durch Flexion im engeren Sinne gebildeten) Formen ist in der Thematischen Einheit Tempus zu finden.
Das Tempussystems des Norwegischen ist z.T. ähnlich wie im Deutschen. Man unterscheidet (Norsk referansegrammatikk (1997): 540ff) die synthetischen, durch Flexion im engeren Sinne gebildeten Formen Präsens (norw.: presens) und Präteritum (norw.: preteritum), und die analytischen (periphrastischen) Formen Präsensperfekt (norw.: presens perfektum), Präteritumperfekt (norw.: preteritum perfektum), Futur (norw.: presens futurum) und Futurperfekt (norw.: presens perfektum futurum), sowie die Tempusformen (norw.) preteritum futurum und (norw.) preteritum perfektum futurum. Allerdings verfügt das Norwegische über ein kombiniertes Tempus- und Modussystem (vgl. Verbalkomplex, Modalverben im Verbalkomplex, Hilfsverben im Verbalkomplex), was sich darin äussert, dass Präteritalformen konjunktivisch verwendet werden können. Die Übergänge zwischen Tempus und Modus bzw. zwischen Modus und Modalität werden weiterhin dadurch verwischt, dass die Formen des Futur mit Hilfe der Modalverben skulle bzw. ville gebildet werden: Der Satz Jeg skulle reise kann also dem Deutschen Ich sollte reisen (skulle als Präteritalform des Modalverbs skal) oder aber Ich würde reisen (skulle als Präteritalform des Hilfsverbs zur Bildung des Futur skal – entsprechend dem deutschen Konjunktiv Präteritum) entsprechen.
Beispiele:
- Presens: Jeg reiser til Tyskland. (Ich reise nach Deutschland.)
- Preteritum: Jeg reiste til Tyskland. (Ich reiste nach Deutschland.)
- Presens perfektum: Jeg har/er reist til Tyskland. (Ich bin nach Deutschland gereist.)
- Preteritum perfektum: Jeg hadde/var reist til Tyskland. (Ich war nach Deutschland gereist.)
- Presens futurum: Jeg skal reise til Tyskland. (Ich werde nach Deutschland reisen.)
- Presens perfektum futurum: Jeg skal/vil ha/være reist til Tyskland. (Ich werde nach Deutschland gereist sein.)
- Preteritum futurum: Jeg skulle reise til Tyskland. (Ich würde nach Deutschland reisen.)
- Preteritum perfektum futurum: Jeg skulle/ville (ha/være) reist til Tyskland. (Ich würde nach Deutschland gereist sein.)
Neben der analytischen gibt es im Norwegischen auch eine synthetische Form des Passivs, das s-Passiv (vgl. Verbflexion), das jedoch nicht in allen Tempora verwendet wird.
Tempusmarker
Die unmarkierte Tempuskategorie Präsens erhält im Deutschen keine spezifischen Tempusmarker, das Präteritum verfügt flexionsklassenabhängig über verschiedene Präteritalmarker. Die Präteritalstammform (und Partizipialstammform) wird gebildet, indem die Präsensstammform bei schwachen, starken und gemischten Verben auf unterschiedliche Weise modifiziert wird, z. B.:
sie sagen – sagten; es trifft – traf; du denkst – dachtest
Zu den Einzelheiten präteritaler Flexionsformen, z. B. Ablautreihen starker Verben, siehe Flexionsklassen der Verben.
