Abtönungspartikeln als Supplemente

andere Bezeichnungen:

Modalpartikel, Einstellungspartikel, illokutive Partikel, Intensitätspartikel (polnisch: partykuły, modulanty, operatory u. a.)

Bestand:

aber, auch, bloß, bloß, denn, denn, doch, doch, eben, eh, eigentlich, eigentlich, einfach, etwa, fei, halt, ja, ja, mal, man, nicht, nur, ruhig, ruhig, schon, schon, überhaupt, überhaupt, vielleicht, wohl, wohl. (rot = betont)

fei (Das war fei lustig.) und man (Lass man den Erich machen.) sind regional begrenzt. Einige Abtönungspartikeln haben - wie aus der Liste oben ersichtlich - betonte Homographen, die aber eigenständige Mitglieder dieser Partikelsubklasse sind. Eh kommt nur betont vor.

Neben den Satzadverbialia und den Verbgruppenadverbialia können Abtönungspartikeln als Supplemente auftreten.

Abtönungspartikeln können nur als Supplemente und nicht als Komplemente fungieren. Als Supplemente sind sie für die Bildung eines korrekten Satzes nicht notwendig. Wie alle Partikeln bilden auch die Abtönungspartikeln keine Phrasen. Sie können - im Gegensatz zu den Adverbialia - nicht allein im Vorfeld stehen und sind nicht erfragbar.

Einige Abtönungspartikeln haben Homonyme in anderen Wortklassen, aus denen sie sich entwickelt haben. Z. B.: Konjunktoren (aber, denn), Gradpartikeln (nur, schon), Adverbien (vielleicht) oder Adjektive (einfach, ruhig). Die Abtönungspartikeln haben beim Wortartenwechsel aber die "ursprüngliche" Bedeutung weitgehend verloren und ihre Bedeutung ist abgeschwächt oder verblasst.

Die Abtönungspartikeln bilden keine Phrasen. Möglich sind allerdings Kombinationen von verschiedenen Abtönungspartikeln:
Du hast doch wohl nicht etwa Angst?

Tonbeispiel

Abtönungspartikeln werden häufiger in der gesprochenen als in der geschriebenen Sprache verwendet. Bei einer Befragung von 82 Muttersprachlern empfand die überwiegende Mehrheit Dialog A als "natürlich, warm, flüssig, freundlich", Dialog B hingegen als "abweisend, hölzern, kontaktschwach". Da die beiden Dialoge bis auf die Abtönungspartikeln identisch sind, scheint die unterschiedliche Einschätzung auf diese 'unscheinbaren' Wörter zurückzuführen sein. Aus Weydt u.a., 1983: 11.

Dialog A:
Dialog B:

Da die Abtönungspartikeln

  • weniger den objektiven Sachverhalt einer Information und mehr den Absender dieser Information charakterisieren und daher meistens bestimmte Emotionen zum Ausdruck bringen
  • und deswegen eher für die gesprochene Alltagssprache typisch sind
  • und ihre Kommunikativität relativ stark von mehreren lautlichen Eigenschaften wie Satzintonation und -rhythmus, Lautstärke, Sprechtempo sowie nicht selten von verschiedenen außersprachlichen Faktoren abhängt,

ist eine systematisierte Äquivalenz aller deutschen Abtönungspartikeln im Polnischen (und umgekehrt) kaum zu erwarten. Trotzdem werden von polnischen Abtönungspartikeln dieselben kommunikativen Zwecke wie von den deutschen realisiert.

Beispiele:

Małysz chyba nie wygra.
Tylko przyjdź punktualnie.
Bodaj by cię szlag trafił!

Wie im Deutschen sind auch die polnischen Abtönungspartikeln untereinander kombinierbar, z. B.:

No przecież chyba właśnie dałem mu to wyraźnie do zrozumienia.

Bei einigen polnischen Abtönungspartikeln kommen die enklitischen Suffixe vor, z. B.:

No cóż! Znowu się nie udało.

Bei einigen polnischen Abtönungspartikeln kommen dagegen die Personalflexeme als Suffixe vor, z. B.:

Jacuś! Aleś wyrósł!

Trotz allgemeiner Überzeugung, dass Polnisch eine Sprache ist, die über besonders viele und besonders oft verwendete Schimpfwörter verfügt, werden verschiedenartige Schimpfwörter – die zu den Abtönungspartikeln ohnehin gezählt werden dürfen – im Deutschen und im Polnischen funktionell weitgehend ähnlich gebraucht, vgl. z. B. folgende Aussagen:

Gdzie jest kurwa mój klucz. vs. Wo hast du verdammt noch mal meine Schlüssel versteckt.

Mit folgendem Test können Abtönungspartikeln von den beiden anderen Supplementtypen Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia unterschieden werden:

Test für Abtönungspartikeln
Wenn die Paraphrase eines Aussagesatzes mit einem Ausdruck a mit 'Es ist / war der Fall, dass ...' wie in den folgenden Beispielen nicht möglich ist, handelt es sich bei dem Ausdruck a um eine Abtönungspartikel.

Wenn die Paraphrase nicht möglich ist, handelt es sich beim Ausdruck um eine Abtönungspartikel.

Beispiele für eine Abtönungspartikel:

Es regnet ja.
* 'Es ist der Fall, dass es ja regnet.'

Er ist doch gekommen.
* 'Es ist der Fall, dass er doch gekommen ist!'

Wenn die Paraphrase möglich ist, handelt es sich um einen Satz mit Satzadverbiale oder mit Verbgruppenadverbiale.

Beispiel für ein Satzadverbiale:

Es regnet heute.
'Es ist der Fall, dass es heute regnet.'

Beispiel für ein Verbgruppenadverbiale:

Es regnet in Strömen.
'Es ist der Fall, dass es in Strömen regnet.'

Abtönungspartikeln dienen dem Ausdruck von Erwartungen und Einstellungen der Sprecher. Sie unterstützen die Einordnung der Äußerungen in den jeweiligen Handlungszusammenhang. Damit verbunden ist oft eine bestimmte Abtönung oder Einfärbung der betreffenden Äußerung z. B. als Abschwächung einer Aufforderung durch doch und mal :

Kommen Sie doch mal wieder!

oder als Ausdruck des Erstaunens in Ausrufen durch (das unbetonte) ja :

Das ist ja unglaublich!

Die abtönende Wirkung kann aber auch eine Verstärkung sein, z. B. bei einer Warnung oder Drohung mit (dem betonten) ja:

Mach das ja nicht noch einmal!

Wie Satzadverbialia beziehen sich auch Abtönungspartikeln auf den ganzen Satz. Besonders modale Satzadverbialia sind in ihrer Funktion den Abtönungspartikeln ähnlich:

Das ist wohl ein Irrtum. (= Abtönungspartikel)
Das ist wahrscheinlich ein Irrtum. (= Satzadverbiale)

Literatur: Harald Weydt, Maria Thurmair, Armin Burkhardt
Dem polnischen Leser ist eine Monographie, die u. a. auch das Problem der Abtönungspartikeln thematisiert besonders zu empfehlen: Maciej Grochowski.

Übung: Abtönungspartikeln

Übung: Aussagen zu Abtönungspartikeln

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