Termini/Registertermini


Felderstruktur

Definition

Felderstruktur ist die Bezeichnung für die lineare Abfolge von Konstituenten im Satz. Die Felder (Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld) werden ausgehend von der linken und der rechten Satzklammer (Prädikat) bestimmt. In Nominalgruppen haben Artikel und Nomen auch eine klammerbildende Funktion.

Beispiele

VORFELD (VF)LINKE SATZKLAMMER (LSK)MITTELFELD (MF)RECHTE SATZKLAMMER (RSK)NACHFELD (NF)
1a.Annasiehtheute den neuen Film im Kino.
1b.Den neuen Filmhat/wollteIda heute im Kinosehen/gesehen.
1c.Wirhabenden Film schongesehen.
1d.Den neuen Filmwolltenwir heutesehen.
1e.Heutesehenwir im Kino den neuen Film.
1f.Glücklicherweisesehenwir heute den neuen Film.
2.WannwollteIda den neuen Film im Kinosehen?
3.Timsahden Kindernzu.
4.Erlachte.
5a.Esbelltendie Hunde an ihren Ketten.
5b.Eswurdedie ganze Nachtgetanzt.
6a.HeuteistTim früher als gesterngekommen.
6b.HeuteistTim frühergekommenals gestern.
6c.Timhatsich genau in der Gegendumgesehen.
6d.Timhatsich genauumgesehenin der Gegend.
7a.GehtIda ins Kino?
7b.Hat/WillIda heute den neuen Filmsehen/gesehen?
8a.Sehteuch den neuen Filman!
8b.um/ohne/(an)stattheute den neuen Filmzu sehen
9.Dassihr mir bitte vom neuen Filmerzählt!
10a.Wirsolltenheute rechtzeitig zum Kinogehen,wenn/weil wir den neuen Film sehen möchten.
um den neuen Film zu sehen.
10b.Wenn/Weil wir den neuen Film sehen möchten,
Um den neuen Film zu sehen,
solltenwir heute rechtzeitig zum Kinogehen.
11a.wenn/weilwir heute rechtzeitig zum Kinogehen
11b.umden neuen Film, der heute im Kino anläuft,sehen

Erläuterungen

Ausgehend von der Satzklammer, die aus einer linken Satzklammer (LSK) und einer rechten Satzklammer (RSK) besteht, werden die drei Felder Vorfeld (VF), Mittelfeld (MF) und Nachfeld (NF) unterschieden. Vor der LSK befindet sich das VF, das MF wird von der LSK und der RSK umklammert, und nach der RSK folgt das NF.

Im Hauptsatz wird die LSK durch das finite Verb (z. B. 1-7), die RSK beim mehrteiligen Prädikat durch die infiniten Prädikatteile (z. B. 5-6) oder bei Partikelverben durch die Verbpartikel (z. B. 3) besetzt. Ohne mehrteiliges Prädikat oder Partikelverb bleibt in Hauptsätzen die RSK leer (z. B. 4).

Für das VF gilt die Beschränkung auf nur eine Konstituente. Diese kann jedoch beliebig komplex sein (vgl. 10b). Im VF können auch Ausdrücke stehen, die zwar eine Konstituente bilden, aber kein eigenständiges Satzglied sind (z. B. es in 5a-5b, siehe auch Platzhalter). Das Nachfeld kann u. a. durch Ausdrücke des Vergleichens (6b) oder bestimmte Präpositionalgruppen besetzt werden (6d). Diese Ausdrücke können auch im Mittelfeld stehen (6a, 6c). Die Wahl zwischen den beiden Stellungsmöglichkeiten ist von der Informationsgliederung abhängig (vgl. 6a vs. 6b). Auch Nachträge oder „Reparaturen" können mit der Nachstellung vorgenommen werden.

Es sind nicht immer beide Satzklammern und alle Felder besetzt (vgl. Verbstellungstyp). Aussagesätze und Ergänzungsfragesätze weisen typischerweise Verbzweitstellung auf (Aussagesätze: 1, 3-6, 10; Ergänzungsfragesätze: 2), vgl. jedoch die Hinweise im Eintrag Verbstellung zu Aussagen mit unbesetztem Vorfeld und Verberststellung. Entscheidungsfragen (7) und Aufforderungssätze (8a) weisen typischerweise Verberststellung auf, auch wenn manche Aufforderungen ebenfalls Verbletztstellung (9) zeigen. Im Nebensatz wird die LSK durch satzeinleitende Ausdrücke (wie Subjunktionen in 11) besetzt und das Prädikat steht in der RSK. Alle Felder können generell durch (Satz-)Konstituenten bzw. Satzglieder besetzt werden. In Beispielgruppe (10) gliedern sich die untergeordneten Teilsätze (Nebensätze) in die lineare Struktur des übergeordneten Satzes ein. Im Vor- und Nachfeld treten vor allem Adverbial-, Subjekt- und Objektsätze auf (Adverbial, Subjekt, Objekt). Attributsätze (Attribut) können in Abhängigkeit zu ihrem Bezugselement in allen drei Feldern stehen.

