Cappuccino: Varianz LBZ bei Italianismen

Fremdwörter folgen in der Schreibung häufig den Laut-Buchstaben-Zuordnungen der Gebersprache, die vielfach auch in der Aussprache vom Deutschen abweicht. Ihre Schreibung wird aber in einigen Fällen – und Ähnliches gilt für die Aussprache – je nach Häufigkeit und Art der Verwendung auch integriert, also dem Deutschen angeglichen. Dies gilt vor allem für etablierte Fremdwort-Entlehnungen bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Besonders in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts ist dann ein stetiger Rückgang integrierter Fremdwortschreibungen zu beobachten – insbesondere bei Entlehnungen aus dem Französischen, aber auch bei neu in die deutsche Sprache eingegangenen Anglizismen, Italianismen und Wörtern aus anderen modernen Fremdsprachen. Manche Fremdwörter werden sowohl in integrierter als auch in fremdsprachiger Schreibung verwendet – dies trifft vor allem auf Entlehnungen aus dem Griechischen und Lateinischen zu, häufig bei fachsprachlichen Begriffen.

Spezifisches Fallbeispiel: Phänomenbeschreibung

Fremdwort-Neologismen befinden sich noch im Prozess der Integration in den deutschen Wortschatz. Im Bereich der Kulinar(ist)ik stellen Italianismen neben Entlehnungen aus dem Französischen einen nicht unbeträchtlichen Anteil an Fremdwort-Neologismen. Dabei weichen sie besonders in Schreibung und Aussprache von c/ch vs. k von nativen Wörtern ab. Im Gegensatz etwa zum Bereich der Anglizismen sind sowohl die Aussprache als auch (häufig damit einhergehend) die Schreibung italienischer Wörter allgemein weniger bekannt. Daraus ergeben sich Schwierigkeiten bei der Schreibung von Wörtern, die zwar frequent sind, aber seltener schriftlich realisiert werden.

Dies zeigt sich beispielhaft an Cappuccino mit cc für die Verschriftlichung des Lautes [tʃ]. Interessant ist hier der Vergleich mit Limoncello (mit nur einem c), des Weiteren die Gegenüberstellung mit Chianti und Latte macchiato oder Zucchini mit (c)ch als Beispiele für die Verschriftlichung des Lautes [k]

Ebenso wie die große Mehrzahl von neueren Anglizismen weisen auch Neologismen aus dem Italienischen keine Integrationsmerkmale auf. Dies zeigt sich schon am Beispiel des seit Langem etablierten Italianismus → Spaghetti. Die 1996 eingeführte integrierte Variante ohne h konnte sich weder im kulinarischen Fachwortschatz noch im Allgemeinwortschatz durchsetzen. Das Gesamtbild bestätigen andere, neuere Italianismen. In verschiedenen Korpora (auch Forumskorpora) sind zwar zum Teil etliche Fehlschreibungen zu beobachten, so auch bei Cappuccino, in der Regel werden aber so gut wie keine Integrationsschreibungen realisiert; die fremdsprachige Schreibung herrscht zumindest bei professionell Schreibenden eindeutig vor.

So liegt die normgerechte Schreibung im Orthografischen Kernkorpus bei fast 92%. In informelleren Kontexten (Google oder Forumskorpus chefkoch.de) zwischen 60% und 70%, daneben macht insbesondere die (nicht korrekte) Schreibung *Cappucino mit nur einem c für den Laut [tʃ] (wie sie aus Wörtern wie Cello, Cembalo, Aceto, Limoncello bekannt ist) immerhin annähernd ein Viertel der Belege aus, es erscheinen jedoch keine vollständig integrierten Formen.

Die Rechtschreibung ist der einzige Bereich der deutschen Sprache, der amtlich normiert ist; ihre Regeln sind verbindlich für Schulen und Behörden. Das → Amtliche Regelwerk in seiner aktuellen Form wird vom → Rat für deutsche Rechtschreibung herausgegeben. Der Rat hat von den staatlichen Stellen der sieben Länder und Regionen mit Deutsch als Amtssprache den Auftrag erhalten, den Schreibgebrauch zu beobachten, Zweifelsfälle zu klären und aus der Schreibbeobachtung Konsequenzen für mögliche Anpassungen des Amtlichen Regelwerks zu ziehen. Ziel ist die Bewahrung der Einheitlichkeit der Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachraum.

Die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung erfolgt auf Basis der größten digitalen Textkorpora zur deutschen Gegenwartssprache durch empirische Analyse des Orthografischen Kernkorpus (OKK).

Spezifisches Fallbeispiel: Phänomenbeschreibung

Bei → Fremdwörtern ist eine eindeutige Normierung nicht immer leicht zu fixieren, das gilt schon für etablierte Fremdwörter mit langem Integrationsvorlauf, noch mehr für Fremdwort-Neologismen. Diese befinden sich noch im Prozess der Integration in den deutschen Wortschatz, und sie sind noch nicht in Regelwerken und Wörterverzeichnissen kodifiziert. Im Übergang von der Geber- zur Nehmersprache zeichnen sie sich i. d. R. zunächst durch das Vorkommen mehrerer Schreibvarianten aus. Im Korpus wird geprüft, welche Varianten im Schreibgebrauch in welcher Frequenz vorhanden sind, und es erfolgt eine Analyse der Übereinstimmungen bzw. Abweichungen von der für ähnlich gelagerte Fälle im Deutschen fixierten jeweiligen Normierung im Amtlichen Regelwerk.

Die Integration von Italianismen in den deutschen Wortschatz begann verstärkt Mitte des 20. Jahrhunderts, wozu die Beliebtheit von Italien als Reiseland und die Begegnung mit der italienischen Küche beigetragen hat. Dies hat sich in den letzten 20 Jahren noch einmal deutlich verstärkt; die Sprachkenntnisse vor allem jüngerer Generationen sind durch den direkten Kontakt mit italienischer Kultur auch im eigenen Land zwar nicht wie im Englischen, so aber doch gegenüber früheren Jahrzehnten erkennbar gewachsen. Im Amtlichen Regelwerk und in Wörterbüchern ist dementsprechend in der Regel ausschließlich die fremdsprachige Schreibung verzeichnet.

Regelformulierung und Kodifizierung

Vor allem Fremdwort-Neologismen erfordern häufig eine Differenzierung und Flexibilisierung der Norm; im Bereich von Italianismen allerdings ist zu beobachten, dass die Schreibung der Ursprungssprache im Deutschen üblicherweise übernommen wird – auch wenn die Laut-Buchstaben-Beziehung (wie im Fall Cappuccino) andere Regularitäten aufweist. Daher sind in solchen Fällen Einzelnormierungen die Regel und es kommt zu Festlegungen, wie sie aus Regularitäten der Herkunftssprache bekannt sind.

§ 32: Über die bisher dargestellten Laut-Buchstaben-Zuordnungen hinaus treten in Fremdwörtern auch fremdsprachige Zuordnungen auf.