Wortstellung und Prosodie
In der nachfolgenden Einheit liegen zahlreiche Beispielsätze in vertonter Form vor. Die Tonbeispiele können Sie über das Lautsprechersymbol im mp3-Format abrufen. Über das Video-Symbol gelangen sie zu einer genauen Aufschlüsselung des Tonverlaufes in Form eines praat-Spektogramms (Abobe-Flash-Animation). |
Wortstellung und Akzentuierung sind die Hauptmittel, um die in einem Satz bzw. in einer kommunikativen Minimaleinheit übermittelte Information zu strukturieren und kommunikativ zu gewichten. Unter dem Gesichtspunkt der Informationsstrukturierung gliedert sich eine kommunikative Minimaleinheit in Hintergrund und Vordergrund. Vordergrundeinheiten werden als besonders wichtig oder relevant erachtete Informationsteile durch Stellung und/oder Akzentsetzung hervorgehoben, d. h. fokussiert.
Das Verhältnis zwischen den Fokussierungsmitteln Stellung und Akzent ist nicht reziprok. Fokussierung durch Stellung zieht immer auch Fokussierung durch Akzent nach sich. Umgekehrt gilt das nicht.
Die verschiedenen Mittel der Fokussierung dürfen nicht konkurrierend eingesetzt werden. Für die Akzentuierung und die Wortstellung ergeben sich folgende Möglichkeiten:
a) Nur die Akzentuierung wird eingesetzt, während die Wortstellung nicht markiert ist, also die erwartbare Grundabfolge abbildet:
b) Akzentuierung und Wortstellung markieren dieselbe Einheit:
c) Akzentuierung und Wortstellung markieren unterschiedliche Einheiten:
Neben der Akzentuierung ist auch der Tonhöhenverlauf im Zusammenhang mit der Wortstellung für die Satzbedeutung maßgeblich. So tragen vor allem die Verbstellung und das Grenztonmuster, also der Tonhöhenverlauf in oder nach der letzten Akzentsilbe, zur Konstitution der Satzmodi bei.
Pausen verdeutlichen – wie grafische Markierungen (Komma, Gedankenstrich) in der Schriftsprache – beispielsweise den Übergang vom linken Außenfeld zum Vorfeld und vom Nachfeld zum rechten Außenfeld.
Eine Erscheinung, bei der Tonmuster und Wortstellung eng zusammenwirken, ist die topologische und intonatorische Aufspaltung von z. B. der Nominalphrase:
Auch im Italienischen kommt der Wortstellung neben den prosodischen Mitteln (Akzentuierung, Intonation, Pausen) die Aufgabe zu, die übermittelte Information bezüglich ihrer Gewichtung zu strukturieren. Ebenso gilt für das Italienische, dass das Verhältnis zwischen Stellung und prosodischer Markierung der Satzkonstituenten nicht reziprok ist: Komponenten, die durch Stellung markiert sind, sind normalerweise prosodisch auffällig, aber nicht umgekehrt. Ein einschlägiges Beispiel für diese Nicht-Reziprozität bietet etwa die Kontrastakzentuierung:
Anna ha dato uno schiaffo a Paola.
Anna hat Paola eine Ohrfeige gegeben.
Anna ha dato uno schiaffo a Paola. (Paola, nicht Maria)
Anna ha dato uno schiaffo a Paola. (nicht einen Kuss)
Anna ha dato uno schiaffo a Paola. (nicht etwa irgendeinem Kind ein Bonbon)
Anna ha dato uno schiaffo a Paola. (es stimmt nicht, dass sie nicht aggressiv war)
Eine weitere Parallele zwischen dem Deutschen und dem Italienischen ist das Prinzip der Nicht-Konkurrenz zwischen Stellung der Komponenten und prosodischer Markierung:
Ho tradotto io la recensione.
Ich habe die Rezension übersetzt.
Die fokussierte Komponente io wird durch Wortstellung und Akzentuierung hervorgehoben.
La recensione↓ (|), ha tradotto Maria.
Die fokussierte Komponente la recensione wird durch Wortstellung, Akzentuierung, Pause und fallende Intonation hervorgehoben.
Wenn Wortstellung und Akzentuierung unterschiedliche Komponenten hervorheben, signalisiert die markierte Wortstellung das Topik und die Akzentuierung den Fokus der Äußerung:
[La recensione]Topik l’ho tradotta [io].Fokus
Anders als im Deutschen trägt die Intonation alleine zur Unterscheidung der Satzmodi bei:
Devo uscire.↓ (fallender Intonationsverlauf)
Ich muss hinaus.
Devo uscire?↑ (steigender Intonationsverlauf)
Muss ich hinaus?
Die oben skizzierten Erscheinungen werden in folgenden Abschnitten behandelt: