Flexion bei erweiterten Nominalphrasen
Neben den Erweiterungsmöglichkeiten von Nominalphrasen durch Adjektive/Partizipien gibt es noch andere Attribute, die Nominalphrasen erweitern können und besondere Flexionseigenschaften besitzen. Dazu zählen Appositionen, Attributsätze und attributive Erweiterungen von Maßausdrücken.
Appositionen
Appositionen sind Nominalphrasen, die als Supplemente zu einer Nominalphrase (oder Pronominalphrase) fungieren, z. B.:
Da steht sie nun, die erste
Bundeskanzlerin, die Frau aus dem Osten [...]. [Berliner Zeitung,
14.01.2006]
Ott áll [ő], az első
kancellárasszony, a hölgy keletről [...]
Appositionen (im Beispiel fett) kongruieren mit der Nominalphrase, auf die sie sich appositiv beziehen (im Beispiel rot), meist im Kasus und Numerus.
Bei Nomina im Plural kann eine Apposition auch im Singular gehalten werden (Beispiel 1). In Bezug auf die Kasusflexion besteht die Tendenz, Appositionen in den Nominativ (2), Dativ (3), oder bei einer Apposition zu einer von-Präpositionalphrase in den Genitiv (4) zu setzen:
(1) die tief zerstrittenen Brüder,
ein Sargnagel ihrer armen Mutter
a
durván összeveszett testvérek, egy koporsószög szegény
édesanyjuknak
(2) Die Schüler formierten sich zu einem
@-Zeichen, ein "symbolisches Netzwerk für mehr Internetsicherheit", wie es
hieß. [Berliner Zeitung, 07.02.2007]
A diákok @-jellé formálódtak,
ami egy „szimbólikus háló az internet nagyobb biztonságáért”, ahogy
mondják. (Relativsatz)
(3) Sie ist Vorsitzende des
Documenta-Beirats, einem Zusammenschluss von 40 Kasseler Bürgern, die sich seit über
einem Jahr regelmäßig treffen. [Berliner Zeitung,
13.06.2007]
Ő a Documenta-tanács elnöke, ami egy 40 kasseli polgárból
álló összefogás, akik több, mint egy éve rendszeresen találkoznak.
(Relativsatz)
(4) In der Afar Region wurde 1974 das Skelett von «Lucy», eines weiblichen Urmenschen gefunden. [dpa,
02.03.2007]
Az Afar régióban 1974-ben megtalálták Lucy csontvázát, egy ősemberét.
Im Übrigen gelten für appositiv verwendete Nominalphrasen die in dieser Einheit erläuterten Regeln der Kasusflexion, z. B. die für bloße Nomina. Dementsprechend kommen dort obligatorisch Formen ohne Kasusmarker (in alternativer Betrachtungsweise: Nominativformen) zum Einsatz, wo eine Apposition im Singular ohne Begleiter steht, obwohl sie aus Gründen der Konguenz mit dem Bezugsnomen eigentlich kasusmarkiert sein sollte, z. B.:
Er hatte mit Bernd B., Dozent_ der Mannheimer Musikschule, [...] sowie Lothar H.[...] versierte Klarinettisten mitgebracht, die herrlich aufspielten. [Mannheimer Morgen, 27.10.2003]
Einen besonderen Fall stellen Nomina dar, die als ein Supplement (fett) zum Kopfnomen (rot) fungieren, selbst nicht durch Attribute oder Artikel erweiterbar sind und unflektiert bleiben (Ausnahme: Herr). Trotz dieser Unterschiede zu den Appositionen werden solche Ausdrücke traditionell enge Appositionen genannt, wobei sich "eng" auf die umittelbare Position vor oder nach dem Kopfnomen bezieht, die bei anderen Appositionen nicht obligatorisch ist. Es handelt sich dabei häufig um Personen- oder Ortsnamen, z. B.:
Onkel Hans,
Frau Müller, die Stadt Mannheim
Hans
bácsi, Müller asszony,
Mannheim város
Die Erweiterung kann einem Kopfnomen auch voraus gehen, z. B.:
Kanzlerin Merkels Politik
der kleinen Schritte bedeutet unterm Strich: große Steuererhöhungen. [dpa,
10.05.2006]
Merkel kancellárasszony kis
lépésekről szóló politikája végeredményben nagy adóemeléseket jelent.
Flektierte Formen kommen nur pränominal bei Herr, gelegentlich auch bei Genosse und Kollege vor:
"Lieber Gerhard, du weißt ja, wir mußten für Genossen Scholten etwas tun, auch wenn er mit der Ministerpension genug hätte." [Vorarlberger Nachrichten, 07.05.1997]
Er sprach ein Grußwort und übergab gemeinsam mit Kollegen Tillmann Spitzmüller jedem älteren Gast persönlich einen Bon für Kaffee und Kuchen. [Mannheimer Morgen, 23.03.2007]
Appositionen im Ungarischen kongruieren mit der Nominalphrase, auf die sie sich beziehen. Sie können Grundsuffixe (zur Markierung des Plurals oder eines Besitzverhältnisses) sowie Endsuffixe (zur Kasusmarkierung) bekommen. Dabei zeigt sich ein Unterschied zum attributiven Adjektiv in Prästellung, das nicht flektiert wird.
Appositionen erhalten genau die Kasussuffixe, die der Bezugsausdruck trägt und sie kongruieren auch im Numerus mit ihm, z. B.:
Péter autóval jött, a
vállalatéval. [Forgács 2004: 394]
Peter ist mit dem Auto
gekommen, mit dem des Unternehmens.
Appositionen können ferner ein Besitzerzeichen (blau) tragen und dadurch das Possessivattribut der vorangehenden Nominalphrase ersetzen, z. B.:
Még nem voltam a lányom iskolájában.
(Possessivattribut)
Ich war noch nicht in der Schule meiner
Tochter.
Még nem voltam az iskolában, a
lányoméban. [Forgács 2004: 394]
Ich war noch
nicht in der Schule, in der meiner Tochter.
Attributsätze
Bei satzförmigen attributiven Erweiterungen von Nominalphrasen, z. B. Relativsätzen, spielt die Flexion der Pronomina eine wichtige Rolle. Relativsätze können u.a. mit W- oder Demonstrativ-Pronomina (blau) angeschlossen werden, die dann in Numerus und Genus mit dem Kopf der Nominalphrase (oder Pronominalphrase) übereinstimmen, der Kasus wird relativsatzintern bestimmt, z. B.:
Der Mann, dem sie das alles zu verdanken haben, hat kurz geschorenes schwarzes Haar, eine athletische Figur und eine Brille [...] [die tageszeitung, 16.07.2007]
Wie im Deutschen wird das Relativpronomen auch im Ungarischen hinsichtlich Kasus und Numerus flektiert. Dabei besteht im Ungarischen zwischen dem Relativpronomen, das i.d.R. aus den entsprechenden Interrogativ-Pronomina (ki? (dt.: wer?); mi? (was?)) abgeleitet wird, und dem Bezugsausdruck eine Kongruenz bezüglich des Numerus und der Belebtheit. Der Kasus des Relativpronomens wird wie im Deutschen relativsatzintern bestimmt. Dabei erhalten Relativpronomina die substantivischen Kasusendungen und Postpositionen.
Hol van a könyv, amit tőlem kaptál? | Wo ist das Buch, das du von mir bekommen hast? (Akk.) |
az asztal, ami előtt állunk | der Tisch, vor dem wir stehen |
Aufgrund der Realisierung des Subjektes (und u.U. Objektes) durch das Flexem des ungarischen Verbs kommt im Ungarischen auch der Spezialfall vor, dass die Nominalphrase, die als Bezugsausdruck fungiert, nur an der verbalen Endung realisiert wird:
Eljött, akit kerestünk. | Der ist gekommen, den wir gesucht haben. |
Megcsinálta, amit akartam. | Er hat gemacht, was ich wollte. |
Maßkonstruktionen
Einen besonderen Typus der Erweiterung von Nominalphrasen stellt die Bildung von Maßkonstruktionen dar. Dabei wird zu einem Maßausdruck (z. B. Maß- und Mengenbezeichnungen), meist mit einem Zahladjektiv als Attribut, ein Stoffname oder ein artikelloser Plural gestellt. Den Kopf solcher Nominalphrasen bildet jeweils der Maßausdruck (rot), z. B.:
zwei Pfund Mehl, ein Glas Wasser, drei Stück Apfelkuchen
Maßausdrücke sind stets Singularformen (z. B. zwei Stück, drei Dutzend), auch wenn die Maßkonstruktion pluralisch ist. Der Numerus ist dann nur am Zahladjektiv und an der Kongruenz mit dem finiten Verb erkennbar, z. B.:
Ein Kilo Orangen trägt sich leicht. Zehn Kilo Orangen tragen sich weniger leicht.
Kasuskongruenz zwischen dem Maßausdruck als Kopf und dem Stoffnamen als attribuierte Nominalphrase ist nur möglich, wenn der Stoffname kein bloßes Nomen darstellt, sondern selbst Begleiter besitzt (Adjektiv-/Partizpialphrasen), die Kasusmarkierungen tragen können, z. B.:
"und anschließend komme ich hierher, um mich mit einem Stück selbstgebackenem Kuchen zu stärken" [Frankfurter Rundschau, 10.11.1998]
Ähnlich wie im Deutschen bestehen die ungarischen Maßkonstruktionen i.d.R. ebenfalls aus einem Zahladjektiv, einem Maßausdruck und einem Stoffnamen, die in der Konstruktion in dieser Reihenfolge erscheinen. Im Gegensatz zum Deutschen verwendet man in ungarischen Maßkonstruktionen immer die Singularform des Maßausdrucks und des Stoffnamens. In diesem Sinne kann das Ungarische als eine "Singularsprache" bezeichnet werden, z. B.:
két zsák narancs | zwei Sack Orangen |
vs. | |
egy narancs | eine Orange |