In Nominalgruppen bilden Artikel und Nomen eine Klammerstruktur (= Nominalklammer). Attributive Adjektive und Adjektivgruppen stehen gewöhnlich zwischen den Klammerteilen, also in einer Art Mittelfeld. Die übrigen Attribute stehen nach der rechten Nominalklammer, also in einer Art Nachfeld:

LINKE NOMINALKLAMMERRECHTE NOMINALKLAMMER
12a.diefreundlichenNachbarnvon gegenüber
12b.das19 Grad warmeWasserdes Pools
12c.dieseaus Südamerika stammendeFruchtauf dem Eisbecher

Grammatische Proben

-

Alternative und verwandte Fachausdrücke

‚Feldermodell‘, ‚Topologisches Feldermodell‘, ‚Toplogische Felder‘

Hinweise

Weiterführendes:

Hier wird ein enger Prädikatsbegriff (Prädikat) verfolgt: alle Bestandteile der rechten Satzklammer (RSK) sind als Teile des Verbalkomplexes formal und funktional aufeinander abgestimmte Verbformen. Entsprechend werden Konstruktionen mit Prädikativ und Funktionsverbgefügen wie in (14) und (15) analysiert: Nicht-verbale Bestandteile der jeweiligen Konstruktionen werden im Mittelfeld platziert (Weltmeister in 14, die Radieschen von unten in 15). Manche anderen Grammatiken hingegen legen einen weiteren Prädikatbegriff an und platzieren die nicht-verbalen Bestandteile innerhalb der RSK.

VORFELD (VF)LINKE SATZKLAMMER (LSK)MITTELFELD (MF)RECHTE SATZKLAMMER (RSK)NACHFELD (NF)
13.Wertrocknetheuteab?
14.Wirsind2014 Weltmeistergeworden.
15.weilirgendwann jeder mal die Radieschen von untenbetrachtet

Andere Sprachen:

Nur wenige Sprachen zeigen eine vergleichbare Abfolge von Konstituenten im Satz wie das Deutsche. Der Zugang über die lineare Satzstruktur ist dennoch nicht auf die Beschreibung der deutschen Grammatik beschränkt, auch wenn andere Traditionen sich dem Satz z. B. über die Funktion (Französisch) oder den Informationsgehalt (Russisch) nähern. Sprachen mit einer gewissen Art von Satzklammer sind Niederländisch, einige skandinavische Sprachen und einige slawische Sprachen. Bei Sprachen wie dem Englischen, Französischen, Spanischen und Türkischen zeigen sich zum Deutschen vergleichbare Wortstellungen bei Nebensätzen. Es zeigt sich bei diesen Sprachen jedoch im Unterschied zum Deutschen, dass die Abfolge der verbalen Konstituenten in Haupt- und Nebensätzen gleichbleibend ist, vgl. je Bsp. (16-18). So etwas wie eine „Klammer“ im Deutschen lässt sich bei Ergänzungsfragesätzen u. a. im Englischen (16c) erkennen. In Sprachen wie dem Türkischen folgen die Verben allen anderen Satzgliedern, vergleichbar mit der im deutschen Nebensatz typischen Verbletztstellung (20).

SUBJUNKTION oder FINITES VERBPRÄDIKAT(TEILE)
16a.Engl.thatJohnhas boughtseveral books
16b.Engl.Today Johnhas boughtseveral books.
16c.Engl.WhathasJohnboughttoday?
17a.Franz.queJeana achetéle livre
17b.Franz.Hier Jacquesa achetéle livre.
18a.Span.que(Juan)ha compradoel libro.
18b.Span.Ayer (Juan)ha compradoel libro.
19a.Dt.dassJohann das Buchgekauft hat
19b.Dt.Johannhatdas Buchgekauft.
20.Türk.Hasan kitab-i
'Hasan ein Buch
oku-du.
las'

Die Betrachtung der Satzstruktur mithilfe des Feldermodells wird in das Verzeichnis grammatischer Fachausdrücke aufgenommen, weil durch dieses wichtige syntaktische Merkmale des Deutschen – die Verbzweitstellung und damit die Position des finiten Verbs sowie die Satzklammer – visualisiert werden können. Auf der Grundlage minimaler grammatischer Kenntnisse – wichtigste Voraussetzung ist das Erkennen des Prädikats verteilt auf linke Satzklammer (LSK) und rechte Satzklammer (RSK) – ist das Modell leicht zugänglich. Die Felderstruktur ist nicht nur beschränkt auf die syntaktische Wortstellungsanalyse, sondern bietet gleichzeitig auch Auffindungsprozeduren für Satzglieder, Wortgruppen, das Prädikat, satzverknüpfende Einheiten und Satzgrenzen an. Damit ist die Felderstruktur als Modell auch anschlussfähig an den traditionellen schulgrammatischen Bereich der Satzgliedanalyse.

Weiterführend können die Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit der Felderstruktur für unterschiedliche Lernbereiche und Lerngegenstände genutzt werden wie z. B. Textproduktion und Textrezeption (Leseverständnis), thematische Gliederung und Informationsgewichtung, Interpunktion, satzinterne Großschreibung mit der Nominalklammer (12), Entwicklung von Sprachbewusstheit und Sprachvergleiche (innere und äußere Mehrsprachigkeit) durch den Vergleich der Wortstellungsunterschiede.

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