Neumotivierung

Zu den Wortbildungsarten im weiteren Sinne gehört neben dem Wortspiel die Neumotivierung.

Unter Neumotivierung wird in der Forschungsliteratur üblicherweise ein Vorgang verstanden, bei dem an die Ausdrucksseite eines etablierten Wortes angeknüpft und mit den semantischen Interpretationsmöglichkeiten der Ausdrucksseite dieses Wortes gespielt wird.

Wortbildnerisch neumotiviert sind etwa Entlehnungsvorgänge, bei denen die Ausdrucksseite des herkunftssprachlichen Wortes assoziativ in eine motivierende Eindeutschung einfließt: Hängematte aus haiitianisch hamaca 'Schlafnetz' oder Vielfraß aus norwegisch fjeldfrøss 'Bergkater'. Fleischer/ Barz 1995, 18 sprechen anschaulich von "Eindeutungen".

Ebenfalls zur wortbildenden Neumotivierung wird hier die sogenannte Pseudomotivierung gestellt.

Maulwurf
Sündflut
anberaumen

Diese Neumotivierungsprodukte sind etabliert. Die Neumotivierung wird aber auch häufig wortbildnerisch für witzige Gelegenheitsbildungen genutzt.

es ist nicht nur das Handwerk, es ist Kopfwerk, Augenwerk, Mundwerk, Fußwerk, das Werk des ganzen Körpers
(Frankfurter Allgemeine 1995, o. S.)

Abgrenzung zu ähnlichen Phänomenen

Als neumotiviert gelten auch Wörter, die in ihrer ursprünglichen Bedeutung neu belebt werden wie die Hoch-Zeit des Rock'n Roll zu lexikalisiertem Hochzeit 'Eheschließung, Fest der Eheschließung', das sich aus mhd. hôchzît 'hohe, festliche Zeit' entwickelt hat. Diese eher seltene Art der Neumotivierung wird auch Remotivierung (lat. re 'zurück') genannt, weil die Motivierung in einen ursprünglichen Zustand zurückführt. Solche Vorgänge sind rein semantischer Natur; verändert wird ausschließlich die Inhaltsseite. Insofern handelt es sich hier um Bedeutungsveränderungen, nicht um Wortbildung. Vgl. Wortbildung und andere Möglichkeiten der Wortschatzerweiterung.