Fokussierungsbereiche

Beim Fokussieren wird jeweils eine Gewichtung vorgenommen, die zu einem je spezifischen Gegensatz zwischen Vordergrund und Hintergrund führt. Wir unterscheiden drei Fälle

  • Fokus auf rhematischen Gegenständen oder Sachverhalten
  • Fokus auf neuem Wissen
  • Fokus auf Modifikationen des Gewussten oder Erwarteten

Fokus auf rhematischen Gegenständen oder Sachverhalten

Ein Thema, über das fortlaufend geredet werden kann, bildet den Ankerpunkt, die Orientierungsbasis für neue Informationen im Diskurs. Die Relevanz des Themas besteht darin, dass es als konstantes Moment im Hintergrund präsent bleibt. Rhematisiert und in den Vordergrund gestellt werden kann neben einem neuen auch ein bekannter, aber im Diskurs noch nicht besprochener Gegenstand oder Sachverhalt. Der Äußerung läßt sich folgende Informationsstruktur zuordnen.

Beispiel



Fokus auf neuem Wissen

Relevant sind Informationsgehalte, die dem vorhandenen Wissen lokal oder global hinzuzufügen sind. Dazu gehören auch Bereiche, die durch Fragen als defizitär markiert wurden. Träger neuen Wissens werden hervorgehoben gegenüber Ausdrücken für Bekanntes oder Thematisches. Die neuen Wissenselemente können Thema werden oder auch nicht. Als Opposition ergibt sich das folgende Bild.

Beispiel


Im Vordergrund erscheinen jeweils die für die Hörer neuen, relevanten Wissensanteile. Thematische Elemente des Hintergrunds können dabei unter bestimmten Bedingungen - etwa bei paralleler syntaktischer Struktur - weggelassen werden. Der Hintergrund muss aber nicht immer sprachlich realisiert sein. Im folgenden Beispiel bleibt der Hintergrund leer, ein für Diskursanfänge oder spontane Mitteilungen von Neuigkeiten typischer Fall.

<<Unbekannte ter> <haben in der vergangenen Nacht einen Brandanschlag auf eine Gasverteilerstation in Schwandorf verübt>>.
(HR I Nachrichten, 19.1.1987, 6 Uhr, neu gesprochen)

Fokus auf Modifikationen des Gewussten oder Erwarteten

Relevant sind Informationsgehalte, die mit vorhandenem Wissen oder Erwartungen des Hörers kontrastieren und im Falle einer Übernahme dieser Informationsgehalte eine Umstrukturierung in seinem Wissens- und Erwartungsbereich nötig machen.

Beispiel



Wird in einem Erzählzusammenhang gesagt, dass jemand anruft, so erwartet der Hörer zunächst zu erfahren, was der Anrufer gesagt hat, bevor dann die Antwort mitgeteilt wird. Stattdessen geht der Erzähler direkt zu dem über, was er dem Anrufer in drastischer Weise gesagt hat und was für ihn der relevante Punkt ist. Zweifellos bilden derartige Erwartungs- oder Wissenskontraste ein weites, nicht generalisierbares Feld. Entscheidend ist die jeweilige Sprecherabsicht auf die Hörer.

Wenn der Vordergrund selbst strukturiert ist, wenn er also Elemente enthält, die aus unterschiedlichen Gründen, aber ohne weitere formale Differenzierungsmöglichkeit hervorgehoben werden, muss der Hörer herausfinden, welche Art von Wissensorganisation er vornehmen soll. Ist das Objekt bereits präsent, so spricht das für eine Modifizierung. Der Einsatz syntaktischer Mittel wie Platzierung im linken Außenfeld und freier Thematisierungsausdruck indiziert eine Vordergrundsetzung , während eine Platzierung im Vor- oder im Mittelfeld keine kontextfreie Entscheidung erlaubt.

linkes Außenfeld<Ne Freundin von mir> die hat das auch so gemacht.
Thematisierungsausdruck<Eine Freundin von mir> sie hat das auch so gemacht.
Vorfeld<Eine Freundin von mir> hat das auch so gemacht.
MittelfeldDas hat <eine Freundin von mir> auch so gemacht.

Strukturen wie die ersten beiden kann man dadurch erklären, dass mit ihnen Vordergrund-Ambiguitäten vermieden werden. Ihnen entspricht eine vorgeschaltete Informationsstruktur, die überschrieben wird. Fällen wie den letzten beiden kann man folgende Informationsstruktur zuordnen. Wir haben hier zwei Hervorhebungsdomänen, die funktional klar geschieden sind.

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Autor(en)
Klaus Vorderwülbecke
Bearbeiter
Elke Donalies
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