Flexionsklassen der Nomina

Die Einteilung eines Nomens in eine Flexionsklasse (Deklinationsklasse) ist genusgesteuert und erfolgt im Deutschen in Abhängigkeit seines Numerus- und Kasusflexionstyps. Das entscheidende Kriterium ist hierbei die Numerusflexion, da sie die Kasusflexion determiniert.

Für die Klassifizierung der Feminina ist nur die Numerusflexion, d. h. die Wahl der verschiedenen Pluralmarker relevant, die Kasusflexion hingegen ist hier nicht entscheidend. Die einzige Kasusmarkierung bei Feminina, die im Singular keine Kasusmarker erhalten, betrifft nur den Dativ im Plural, dessen Marker -n in allen drei Genera immer steht, wenn es unter Berücksichtigung phonologischer Kriterien möglich ist. Für alle Nicht-Feminina und Eigennamen spielt aber neben der Numerus- auch die Kasusflexion für die Flexionsklasseneinteilung eine Rolle, da bei ihnen auch im Singular Kasusmarkierungen mit unterschiedlichen Markern vorgenommen werden.

Zur Bestimmung des Kasusflexionstyps dient der Genitiv Singular, dessen Formenbildung am differenziertesten ist. Flexionsklassenabhängig kann der Genitiv Singular durch folgende Kasusmarker bzw. Endungslosigkeit gekennzeichnet werden: -; -(e)s; -s; -(e)n; -(e)ns. Zur Bestimmung des Numerusflexionstyps dient die Form des Nominativ Plural, der mit Hilfe der Pluralmarker -(e), -(e)n, "-(e), "-er, -s gekennzeichnet wird.

Kennt man den Genitiv Singular und den Nominativ Plural eines Nomens, kann seine Zugehörigkeit zu einer Flexionsklasse ermittelt werden. Die im Deutschen realisierten Kombinationen aus Kasus- und Pluralmarkern stehen in Abhängigkeit mit der Kategorisierung Genus. In der folgenden Tabelle werden die Typen der Kasusflexion (Zeilen) mit den Pluraltypen (Spalten) gekreuzt. Zählt man die Flexion der Eigennamen, für die besondere Regeln gelten, und die kleine Übergangsklasse des Typs -(e)ns/-(e)n (Mischtyp) hinzu, erhält man von den möglichen Kombinationen elf, die im Deutschen realisiert sind. Sie stellen die Flexionsklassen der Nomina dar und lassen sich nach Genusabhängigkeit ordnen:

Flexionsklassen der Nomina

Die Bezeichnungen starke, schwache und gemischte Flexion orientieren sich an der Tradition, die Flexionsendungen auf -(e)n als schwach zu bezeichnen. Dementsprechend wird die Flexionsklasse mit schwachen Endungen in der Kasusflexion (Singular) und bei der Pluralbildung "schwach" genannt (schwache Maskulina). Flexionsklassen mit starken Endungen oder Endungslosigkeit werden "stark" genannt. Flexionsklassen, die in der Kasusflexion (Singular) stark und bei der Pluralbildung schwach flektieren, werden "gemischt" genannt. Mit Ausnahme der schwachen Flexionsklasse, die nur Maskulina umfasst, lassen die Bezeichnungen schwach, stark und gemischt aber keine Rückschlüsse auf das Genus zu, das wesentlich die Klassifizierung der nominalen Flexion des Deutschen stützt. Der praktische Wert der traditionellen Bezeichnungen ist damit eher gering.

Als Hauptklassen lassen sich diejenigen Flexionsklassen bezeichnen, zu denen die meisten Feminina oder Maskulina/Neutra gehören. Alle anderen genusabhängigen Flexionsklassen besitzen eine markierte Pluralbildung und stellen Nebenklassen dar. In der Flexionsklassenzugehörigkeit spiegeln sich die Markiertheitsverhältnisse in der Nominalflexion wider. Die Hauptklassen zeichnen sich durch eine einfache, genusabhängige Pluralbildung (kein Umlaut, kein s-Plural) und Kasusflexion (keine bzw. s-Kasusflexion) aus. Feminina besitzen im Singular keine Kasusmarker und bilden den Plural am häufigsten mit -(e)n. Die meisten Maskulina/Neutra bilden den Plural mit -(e) und den Genitiv Singular mit -(e)s. Deutlich weniger Nomina lassen sich den Nebenklassen zuordnen, sie haben eine markierte Numerusflexion mit anderen Pluralmarkern und teilweise eine markierte Kasusflexion.

