nichtöffentlich / nicht-öffentlich / nicht öffentlich: GZS und SmB bei Verbindungen von „nicht“ mit Adjektiven

Die Bereiche → Getrennt- und Zusammenschreibung und → Schreibung mit Bindestrich (Kapitel B und C des Amtlichen Regelwerks) weisen einige Überschneidungsbereiche auf: Die Schreibung mit Bindestrich fungiert als eine Art Bindeglied zwischen Getrenntschreibung und Zusammenschreibung.

Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung geht es darum, Einheiten, die im Text unmittelbar benachbart und aufeinander bezogen sind, entweder als Bestandteile von Wortgruppen zu definieren, dann schreibt man sie getrennt. Oder es handelt sich um die Bestandteile von Zusammensetzungen, dann schreibt man sie zusammen. Manche solcher Einheiten können sowohl als Wortgruppe bzw. syntaktische Fügung wie auch als Zusammensetzung verstanden werden, dann kann man sie sowohl getrennt als auch zusammenschreiben.

Die Bindestrichschreibung erlaubt es den Schreibenden in vielen Fällen, anstelle der Zusammenschreibung die einzelnen Bestandteile eines komplexen Wortes als solche zu kennzeichnen, sie gegeneinander abzusetzen und dadurch für die Lesenden hervorzuheben; eine sonst möglicherweise unübersichtliche Zusammensetzung kann so gegliedert und dadurch leichter lesbar gemacht werden.

Spezifisches Fallbeispiel: Phänomenbeschreibung

In diese Gruppe der Wortverbindungen mit fakultativer Bindestrichschreibung fallen auch Verbindungen von nicht mit Adjektiven, etwa nicht öffentlich / nichtöffentlich oder nicht berufstätig / nichtberufstätig:

eine nicht öffentliche / nichtöffentliche Sitzung, nicht berufstätige / nichtberufstätige Menschen

Die Beleganalyse im Orthografischen Kernkorpus zeigt, dass sowohl die Getrennt- als auch die Zusammenschreibung in erheblicher Frequenz zu finden sind, aber auch die (bisher noch nicht explizit zugelassene) Schreibung mit Bindestrich. Eine eindeutige Entscheidung für Zusammen- oder Getrenntschreibung ist also offenbar nicht zu treffen; die Zusammen­schreibung geht aber seit 2010 deutlich zurück. Die Ergebnisse der Schreibbeobachtung zeigen im Gegenzug einen stetigen Anstieg der Schreibung mit Bindestrich von nicht in Verbindung mit öffentlich in attributiver Stellung; dies scheint sich als eine Art „Brückenlösung“ zu etab­lieren.

Die Rechtschreibung ist der einzige Bereich der deutschen Sprache, der amtlich normiert ist; ihre Regeln sind verbindlich für Schulen und Behörden. Das → Amtliche Regelwerk in seiner aktuellen Form wird vom → Rat für deutsche Rechtschreibung herausgegeben. Der Rat hat von den staatlichen Stellen der sieben Länder und Regionen mit Deutsch als Amtssprache den Auftrag erhalten, den Schreibgebrauch zu beobachten, Zweifelsfälle zu klären und aus der Schreibbeobachtung Konsequenzen für mögliche Anpassungen des Amtlichen Regelwerks zu ziehen. Ziel ist die Bewahrung der Einheitlichkeit der Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachraum.

Die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung erfolgt auf Basis der größten digitalen Textkorpora zur deutschen Gegenwartssprache durch empirische Analyse des Orthografischen Kernkorpus (OKK).

Spezifisches Fallbeispiel

Verbindungen von nicht mit Adjektiven waren bis zur Neufassung des Amtlichen Regelwerks 2024 in einem eigenen Paragrafen erfasst, der sowohl die Getrennt- als auch die Zusammenschreibung zuließ. Nicht erfasst war die Bindestrichschreibung, die aktuell mit 20% einen ansteigenden Teil der Belege ausmacht. Um diesen Schreibgebrauch auch bei der Regelformu­lierung angemessen zu berücksichtigen, wurde die Grundregel in § 36(2.3) erweitert, indem explizit auf den relevanten Paragrafen aus dem Bereich Schreibung mit Bindestrich (§ 45(1)) verwiesen wird.

Regelformulierung und Kodifizierung

Die Regelformulierung folgt in diesem orthografischen Zweifelsfall dem Schreibgebrauch, mit der Öffnung zur Varianz trägt das Regelwerk auch auf der relevant belegte Bindestrich­schreibung Rechnung. Bezieht sich nicht allerdings auf größere Einheiten als die entspre­chende Wortverbin­dung, etwa auf den gesamten Satz, ist es ausschließlich in Getrenntschreibung zulässig (vgl. § 45, E5).

§ 36: Substantive, Adjektive, Verben, Adverbien oder Wörter anderer Kategorien können als erster Bestandteil zusammen mit einem adjektivischen oder adjektivisch gebrauchten zweiten Bestandteil Zusammensetzungen bilden.

(2.3) Verbindungen von nicht mit Adjektiven:
eine nicht öffentliche / nichtöffentliche Sitzung, nicht operativ / nichtoperativ behandeln

Daneben ist nach § 45(1) auch die Schreibung mit Bindestrich möglich.

-> E5: Bezieht sich nicht auf größere Einheiten, wie etwa auf den ganzen Satz, so wird es getrennt vom Adjektiv geschrieben: Die Sitzung findet nicht öffentlich statt.