Komplement
Sätze werden regelhaft aus kleineren Einheiten, also "kompositional", aufgebaut. Die primären Komponenten des Satzes sind der Verbalkomplex, die Komplemente und die Supplemente. Jedes Wort, genauer: jede Wortform bzw. jede Phrase im Satz muss zu einer dieser drei primären Komponenten gehören. Das bedeutet aber nicht, dass immer alle drei Komponenten im Satz vorkommen müssen.
Komplemente können als Nominalphrase, Pronominalphrase, Präpositionalphrase, Adjektivphrase, Adverbphrase, Nebensatz oder Infinitivkonstruktion auftreten. Die einzelnen Ausprägungen werden zu Komplementklassen zusammengefasst. Die Komplementklasse wiederum wird vom Verb bzw. dem Verbalkomplex bestimmt. Diese Eigenschaft der Verben wird Valenz genannt.
Neben den vier Kasuskomplementen werden folgende Komplementklassen unterschieden:
Beispiele
(die tageszeitung, 22.02.2005)
(2) Eine hervorragende Partie (Kakk) spielte dabei Ursula Gujer (Ksub).
(St. Galler Tagblatt, 18.03.2000)
(3) Maria (Ksub) achtet auf den Preis (Kprp).
(Die Zeit (Online-Ausgabe), 28.10.2004)
(4) Der Sieger in einer solchen Partie (Ksub) steht schon heute fest: Er (Ksub) heißt Silvio Berlusconi (Kprd).
(die tageszeitung, 08.07.2002)
Erste Abgrenzungsprobleme
Es ist zuweilen schwierig, Komplemente von Supplementen abzugrenzen. Die Präpositionalphrase in Berlin ist z. B. in Satz (5) ein Adverbialkomplement, in Satz (6) dagegen ein Supplement.
(6) Die Sonne scheint in Berlin.
Von der Bedeutung des Verbs wohnen wird entweder ein sprachlicher Ausdruck für einen Ort verlangt, der durch eine Präpositionalphrase (z. B. in Berlin, am See, in Bayern) oder ein Lokaladverb (z. B. dort, nebenan, hier) realisiert wird (wie in Satz 6), oder aber es wird ein Ausdruck verlangt, der die Art und Weise des Wohnens näher charakterisiert (wie in Satz 7).
Die Valenz des Verbs wohnen fordert einerseits ein Komplement im Nominativ - das Subjekt - und andererseits ein situatives Adverbialkomplement oder ein modales Adverbialkomplement, damit ein korrekter Satz des Deutschen entsteht. Folglich kann in Berlin in Satz (5) und allein in Satz (7) nur jeweils ein Komplement sein.
In Satz (6) allerdings ist die Präpositionalphrasein Berlin kein Komplement, sondern ein Supplement, weil das einwertige Verb scheinen eine andere Komplementforderung besitzt: Es genügt ein Komplement im Nominativ, um einen grammatisch vollständigen Satz mit scheinen zu bilden:
Diese ersten Überlegungen zur Abgrenzung von Komplementen und Supplementen werden in einem mehrstufigen Testverfahren nachprüfbar differenziert und zwar mit Hilfe des Reduktionstests, des Folgerungstests und ggf. des Anschlusstests.
Weiterführendes
Komplemente werden in Komplementklassen eingeteilt. Ein Überblick über die Komplemente zeigt die Möglichkeiten ihrer syntaktischen Realisierungsformen. Die Leitformen erleichtern die Zuordnung von Komplemente zu den einzelnen Klassen.