Die Hauptklassen der Nomina:
Feminina: -/-(e)n, z. B. Frau/Frauen.
Maskulina/Neutra: -(e)s/-(e), z. B. Tages/Tage.

Die Flexionsklassen im Einzelnen

Nach den Kombinationen aus Genitiv- und Pluralmarkern lassen sich insgesamt elf Flexionsklassen (Haupt- und Nebenklassen) der Nomina unterscheiden.

Es gibt drei Flexionsklassen für Feminina:

  • Hauptklasse -/-(e)n mit unmarkierter Pluralbildung (z. B. Zungen).
  • Nebenklasse -/"-(e) mit markierter Pluralbildung (Kräfte, ohne Schwa: Mütter).
  • Nebenklasse -/-s für phonologisch markierte Stammformen (Kameras).

Die Flexionsklassen für Nicht-Feminina, die sich durch Kasusflexion im Singular auszeichnen, sind zahlreicher:

  • Hauptklasse -(e)s/-(e) für Maskulina und Neutra mit unmarkierter Pluralbildung (Hunde). Zu dieser Klasse können formal auch die Nomina ohne Pluralmarker wie z. B. Wagen, Lehrer, Esel, Bildungen mit Ge-...-e (Gebirge) etc. gezählt werden, die aus phonologischen Gründen kein -e oder andere Pluralmarker erhalten. Bei Nomina ohne Pluralmarker handelt es sich im Gegensatz zu den Pluralen mit Schwa (-e) um markierte Bildungen, da der Plural im Normalfall sonst immer gekennzeichnet wird.
  • Nebenklasse -(e)s/-(e)n mit markierter Pluralbildung (Staaten).
  • Nebenklasse -(e)ns/-(e)n mit markierter Genitiv- und Pluralbildung, der bis auf das Neutrum Herz nur Maskulina angehören. Sie bildet eine Übergangsklasse zwischen der Nebenklasse der (sog. schwachen) Maskulina auf -(e)n/-(e)n und der Hauptklasse (z. B. Funken; Details siehe unten).
  • Nebenklasse -(e)s/"-(e) mit markierter Pluralbildung, zu der mit Ausnahmen der Neutra Floß, Kloster, Wasser nur Maskulina zählen (Wölfe, ohne Schwa: Äpfel).
  • Nebenklasse -(e)s/"-er mit markierter Pluralbildung (Ämter, nicht umlautfähig: Kinder).
  • Nebenklasse -s/-s für phonologisch markierte Stammformen (Autos).
  • Nebenklasse -(e)n/-(e)n mit markierter Genitiv- und Pluralbildung, zu der nur (die sog. schwachen) Maskulina zählen. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Personenbezeichnungen (z. B. Bote, Held, Demonstrant) und höhere Tiere (Affe, Bär, Löwe, Hase), das heißt die Flexionsklasse ist durch das semantische Merkmal der Belebtheit charakterisiert (vgl. Zifonun: 2007). Belebte Maskulina auf -e im Nominativ Singular (z. B. Hase) gehören immer dieser Nebenklasse an. Dies gilt ebenfalls für die meisten belebten Maskulina mit dem Pluralmarker -(e)n (z. B. Prinz, Bär), Ausnahmen bilden hier bestimmte Maskulina auf unbetontes -er, z. B. Vetter sowie alle auf unbetontes -or, z. B. Autor gehören zur Nebenklasse -(e)s/-(e)n .

Die Flexionsklasse der sog. schwachen Maskulina umfasst, gemäß der oben formulierten Regel in Bezug auf Belebtheit, Wortausgänge und Pluralbildung, zahlreiche Personenbezeichnungen mit charakteristischen Wortbildungssuffixen, z. B.:

Doktorand, Informant, Student, Anarchist, Sarkast, Kandidat, Prophet, Bandit, Idiot, Astronom, Psychologe, Pädagoge

Die Wortbildungssuffixe machen diese Flexionsklasse trotz ihrer Markiertheit zu einer produktiven Klasse.

Eigennamen, die grundsätzlich definit sind und keiner näheren Bestimmung durch Artikel bedürfen, folgen genusunabhängig der gesonderten Flexionsklasse -s/—. Artikellose Eigennamen bilden unabhängig vom Genus und von phonologischen Kriterien einen eigenen Kasusflexionstyp mit dem Marker -s. Eigennamen bezeichnen bestimmte Individuen und kommen nur im Singular vor. Die Verwendung im Plural geht mit einer semantischen Umdeutung als Gattungsname (mit Artikelgebrauch) einher und ist mit einem syntaktisch motivierten Flexionsklassenwechsel verbunden.