Die Tempusmarkierung im Norwegischen hat Ähnlichkeiten mit der im Deutschen: Das Präteritum verfügt hier ebenfalls flexionsklassenabhängig über verschiedene Präteritalmarker. Die Präteritalstammform (und Partizipialstammform) wird gebildet, indem die Präsensstammform bei schwachen und starken Verben auf unterschiedliche Weise modifiziert wird, z. B. de reiser/reiste; hun treffer/traff
Schwache Verben bilden das Präteritum mit den Suffixen -et/-a, (1. Klasse), z. B. kastet/kasta), oder -te, -de oder -dde (2. Klasse), z. B. reiste (reist-), levde (lebt-), rodde (rudert-). Starken Verben haben eine einsilbige Form im Präteritum (kein Flexionssuffix). Ablaut ist im Norwegischen hingegen ein möglicher, aber kein notwendiger Präteritalmarker starker Verben: Der Stammvokal kann im Infinitiv, Präteritum und Partizip Perfekt unterschiedlich sein (z. B. drikke (trinken): drikker — drakk — drukket), doch oft haben zwei der Formen den gleichen Vokal (z. B. skrive (schreiben): skriver — skre(i)v — skrevet), oder sogar alle drei (z.B. komme (kommen): kommer — kom — kommet. Der Ablaut kann auch mit einem Konsonantenwechsel verbunden sein (z. B. skjære — skar). Das Partizip Perfekt starker Verben ist entweder zweisilbig und endet auf -et (z. B. drukket (getrunken)) oder einsilbig und endet auf -t, -tt, -d, -dt oder -dd (z. B. hengt (gehangen), bitt, (gebissen), ridd (geritten), bedt (gebeten), ledd (gelacht)). Die einsilbigen Partizipialformen sind im Ausgangspunkt schwache Flexionsformen (d. h. die entsprechenden Verben flektieren im Prinzip nur im Präteritum stark), während die zweisilbige Form die eigentliche starke Partizipialform ist (Norsk referansegrammatikk (1997): 481, 486) .
Zu Einzelheiten der Flexionsformen im Norwegischen, siehe Flexionsklassen der Verben.
Modi
Die Kategorisierung Modus bei Verben trägt zur Differenzierung der Verwendungsmöglichkeiten von Sätzen bei, z. B. als Feststellung, Mutmaßung oder Aufforderung.
Die unterschiedlichen Modi lassen sich anhand folgender Beispielen illustrieren:
(4) Seid allezeit fröhlich. Wenn es jedem von uns heute gelänge, einen Menschen zum Lachen zu bringen, und sei es über uns selbst, wenn es uns gelänge, den Krampf in unserem Alltag etwas zu lösen, das wäre ein Anfang. Aber lach mal über dich selbst und nimm dich trotzdem noch ernst! [St. Galler Tagblatt, 27.01.2000]
(5) Die Chauffeurin klagte, dass sie bis zu zwölf Stunden arbeite und doch kaum 100.000 Lei (2,50 Euro) am Tag verdiene. Ihr Mann, Mechaniker, sei arbeitslos. Wenn sie Geld hätte, würde sie sofort auswandern. [Die Zeit (Online-Ausgabe), 23.09.2004]
Die Modi werden im Deutschen synthetisch gebildet, die Modusmarkierung betrifft auch in analytisch gebildeten Tempora nur die finite Verbform (z. B. er hat/habe einen Braunbären gesehen). Lediglich die konjunktivische würde-Form (würde auswandern) wird analytisch gebildet.
Der Indikativ (klagte) ist der unmarkierte Modus, der in allen Sätzen gebraucht werden kann, in denen weder Imperativ noch Konjunktiv verwendet werden. Er ist der Standard-Modus, auf den zurückgegriffen wird, wenn besondere Verwendungsbedingungen für andere Modi nicht greifen. Der Konjunktiv wird in Indirektheitskontexten wie in Beispiel (2) (habe) und (5) (arbeite, verdiene, sei) oder Modalitätskontexten (4) (gelänge, sei, wäre) gebraucht, die sich auch in indirekten Modalitätskontexten überschneiden können (5) (hätte). Der Imperativ ist eine direkte Aufforderungsform (Befehlsform). Der Adressatenbezug stellt ein inhärentes Merkmal dar, d. h. Imperativformen richten sich immer an einen oder mehrere Aufgeforderte(n).
Zu den Modi Indikativ und Konjunktiv finden sich grundsätzlich Verbformen für alle anderen relevanten Kategorisierungen, also Tempus, Genus verbi, Numerus und Person, d. h. es gibt im Deutschen vier tempus-/modusabhängige Flexionsparadigmen (die analytische Passiv-Bildung ausgenommen): Indikativ Präsens, Konjunktiv Präsens, Indikativ Präteritum und Konjunktiv Präteritum. Konjunktivformen werden aus der (primären) Präsens- bzw. (sekundären) Präteritalstammform gebildet. Konjunktiv Präsens/Präteritum sind nicht als Tempuskategorien für Präsens und Präteritum zu verstehen. Es handelt sich um rein flexionsmorphologische Kategorien, die keine Tempusinformationen enthalten. Ihre Bezeichnung bezieht sich auf die Bildung mit Hilfe der Präsens- bzw. Präteritalstammform, alternativ werden sie auch Konjunktiv I (Präsens) und II (Präteritum) genannt.
Im Imperativ ist hingegen nur die Kategorisierung Verbnumerus voll ausgebildet (sprich (Sg.) – sprecht (Pl.)). Imperative sind nicht nach Person und Tempus differenziert. Imperativformen im Passiv sind formal bildbar (z. B. Sei gegrüßt!), können aber nicht als direkte Aufforderungsformen angesehen werden. Imperativformen werden im Singular aus der primären oder sekundären (mit Einschränkungen, siehe unten), im Plural aus der primären Präsensstammform gebildet.
Im Norwegischen werden in erster Linie Indikativ und Imperativ morphologisch unterschieden. Der Konjunktiv ist nur noch ansatzweise, vor allem in festen Wendungen zu finden und hat in der Sprachvariante Bokmål die gleiche Form wie der Infinitiv (Norsk referansegrammatikk (1997): 590f.)). Weiterhin können Präteritalformen konjunktivische Funktion haben. Beispiele:
Kongen lever. (Der König lebt .) –
Indikativ (Präsens)
Leve kongen! (Es lebe der
König!); Fred være med deg! (Friede sei mit
dir!) – Konjunktiv
Hun ga ham boken. (Sie gab
ihm das Buch.) – Indikativ (Präteritum)
Han kunne komme. (Er
konnte kommen.) – Indikativ (Präteritum)
Hvis hun
ga ham boken, kunne han lese den. (Wenn sie ihm das Buch
gäbe, könnte er es lesen.) – Konjunktiv
Modusmarker
Der Imperativ wird außerdem syntaktisch ausgedrückt (Verberstsatz, unausgedrücktes Subjekt).
Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Stammformen und Flexionsaffixe als Personal-, Verbnumerus-, Tempus- und Modusmarker zeigt das folgende Beispiel der Adressaten-Form im Singular (2. Ps. Sg.) bzw. die Verbnumerus-Formen des Imperativs des schwachen Verbs lachen und des starken Verbs sprechen. Auf den Verbstamm folgt die Position des Tempus- und oder Modusmarkers. Die darauf folgende Position der Personal-/Numerussuffixe ist durch einen gestrichelten Rahmen gekennzeichnet. Flexionsmarker, die spezifische Kategorien kennzeichnen, sind rot markiert (z. B. Vokalwechsel oder Präteritalmarker):
Segmentiert man die finiten Verbformen wie in der obigen Tabelle - wobei theoretisch auch andere Segmentierungen möglich sind - sieht man, dass das Schwa als Konjunktivmarker bei allen Verben im Präsens (Konjunktiv I) und bei starken Verben im Präteritum (Konjunktiv II) fungiert. Distinkte Konjunktivformen weisen also zwischen Verbstamm und Personal-/Numerussuffix den Modusmarker -e- auf, z. B.:
du lachst (Ind.) – lachest (Konj.); ihr sprecht (Ind.) – sprechet (Konj.)
