Akzent
Definition und Eigenschaften
Der Akzent hat die Silbe als Bezugsrahmen. Unter Akzent versteht man die relative Prominenz einer Silbe, d. h. ihr auditiv-perzeptuell stärkeres Hervortreten gegenüber den Nachbarsilben in einer Äußerung. Diese der Prominenz ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Lautstärke, Länge und Tonhöhe, wobei das Verhältnis dieser drei Parameter in jeder Sprache anders geregelt ist. Im Deutschen sind alle drei Parameter maßgeblich.
Zwischen Akzent und Intonation besteht eine wechselseitige Beziehung, insofern als die Akzentuierung von einer ergänzenden Tonbewegung begleitet wird, die den Melodieverlauf lokal beeinflusst, d. h., sie bewirkt Änderungen bzw. Sprünge des Tonverlaufs (s. Lötscher 1983: 26).
Der Akzent bewirkt – zusammen mit den Pausen und der Intonation – eine melodische und rhythmische Gestaltung der Äußerung, die den Hörern deren Aufbau, Vordergrund und Hintergrund wahrnehmen lässt.
Typologisch unterscheidet man Sprachen mit festem und mit freiem Akzent. Bei ersteren, zu denen z. B. das Polnische, Tschechische, Türkische, Ungarische gehören, ist der Akzent auf einer bestimmten Wortposition festgelegt, während in letzteren (z. B. Italienisch, Russisch, Spanisch) jede Silbe akzentuiert sein kann. Im Deutschen ist der Akzent prinzipiell frei (vgl. Holunder, Ameise) und hat marginal distinktive Funktion (vgl. Tenor, Tenor, Bereich); seine Position ist allerdings von der Derivationsmorphologie und teilweise vom Silbengewicht eingeschränkt (vgl. Wortakzent).
Akzenttypen
In mehrsilbigen Wörtern bzw. in Äußerungen können mehrere Akzente vorkommen, wobei sie in ihrer Stärke differenzieren: Man unterscheidet hier zwischen Primär- oder Hauptakzent, Sekundär- oder Nebenakzent und Nullakzent. Silben mit Sekundär- und Nullakzent sind jenen mit Primärakzent sowohl bezüglich ihrer melodischen Kontur als auch in ihrer Zeitstrukturierung untergeordnet, d.h., sie haben keinen selbstständigen Tonhöhenverlauf und die Artikulation wird komprimiert (vgl. Kohler 1977).
Darüber hinaus unterscheidet man auf Phrasen- bzw. Äußerungsebene folgende Akzenttypen:
der Kontrastakzent ist stärker ausgebildet als alle anderen Akzentsilben und kann beliebige Silben eines Wortes erfassen; er dient zur Hervorhebung zweier gegenüberzustellenden Einheiten (Es heißt nicht "im spätem", sondern "im späten" 19. Jahrhundert., Sie hat aber das Joghurt gesagt und nicht der Joghurt.);
der Exklamativakzent erstreckt sich auf eine Akzentsilbe aus einem Ausdruck, dessen Gehalt mit besonderer Emotionalität verbunden ist bzw. als besonders bemerkenswert hingestellt werden soll (Du machst mir wohl Sorgen!, Er hat also die Schokolade aufgegessen!).
Der Akzent (die Betonung) wird in folgenden kontrastiven Kommentaren als Manifestation der suprasegmentalen Hierarchisierung von mindestens zwei segmentalen Elementen innerhalb einer aus mehreren betonbaren Segmenten (Silbengipfel) bestehenden Einheit (vor allem Wort) verstanden. Phonetische Betonungseinheit ist der jeweilige Silbengipfelträger, also derjenige Sprachlaut, der silbisch ist, und dem unsilbische Sprachlaute innerhalb der Silbe angeschlossen werden können. Für suprasegmentale Analysen ist somit nicht die Silbe selbst als lautorganisatorische Einheit von Bedeutung, sondern ihr Gipfel bildendes Segment, das auf der suprasegmentalen Ebene als Bezugsgröße für jegliche Hierarchisierung mehrerer Segmente gilt.
Das Phänomen der Betonung aktiviert sich auf unterschiedlichen Stufen, wobei das Kriterium für die Stufenbestimmung die steigende Zahl der Silben ist. Dies ergibt die folgende Skala:
- Nullsilber (im Deutschen nicht präsente, vokalexkludierende Lexeme, wie z. B. die polnischen Präpositionen w oder z),
- Einsilber (vokalinkludierende Lexeme mit einem silbenbildenden Vokal, z. B. dt. Geld, pl. rząd),
- Mehrsilber (Lexeme mit mindestens zwei silbenbildenden Vokalen, z. B. dt. Gelder, pl. rządy),
- intonatorische Phrase (suprasegmentale Einheit, in die mindestens ein Einsilber integriert wird, z. B. dt. viel Geld, pl. pod rząd),
- intonatorisches Kompositum (suprasegmentale Einheit, in der mindesten zwei zu betonte Silben intern subhierarchisiert werden, z. B. dt. Geldwechselstube, pl. praworządność).
Nullsilber und Einsilber liegen eigentlich unterhalb der tatsächlichen suprasegmentalen Ebene des phonetischen Ausdrucks, wobei die Nullsilber wegen Vokalabsenz kein Betonungspotential haben und das Betonungspotential (dank der Vokalpräsenz) der Einsilber in den höheren Stufen des suprasegmentalen Ausdrucks aktiviert werden kann. Die Einsilber sind weder betont noch unbetont und bilden eine betonungslose Stufe, auf der die Betonungsmanifestation fehlt.
Die Hauptstufe für die Markierung rudimentärer Betonung bilden Mehrsilber. Hier werden die grundlegenden Betonungsregeln einer Sprache bestimmt, auf die in mehr ausgebauten Stufen jeweils Bezug genommen wird, auch dann, wenn sie eventuell verletzt werden. Zu Betonungsprinzipien in einer intonatorischen Phrase gehört die intonatorische Integration der Einsilber (z. B. als klitische Formen) in die Phrase.
Intonatorische Phrasen sind mit den Phrasen im morphosyntaktischen Sinne nicht gleichzusetzen. Genauso entsprechen intonatorische Komposita nicht unbedingt den Wortbildungskomposita. Denn das Hauptprinzip der kompositionellen Betonung ist die Entstehung der Nebenbetonung und/oder die Deakzentuierung eines nach dem Mehrsilberbetonungsprinzip zu betonten Elementes. Die Betonungsstufen entwickeln sich somit stufenweise von betonungslos über unbetont vs. betont bis unbetont vs. nebenbetont vs. hauptbetont.
Übung: Hervorhebung durch Tonbewegung
Übung: Kontrast oder Verstärkung?
Im Detail werden die Akzentverhältnisse im Deutschen in folgenden Einheiten
beschrieben:
Wortakzent
Gewichtungsakzent