Exposé/Exposee: Varianz von fremdsprachiger und integrierter Schreibung bei Gallizismen

Fremdwörter folgen in der Schreibung häufig den Laut-Buchstaben-Zuordnungen der Gebersprache, die vielfach auch in der Aussprache vom Deutschen abweicht. Ihre Schreibung wird aber in einigen Fällen – und Ähnliches gilt für die Aussprache – je nach Häufigkeit und Art der Verwendung auch integriert, also dem Deutschen angeglichen. Dies gilt vor allem für etablierte Fremdwort-Entlehnungen bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Besonders in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts ist dann ein stetiger Rückgang integrierter Fremdwortschreibungen zu beobachten – insbesondere bei Entlehnungen aus dem Französischen, aber auch bei neu in die deutsche Sprache eingegangenen Anglizismen, Italianismen und Wörtern aus anderen modernen Fremdsprachen. Manche Fremdwörter werden sowohl in integrierter als auch in fremdsprachiger Schreibung verwendet – dies trifft vor allem auf Entlehnungen aus dem Griechischen und Lateinischen zu, häufig bei fachsprachlichen Begriffen.

Spezifisches Fallbeispiel: Phänomenbeschreibung

Wörter, die ursprünglich aus dem Französischen stammen (→ Gallizismen), waren vor der → Rechtschreibreform 1996 entweder ausschließlich in fremdsprachiger oder in integrierter Schreibung normiert und kodifiziert (Abbé, Exposé, Varieté, Chicorée, Dekolleté, Pappmaché, passé vs. Armee, Allee, Entree, Renommee, Resümee, Soiree). Ziel der Reform war es, die deutsche Rechtschreibung zu vereinfachen und bei Fremdwörtern bereits angebahnte Integrationstendenzen durch Systematisierungsbemühungen zu befördern. Dies hatte die forcierte Einführung u. a. der Varianz von é(e)/ee bei bisher nur in fremdsprachiger Form zugelassenen Schreibungen zur Folge, so auch im Fall von Exposé/Exposee. Das Ergebnis dieser Maßnahme zeigt sich paradigmatisch an einem Vergleich mit dem seit jeher nur in integrierter Form normgerechten Resümee.

Auch nach fast 30 Jahren normgerechter Varianz dominiert bei Exposé/Exposee die fremdsprachige Schreibung deutlich. Die integrierte Schreibweise hat mit einem Prozentsatz von rund 5% keine Relevanz, seit 2012 liegt sie deutlich unter 5%. Dies ist auch bei anderen Gallizismen mit dieser Laut-Buchstaben-Kombination der Fall.

Die Gründe für diesen Befund sind in der sprachhistorischen Entwicklung von Gallizismen zu finden. Während die Bildung von Fremdwörtern aus dem Lateinischen und Griechischen (→ Gräzismen/Latinismen) auch in der aktuellen deutschen Sprachentwicklung in Teilen noch sehr produktiv ist – gekennzeichnet durch ausgeglichene Varianz von fremdsprachiger und integrierter Schreibung –, ist der Versuch der systematischen Integration von → Gallizismen nicht erfolgreich. Dies gilt nicht nur für die Laut-Buchstaben-Gruppe é(e)/ee, sondern auch für ai/ä und ou/u. Die früher hoch produktiven Integrationsmuster bewirken aufgrund fehlender Wortschatzinnovation keine neuen Integrationsschreibungen mehr. Konsequenz ist der Nachvollzug dieser Entwicklung und die Kodifizierung entsprechend dem aktuellen Schreibgebrauch bei weiteren Fällen dieser Gruppe.

Die Rechtschreibung ist der einzige Bereich der deutschen Sprache, der amtlich normiert ist; ihre Regeln sind verbindlich für Schulen und Behörden. Das → Amtliche Regelwerk in seiner aktuellen Form wird vom → Rat für deutsche Rechtschreibung herausgegeben. Der Rat hat von den staatlichen Stellen der sieben Länder und Regionen mit Deutsch als Amtssprache den Auftrag erhalten, den Schreibgebrauch zu beobachten, Zweifelsfälle zu klären und aus der Schreibbeobachtung Konsequenzen für mögliche Anpassungen des Amtlichen Regelwerks zu ziehen. Ziel ist die Bewahrung der Einheitlichkeit der Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachraum.

Die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung erfolgt auf Basis der größten digitalen Textkorpora zur deutschen Gegenwartssprache durch empirische Analyse des Orthografischen Kernkorpus (OKK).

Spezifisches Fallbeispiel: Phänomenbeschreibung

Bei → Fremdwörtern ist eine eindeutige Normierung nicht immer leicht zu fixieren, das gilt schon für etablierte Fremdwörter mit langem Integrationsvorlauf. Hier sind vor allem die Gruppen mit den Laut-Buchstaben-Zuordnungen ai/ä, é(e)/ee und ou/u, bei Konsonantenverbindungen auch solche mit c/ss oder ch/sch interessant, also diejenigen, in denen 1996 integrierte Variantenschreibungen neu eingeführt wurden. Im Korpus wird geprüft, welche Varianten im Schreibgebrauch in welcher Frequenz vorhanden sind, und es erfolgt eine Analyse der Übereinstimmungen mit bzw. Abweichungen von der jeweiligen Normierung im Amtlichen Regelwerk.

Regelformulierung und Kodifizierung

Die Kodifizierung von Gallizismen im Amtlichen Regelwerk bildet den aktuellen Schreibgebrauch ab. Die Laut-Buchstaben-Zuordnung bei → Gallizismen hat in den verschiedenen Phasen der Schreibbeobachtung mehrere Anpassungen erfahren. Bereits am Ende der 1. Amtsperiode des Rats 2010 wurden einige nicht verwendete integrierte Varianten gestrichen, weitere nach der 2. Amtszeit 2016, zuletzt die im Schreibusus nicht oder kaum belegten Varianten der Fallgruppe von Exposé/Exposee im Jahr 2023. Im Wörterverzeichnis sind in diesen Fällen allein die fremdsprachigen Schreibungen aufgeführt. Die Regelformulierung von Fremdwort-Varianten wurde in § 20 im aktuellen Amtlichen Regelwerk entsprechend angepasst: