Schwache Verben

Die überwiegende Anzahl deutscher Verben flektiert schwach. Die Konjugation schwacher Verben ist in Bezug auf ihre Stammformen und die damit verbundene Tempus-/Modusflexion im Vergleich zu den anderen Flexionsklassen besonders regelmäßig. Sie bilden im Deutsche eine produktive Flexionsklasse, die durch neue Verben (z. B. Wortbildungsprodukte, die durch explizite Derivation oder Konversion entstanden sind) oder Flexionsklassenwechsel starker Verben erweiterbar ist.

Schwache Verben besitzen nur einen Verbstamm (ohne primäre/sekundäre Varianten), der die Grundlage für die Bildung aller Tempus- und Modusformen sowie des Partizips II ist.
lachen, reden
Verbstamm
lach-, red-

Bildung der Flexionsformen

Die Formen des Präteritums werden durch Suffigierung von -(e)te- (Präteritalsuffix) gebildet, auf das ein Personal-/Numerussuffix folgt.

Das Partizip II schwacher Verben wird durch Affigierung von ge-...-(e)t an den Verbstamm gebildet, z. B. gesucht. Verben mit festem (Wortbildungs-)Präfix affigieren nur das Suffix -(e)t, z. B.: Er hat es versucht. Bei Verben mit abtrennbarem Präverb wird ge- wird zwischen Präverb und Verbstamm eingefügt, z. B. er wurde ausgesucht.

Das Vorhandensein eines dem Präterital- oder Partizipialsuffix vorausgehenden Schwas (-ete, -et) ist phonologisch bedingt, d. h. von der lautlichen Beschaffenheit des Verbstamms abhängig. Schwa wird an dieser Stelle gesetzt, wenn der Verbstamm auf einen Dental (z. B. reden) oder einen Plosiv/Frikativ + Nasal (z. B. atmen) endet (siehe auch Tempusmarker).

Die folgende Übersicht der finiten tempus- und modusbestimmten Formen schwacher Verben zeigt, dass nur für Präsens, Präteritum Indikativ und Konjunktiv I spezifische Formen vorliegen. Im Konjunktiv wird nur die 3. Person Singular durchgängig von der entsprechenden Indikativform unterschieden. Bei den meisten schwachen Verben gilt das auch für die 2. Person (Adressaten) im Singular und Plural. Bei Verben mit den lautlichen Voraussetzungen wie reden und atmen fallen diese Formen jedoch mit den entsprechenden Indikativformen zusammen.

Zur Bildung des Imperativs wird an den Verbstamm -(e) (Sg.) oder -(e)t (Pl.) als Numerussuffix angehängt. Das Singularsuffix -(e) ist bei den meisten Verben fakultativ und wird insbesondere in der geprochenen Spache oft nicht gesetzt. Liegen hingegen die phonologischen Bedingungen wie bei reden/atmen vor (Dental oder Plosiv/Frikativ + Nasal), wird es in der Regel gesetzt: rede!, atme!. Auch bei Verben auf -er/-el steht zumeist -e im Imperativ, z. B. wandere!, samm(e)le!.

Der Infinitiv leitet sich aus dem Verbstamm ab, indem -en suffigiert wird, z. B. suchen. Bei Verben, deren Stamm auf -el/-er enden, wird der Infinitiv genau wie die finiten Verbformen im Plural mit Hilfe der schwalosen Variante -n gebildet, z. B. sammeln.

Gemischte (unregelmäßig schwache) Verben

Die Bezeichnung gemischte Verben verweist auf die besondere Stammformenbildung, die formale Mittel der beiden Hauptklassen vereint. Folgende Verben werden als unregelmäßige schwache bzw. als gemischte Verben bezeichnet:

brennen, bringen, denken, dünken (veraltet), kennen, nennen, rennen, senden, wenden

Stammformen gemischter Verben

Die Präteritalstammformen gemischter Verben weisen wie starke Verben Vokalwechsel (rot markiert) und teilweise Konsonantenwechsel (blau markiert) auf. Zur Bildung der Formen des Präteritums wird aber zusätzlich (wie bei schwachen Verben) das Präteritalsuffix -te- an die Präteritalstammform affigiert. Gemischte Verben haben wie starke Verben auch eine sekundäre Präteritalstammform zur Bildung von Konjunktiv-Präteritum-Formen, die jedoch nur bei denken und bringen formal ausdifferenziert ist (däch-te-, bräch-te-). Bei allen anderen gemischten Verben fällt sie mit der Präsensstammform zusammen (z. B. du kenn-te-st (Konj.Prät.)):

Bei gemischten Verben ist die Präsensstammform ohne Varianten und die Präteritalstammform mit primären/sekundären Varianten morphologisch ausdifferenziert:
Die primäre Präteritalstammform wird mit a-Ablaut gebildet, die sekundäre Präteritalstammform weist einen Umlaut (a→e/ä) auf.
Präsensstammformprim. Präteritalstammformsek. Präteritalstammform
denkendenk--dach-däch-
kennenkenn--kann-kenn-

Variation zwischen Formen gemischter Verben

Die gemischten Verben senden und wenden besitzen neben den gemischten auch schwache Stammformen:

senden – sandte/sendete – gesandt/gesendet, wenden – wandte/wendete – gewandt/gewendet.

Das veraltete Verb dünken besitzt neben den schwachen Formen dünkte – gedünkt auch die abgelauteten Formen deuchte – gedeucht.

Eine ausführlichere Betrachtung der Variation unter Berücksichtigung von Bedeutungsunterschieden zwischen den gemischten und den schwach konjugierten Varianten ist in folgenden Artikeln aus "Grammatik in Fragen und Antworten" nachzulesen:

Sendete/wendete oder sandte/wandte? — Variation in der Flexion und Bedeutungsunterschiede
Absatz 2 kann erst angewendet werden, wenn Absatz 1 angewandt worden ist — Variation in der Flexion
Er hängte seinen Mantel an den Haken, und dort hing er den ganzen Tag — Schwache und starke Flexion und Bedeutungsunterschiede

Bildung der Flexionsformen

Die finiten tempus- und modusbestimmten Formen gemischter Verben werden nach dem Vorbild von brennen (ebenso: kennen, nennen, rennen), denken (ebenso: bringen, mit Konsonantenwechsel zu ch) und senden (ebenso: wenden) konjugiert.

Der Imperativ wird wie bei den schwachen Verben gebildet, z. B. renn(e)/rennt; sende/sendet. Auch der Infinitiv ist regelmäßig aus der Präsensstammform ableitbar, z. B. bringen.

Zur Bildung des Partizips II affigieren gemischte Verben (ge-)...-t an die durch einen Ablaut gekennzeichnete (primäre) Präteritalstammform, z. B. gekannt. Für gemischt flektierende Verben mit Präfix/Präverb gelten dieselben Bedingungen wie bei den schwachen Verben, z. B.: verbrannt, abgebrannt.

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