Wortstellung und Tonmuster

Die Stellung des finiten Verbs ist das wichtigste Formmerkmal der verschiedenen Satztypen (Verberst-, Verbzweit- und Verbletztsatz). Sätze lassen sich aber auch in Bezug auf ihren Satzmodus (z. B. Aussage-Modus, Frage-Modus) beschreiben. Hierbei ist neben der Verbstellung ein bestimmtes Grenztonmuster relevant. Letzteres kann mit dem Satztyp zusammenfallen, also satztypkongruent sein, oder auch nicht-satztypkongruent verwendet werden. Zunächst werden die satztypkongruenten Beispiele gezeigt:

Aussagesätze haben Verbzweitstellung und ein fallendes Grenztonmuster (↓):

(1) Er ist gestern nicht bei Eva gewesen.
(2) Rom wurde 753 vor Christus gegründet.

Entscheidungsfragesätze haben Verberststellung und meist ein steigendes Grenztonmuster (↑):

(3) Ist er gestern bei Eva gewesen?
(4) Kommt ihr zu meinem Geburtstag?

Aufforderungssätze haben Verberststellung (mit dem Verb im Imperativ) und ein fallendes Grenztonmuster (↓):

(5) Reg dich nicht auf.
(6) Nimm du jetzt das hintere Ende.

Zu dieser Kongruenz bei der Modusmarkierung gibt es Ausnahmen, d. h. Fälle, in denen das Grenztonmuster nicht satztypkongruent verwendet wird. So können Verbzweitsätze, die formal einen Aussage-Modus charakterisieren, durch ein steigendes Grenztonmuster zu Fragen überformt werden:

(7) Er ist gestern nicht bei Eva gewesen?
(8) Rom wurde 753 vor Christus gegründet?

Und umgekehrt kann mit einem Verberstsatz, der typischerweise zum Ausdruck einer Frage dient (9), mit fallendem Grenztonmuster eine bestimmte Art der Aussage, ein Ausruf, formuliert werden (Exklamativ-Modus) (9a). Dann ändert sich auch die Akzentstruktur:

(9) Hat die Eva lange Haare?
(9a) Hat die Eva lange Haare!

In den Beispielen 7, 8 und 9a zeigt sich, dass die formale Ausrichtung der Satztypen an der Stellung des finiten Verbs durch das Grenztonmuster überschrieben werden kann.

Anders als im Deutschen ist die Bezugsbasis für die Unterscheidung der Satztypen im Italienischen nicht die Stellung des finiten Verbs, für die Charakterisierung der verschiedenen Satzmodi ist neben der Verbmorphologie die Prosodie allein das bestimmende Kriterium. Aussagesätze sind durch ein fallendes Tonmuster gekennzeichnet:

Ritorno presto.
Ich komme bald zurück.

Auch Imperativ- und Exklamativsätze weisen ein fallendes Tonmuster auf, wobei die Tonhöhendifferenz zwischen dem prenuklearen und dem nuklearen Tonakzent eindeutig größer ist als in Aussagesätzen. Der Tonhöhenunterschied zwischen den beiden Tonakzenten ist auch ein differenzierender Parameter zwischen Imperativ- vs. Exklamativsätzen:

Ritorna presto!
Komm bald zurück!
Finalmente sei ritornato!
Endlich bist du zurückgekommen!

Entscheidungsfragesätze haben ein steigendes und Ergänzungsfragesätze ein steigend-fallendes Tonmuster:

Ritorni presto?
Kommst du bald zurück?
A che ora ritorni?
Um wie viel Uhr kommst du zurück?

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