Relativsätze mit den Pronomen der, die, das

Die Pronomen der, die, das haben im Deutschen mehrere Funktionen. Sie können zum Beispiel Relativsätze einleiten.

Relativsätze sind Nebensätze, d.h. sie haben das Verb am Ende. So können Relativsätze aussehen:

(1) „Ich wähle die Nummer eines Freundes, den ich schon seit Monaten anrufen wollte (Hannoversche Allgemeine, 23.10.2007, S. 13)
(2) „Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr“ (Hannoversche Allgemeine, 03.04.2008, S. 10)
(3) „In der Uni sehe ich genug Leute, mit denen ich dann den Tag verbringe (DGD, IDS Mannheim, FOLK_E_00401_SE_01_T_01/c1137)
(4) „Die Jungs, mit denen ich dort gesprochen habe, waren ganz normale Menschen“ (Berliner Zeitung, 07.10.1998, S. 26)

In den Beispielen sind die Relativsätze fett markiert. Die Relativpronomen der, die, das können auch mit Präpositionen kommen – Beispiele (3), (4).

Wie funktionieren die Relativpronomen der, die, das?

Die Relativpronomen der, die, das verbinden den Relativsatz mit einem Teil des Hauptsatzes. Sie funktionieren ähnlich wie Subjunktoren (z.B. weil, wenn, dass). Zwischen Relativpronomen und Subjunktoren gibt es einen wichtigen Unterschied: Relativpronomen haben Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ), Genus (Maskulin, Neutrum, Feminin) und Numerus (Singular, Plural).

Kasus, Genus und Numerus von Relativpronomina

Lesen Sie die Beispiele und lösen Sie die Aufgaben:

(1) „Ich wähle die Nummer eines Freundes, den ich schon seit Monaten anrufen wollte“ (Hannoversche Allgemeine, 23.10.2007, S. 13)

Im Beispiel (1) ist Ich wähle die Nummer eines Freundes der Hauptsatz und den ich schon seit Monaten anrufen wollte der Relativsatz.

Der Relativsatz ist mit dem Hauptsatzteil eines Freundes verbunden und gibt eine weitere Information über den Freund.

Vom Hauptsatz wissen wir, dass der Sprecher einen Freund hat. Der Relativsatz sagt etwas mehr über diesen Freund: Der Sprecher wollte ihn schon seit Monaten anrufen.

TEIL 1: Lesen Sie noch einmal das Beispiel (1) und achten Sie auf das Pronomen den. Wählen Sie bei jeder Frage die passende Antwort an:
1) NUMERUS: Das Pronomen den ist im
a) Singular.
b) Plural.
2) GENUS: Das Pronomen den ist im
a) Maskulin.
b) Neutrum.
c) Feminin.
3) KASUS: Das Pronomen den ist im
a) Nominativ.
b) Dativ.
c) Akkusativ.
d) Genitiv.

1) Das Pronomen den ist im Singular.

2) Das Pronomen den ist im Maskulin.

3) Das Pronomen den ist im Akkusativ.

TEIL 2: Nun wiederholen Sie die Übung mit dem Satzteil eines Freundes und vergleichen Sie die Antworten mit der Lösung von Teil 1. Was fällt Ihnen auf?

Der Satzteil eines Freundes ist im Singular Maskulin Genitiv. Im Genus und Numerus ist er also gleich wie das Relativpronomen den – aber nicht im Kasus. Der Hauptsatzteil eines Freundes und das Pronomen den haben nämlich zwei verschiedene grammatische Funktionen, und zwar Attribut bzw. Objekt.

(2) „Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr“ (Hannoversche Allgemeine, 03.04.2008, S. 10)

Im Beispiel (2) ist Den Mann gibt es nicht mehr der Hauptsatz und den ich liebte der Relativsatz.

Welcher Mann genau ist im Hauptsatz gemeint? Das sagt der Relativsatz.

Lesen Sie noch einmal das Beispiel (2) und beantworten Sie die Fragen:
1) Sind das Relativpronomen den und der Hauptsatzteil den Mann in Kasus, Genus und Numerus identisch oder unterschiedlich?
2) Haben sie die gleiche grammatische Funktion oder unterschiedliche grammatische Funktionen?

1) Das Relativpronomen den und der Hauptsatzteil den Mann sind im Genus (Maskulin) und Numerus (Singular) und diesmal auch im Kasus (Akkusativ) identisch.

2) Sie haben die gleiche grammatische Funktion. Es sind beide Objekte.

Die Relativpronomen der, die, das verbinden den Relativsatz mit einem Hauptsatzteil.
Der Hauptsatzteil ist immer ein Nomen (Freund, Mann).
Der Hauptsatzteil und das Relativpronomen sind in Genus und Numerus immer identisch.
Im Kasus sind sie nur dann identisch, wenn sie die gleiche grammatische Funktion haben – z.B. wenn beide Subjekt oder Objekt sind.

Vergleichen Sie nun die Beispiele (1) und (2) und beantworten Sie die Fragen:

(1) „Ich wähle die Nummer eines Freundes, den ich schon seit Monaten anrufen wollte (Hannoversche Allgemeine, 23.10.2007, S. 13)
(2) „Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr“ (Hannoversche Allgemeine, 03.04.2008, S. 10)
1) Haben die Relativsätze in (1) und (2) die gleiche Position?
a) Ja.
b) Nein.
2) Wovon hängt die Position des Relativsatzes ab? Eine Antwort ist richtig:
a) Der Relativsatz ist mit einem Teil des Hauptsatzes verbunden und ist ihm nah.
b) Die Position des Relativsatzes hängt von der Länge des Hauptsatzes ab.
c) Die Position des Relativsatzes hängt vom Hauptsatztyp an – Frage, Aussage, Ausruf usw.

1b) Nein. Im Beispiel (1) kommt der Relativsatz nach dem Hauptsatz. Im Beispiel (2) steht er mitten im Hauptsatz.

2 a) Der Relativsatz ist mit einem Teil des Hauptsatzes verbunden und ist ihm nah.

Relativsätze mit den Pronomen der, die, das können nach dem Hauptsatz kommen oder mitten im Hauptsatz stehen.
Der Relativsatz ist mit einem Hauptsatzteil verbunden und soll ihm so nah wie möglich sein.

Relativpronomen mit Präposition

Lesen Sie die Beispiele und lösen Sie die Aufgabe:

(3) „In der Uni sehe ich genug Leute, mit denen ich dann den Tag verbringe“ (DGD, IDS Mannheim, FOLK_E_00401_SE_01_T_01/c1137)

Im Beispiel (3) ist In der Uni sehe ich genug Leute der Hauptsatz und mit denen ich dann den Tag verbringe der Relativsatz.

Der Hauptsatz sagt, dass der Sprecher in der Uni Leute sieht. Der Relativsatz gibt eine weitere Information über diese Leute: „Der Sprecher verbringt mit ihnen den Tag“.

(4) „Die Jungs, mit denen ich dort gesprochen habe, waren ganz normale Menschen“ (Berliner Zeitung, 07.10.1998, S. 26)

Im Beispiel (4) ist Die Jungs waren ganz normale Menschen der Hauptsatz und mit denen ich dort gesprochen habe der Relativsatz.

Im Hauptsatz sagt der Sprecher etwas über die Jungs. Welche Jungs meint er genau? Das sagt der Relativsatz.

1) Welchen Kasus hat das Relativpronomen denen?
a) Nominativ.
b) Dativ.
c) Akkusativ.
2) Was bestimmt den Kasus des Relativpronomens denen?
a) Die Hauptsatzteile genug Leute/Die Jungs.
b) Die Präposition mit.
3) Welche Position hat der Relativsatz in den Beispielen (3) und (4)?

1 b) Dativ.

2 b) Die Präposition mit. Sie kommt immer nur mit Dativ.

3 Im Beispiel (3) kommt der Relativsatz nach dem Hauptsatz, im Beispiel (4) steht er mitten im Hauptsatz.

Bei Relativpronomen mit Präpositionen hängt der Kasus von der Präposition ab.
Genus und Numerus hängen vom Hauptsatzteil ab, mit dem der Relativsatz verbunden ist.
Auch Relativsätze mit Präpositionen k�nnen nach dem Hauptsatz kommen oder mitten im Hauptsatz stehen.

Wann verwendet man Relativsätze?

Vergleichen Sie die Beispielpaare und lösen Sie die Aufgaben:

(1) „Ich wähle die Nummer eines Freundes, den ich schon seit Monaten anrufen wollte“ (Hannoversche Allgemeine, 23.10.2007, S. 13)
(1a) „Ich wähle die Nummer eines Freundes. Ich wollte ihn schon seit Monaten anrufen“
Die Sätze in (1) und (1a) haben zwei unterschiedliche Strukturen – Hauptsatz + Relativsatz in (1), zwei Hauptsätze in (1a).
1) Welche Information gibt der Relativsatz den ich schon seit Monaten anrufen wollte in (1)?
a) Der Relativsatz sagt etwas mehr über den Freund.
b) Der Relativsatz identifiziert einen bestimmten Freund.
2) Welche Information gibt der zweite Hauptsatz Ich wollte ihn schon seit Monaten anrufen in (1a)?
a) Der zweite Hauptsatz sagt etwas mehr über den Freund.
b) Der zweite Hauptsatz identifiziert einen bestimmten Freund.

1 a) Der Relativsatz sagt etwas mehr über den Freund.

2 a) Der zweite Hauptsatz sagt etwas mehr über den Freund.

Der Relativsatz in (1) und der zweite Hauptsatz in (1a) haben also die gleiche Funktion und sind tauschbar.
(2) „Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr“ (Hannoversche Allgemeine, 03.04.2008, S. 10)
(2a) „Den Mann gibt es nicht mehr. Ich liebte ihn“
Die Sätze in (2) und (2a) haben zwei unterschiedliche Strukturen – Hauptsatz + Relativsatz in (1), zwei Hauptsätze in (2).
Lesen Sie die Fragen und wählen Sie die beste Antwort zwischen (2) und (2a):
1) „Was ist dem Mann passiert?‟
a) Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr.
b) Den Mann gibt es nicht mehr. Ich liebte ihn.
2) „Welchen Mann gibt es nicht mehr?‟
a) Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr.
b) Den Mann gibt es nicht mehr. Ich liebte ihn.

1 b) Den Mann gibt es nicht mehr. Ich liebte ihn. Der zweite Hauptsatz gibt eine weitere Information über den Mann, d.h. er beschreibt den Mann weiter.

2 a) Den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr. Der Relativsatz identifiziert einen bestimmten Mann, d.h. er gibt die Information „Welcher Mann ist das?“.

Der Relativsatz in (2) und der zweite Hauptsatz in (2a) haben also zwei verschiedene Funktionen und sind nicht tauschbar.
Wenn ein Relativsatz etwas weiter beschreibt, ist er mit einem Hauptsatz tauschbar.
Wenn ein Relativsatz etwas identifiziert, ist er NICHT mit einem Hauptsatz tauschbar.

Die Beispiele in diesem Abschnitt haben gezeigt, dass Relativsätze nicht immer unbedingt nötig sind. Aber die Fähigkeit, sie aktiv zu verwenden und zu erkennen, ist ein Zeichen einer höheren Sprachkompetenz.

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Autor(en)
Giorgio Antonioli
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