Es müssen jedoch die Bedingungen bei der Distribution von schwahaltigen und schwalosen Varianten bei den Suffixen, sowie (flexions-)systembedingte tempus- und flexionsklassenabhängige Einschränkungen berücksichtigt werden. In der geschriebenen Sprache liegen einige systembedingte Indikativ/Konjunktiv-Synkretismen vor, d. h. bei den entsprechenden Verbformen fallen die beiden Moduskategorien zusammen.
Als modusindifferent können folgende Formen gelten:
- die Präteritalformen schwacher Verben: er lachte
- die Formen der Nicht-Adressaten im Plural (1./3. Ps. Pl.) aller Verben: wir/sie sprechen
- die Sprecherform im Singular (1. Ps. Sg.) des Präsens schwacher/gemischter Verben: ich lache, ich spreche
- die Adressatenformen im Singular und Plural (2. Ps. Sg./Pl.) von schwachen/gemischten Verben, deren Verbstämme auf einen Dental oder einen Plosiv/Frikativ + Nasal enden und von vergleichbaren starken Verben, die keine sekundäre Präsensstammform besitzen: du redest, betest, leidest (Sg.), ihr redet, betet, leidet (Pl.)
Deutlich modusmarkiert sind hingegen:
- die Präsensformen der 3. Ps. Sg. (aufgrund der Suffix-Opposition -t/-e): er lacht (Ind.) – lache (Konj.)
- die Präsensformen der Nicht-Sprecher bei starken Verben mit sekundärer Präsensstammform: du sprichst (Ind.) – sprechest (Konj.)
- die Präteritalformen starker Verben mit sekundären Präteritalstammformen: wir sprachen (Ind.) – sprächen (Konj.)
Die Imperativstammform ist mit der Infinitivstammform identisch, die sich in der Regel aus der (primären) Präsensstammform herleitet. Im Singular existieren spezifische Imperativformen, im Plural sind Imperative immer mit der Adressaten-Form (auf -(e)t) identisch, vgl. ihr nehmt; Nehmt...!. Nur starke Verben, die eine durch e/i-Wechsel (und nicht durch Umlaut) gebildete sekundäre Präsensstammform besitzen, bilden daraus endungslose Imperativ-Singular-Formen, z. B. sprich, gib, nimm, hilf, iss (aber: fall(e)). Bei allen anderen Verben gleicht der Imperativ Singular der Infinitivstammform, an die ein fakultatives (unter bestimmten phonologischen Bedingungen: obligatorisches) -(e) suffigiert wird, z. B. lach(e), geh(e), rechne. Berücksichtigt man also Verben mit e/i-Wechsel, kann man im Deutschen die Imperativformen eines Verbs anhand seines Infinitivs zuverlässig bilden.
Der Imperativ wird hauptsächlich mit syntaktischen Mitteln gekennzeichnet: Aufforderungssätze mit Imperativen sind Verberstsätze. Das Subjekt bleibt zudem in der Regel unausgedrückt (im Gegensatz zu Sätzen mit finiten Verbformen), da der Imperativ einen inhärenten Adressatenbezug besitzt und eine explizite Nennung des Subjekts somit normalerweise nicht notwendig ist (vgl. Beispiel 4).
Der Imperativ ist im Norwegischen normalerweise mit dem Infinitivstamm identisch:
hopp (spring), lys (leucht), lev (leb), gå (geh), bit (beiß), finn (finde), ta (nimm)
Endet der Stamm auf einer schwer auszusprechenden Konsonantengruppe, kann der Imperativ die gleiche Form haben wie der Infinitiv:
sykl/sykle (radle), åpn/åpne (öffne), våkn/våkne (wach auf)
Endet der Stamm auf Konsonant + -r, ist der Imperativ gewöhnlich gleich dem Infinitiv:
smadre (zerschmetter), klatre (kletter), sikre (sichre)
Zu den Einzelheiten der Flexionsformen von Indikativ, Konjunktiv und Imperativ siehe Flexionsklassen der Verben.