Flexionsklassenwechsel
Semantisch motiviert
Nicht-belebte Nomina dieser markierten Flexionsklasse weisen eine Tendenz zum Wechsel in die unmarkierte Flexionsklasse für Maskulina/Neutra auf. Zu diesen Nomina gehören z. B. Funke, Gedanke, Wille und Friede.
Ein solcher Flexionsklassenwechsel dient dem Markiertheitsabbau und stabilisiert die semantischen Zuordnung des Merkmals "belebt" zur Nebenklasse -(e)n/-(e)n, wobei die Nebenklasse -(e)ns/-(e)n hierbei (vgl. Kasusflexion: Mischtyp mit Genitiv auf -(e)ns) als Übergangsklasse dienen kann. Am Ende des Prozesses steht eine auf -n endende Form des Nominativ Singular, dessen -n dem Stamm zugerechnet wird, an den dann regulär ein Genitiv-s angehängt werden kann. Entsprechende Nomina flektieren in Folge wie solche der Hauptklasse -(e)s/-(e), wobei das Schwa als Pluralmarker aufgrund des auf n auslautenden Stammes nicht realisiert wird (vgl. Wagen).
Nebenklasse
-(e)n/-(e)n (markiert) | Nebenklasse
-(e)ns/-(e)n (markiert) | Hauptklasse
-(e)s/-(e) (unmarkiert) | |||
Nom.Sg. | der Funke | → | der Funke | → | der Funken |
Gen.Sg. | des Funken | → | des Funkens | → | des Funkens |
Nom.Pl. | die Funken | → | die Funken | → | die Funken_ |
Der Wandel vollzieht sich bei Beispielen wie Magnet oder Planet im Singular nicht durch Integration von -n in den Stamm, sondern durch Endungslosigkeit in Nominativ, Akkusativ und Dativ (standardsprachlich teilweise anerkannt):
Nebenklasse -(e)n/-(e)n(markiert) | Hauptklasse -(e)s/-(e)(unmarkiert) | ||
Nom.Sg. | der Magnet | → | der Magnet |
Akk.Sg. | den Magneten | → | den Magnet_ |
Dat.Sg. | dem Magneten | → | dem Magnet_ |
Gen.Sg. | des Magneten | → | des Magnets |
Nom.Pl. | die Magneten | → | die Magnete |
Umgekehrt werden auch belebte Nomina aus anderen Flexionsklassen in die Nebenklasse -(e)n/-(e)n integriert (standardsprachlich nur selten akzeptiert), z. B.:
Nebenklasse -(e)s/-(e)n(markiert) | Nebenklasse -(e)n/-(e)n(markiert) | |||
Nom.Sg. | der Autor | → | der Autor | |
Gen.Sg. | des Autors | → | des Autoren | |
Nom.Pl. | die Autoren | → | die Autoren |
Syntaktisch motiviert
Anders als bei den obigen Beispielen ist dieser Wechsel also primär syntaktisch und nicht semantisch motiviert. Formal wird der Wechsel durchgängig nur bei Feminina sichtbar, da diese dann den Genitiv Singular am Nomen selbst (z. B. Annas Haare) nicht mehr markieren, z. B.:
Tritt zu sonst artikellos verwendeten Eigennamen, die ja einem eigenen Kasusflexionstyp angehören, ein Artikel hinzu, flektieren sie wie die unmarkierten Kasusflexionstypen (keine Kasusmarker/s-Kasusflexion), d. h. genusabhängig nach den Nebenklassen für phonologisch markierte Stammformen -/-s (Feminina) oder -s/-s (Maskulina und Neutra). Die Kasusflexion wird bei letzteren jedoch oft unterlassen (siehe Wegfall der Genitivmarker -(e)s bzw. -s), z. B.:
Eigennamendeklination -s/— | Nebenklasse -s/-s | Beispiele: | ||
Nom.Sg. | Deutschland | → | das (heutige) Deutschland | |
Gen.Sg. | Deutschlands | → | des (heutigen) Deutschland(s) | Damals lagen weite Teile des heutigen Deutschland unter Wasser. (die tageszeitung, 09.06.2006) |
Nom.Pl. | - | → | die (beiden) Deutschlands | Susanne Fritsche war zehn Jahre alt, als die Mauer zwischen den beiden Deutschlands fiel. (Berliner Zeitung, 13.03.2004) |
Nebenklasse -/-s | ||||
Nom.Sg. | Anna | → | die Anna | |
Gen.Sg. | Annas | → | der Anna | Die blonden Haare der vierjährigen Anna sind auf dem Kopf zusammengesteckt. (Mannheimer Morgen, 22.02.2003) |
Nom.Pl. | (Annas) | → | die Annas | Großeltern treten auf, Schauspieler reichlich, [...] und natürlich die Annas, Livias, Alicen, Judiths, diese ewig Anziehenden und sich immer wieder Entziehenden. (Die Zeit, 23.04.1998) |