Tabellarischer Überblick über die deutschen Flexionsklassen der Nomina:

KlasseGenitiv
Singular
Nominativ
Plural
Beispiele
Hauptklasse--(e)nFrau – Frauen, Katze – Katzen
FemininaNebenklasse- "-(e)Hand – Hände, Mutter – Mütter
Nebenklasse- -sOma – Omas
Hauptklasse-(e)s-(e)Tag – Tage, Jahr – Jahre, Wagen – Wagen, Gewebe – Gewebe
Nebenklasse-(e)s-(e)nStaat – Staaten, Bett – Betten, Muskel – Muskeln
Maskulina Nebenklasse-(e)ns-(e)nFunke – Funken, Herz – Herzen
und NeutraNebenklasse-(e)s"-(e)Wolf – Wölfe, Floß – Flöße, Apfel – Äpfel
Nebenklasse-(e)s"-erMann – Männer, Amt – Ämter, Kind – Kinder
Nebenklasse-s-sOpa – Opas, Auto – Autos
MaskulinaNebenklasse-(e)n-(e)n Bär – Bären, Junge – Jungen
genusunabhängigEigennamendeklination-sAnna, Paul

Flexionsklassenwechsel

Semantisch motiviert

Semantisch motivierte Flexionsklassenwechsel lassen sich bei den sog. schwachen Maskulina beobachten und sind auf das semantische Merkmal der Belebtheit zurückzuführen. Nicht-belebte Nomina dieser markierten Flexionsklasse weisen eine Tendenz zum Wechsel in die unmarkierte Flexionsklasse für Maskulina/Neutra auf. Zu diesen Nomina gehören z.B. Funke, Gedanke, Wille und Friede.

Die Staatsanwaltschaft in Ansbach rechnet eigenen Angaben zufolge nicht damit, die genaue Quelle des Funkens noch ermitteln zu können, weil die Bäckerei bei der Explosion völlig zerstört wurde. [dpa, 02.10.2006]

Ein solcher Flexionsklassenwechsel dient dem Markiertheitsabbau und stabilisiert die semantischen Zuordnung des Merkmals "belebt" zur Nebenklasse -(e)n/-(e)n, wobei die Nebenklasse -(e)ns/-(e)n hierbei (vgl. Kasusflexion: Abschnitt Mischtyp mit Genitiv auf -(e)ns) als Übergangsklasse dienen kann. Am Ende des Prozesses steht eine auf -n endenden Form des Nominativ Singular, dessen -n dem Stamm zugerechnet wird, an den dann regulär ein Genitiv-s angehängt werden kann. Entsprechende Nomina flektieren in Folge wie solche der Hauptklasse -(e)s/-(e), wobei das Schwa als Pluralmarker aufgrund des auf n auslautenden Stammes nicht realisiert wird (vgl. Wagen).

Nebenklasse -(e)n/-(e)n
(markiert)
Nebenklasse -(e)ns/-(e)n
(markiert)
Hauptklasse -(e)s/-(e)
(unmarkiert)
Nom.Sg.der Funkeder Funkeder Funken
Gen.Sg.des Funkendes Funkensdes Funkens
Nom.Pl.die Funkendie Funkendie Funken_

Der Wandel vollzieht sich bei Beispielen wie Magnet oder Planet im Singular nicht durch Integration von -n in den Stamm, sondern durch Endungslosigkeit in Nominativ, Akkusativ und Dativ (standardsprachlich teilweise anerkannt):

Nebenklasse -(e)n/-(e)n(markiert)Hauptklasse -(e)s/-(e)(unmarkiert)
Nom.Sg.der Magnetder Magnet
Akk.Sg.den Magnetenden Magnet_
Dat.Sg.dem Magnetendem Magnet_
Gen.Sg.des Magnetendes Magnets
Nom.Pl.die Magnetendie Magnete

Umgekehrt werden auch Nomina, die Lebewesen bezeichnen, aus anderen Flexionsklassen in die Nebenklasse -(e)n/-(e)n integriert (standardsprachlich nur selten akzeptiert), z. B.:

Denn die Freude des Autoren bei der Lesung ist ansteckend. [Mannheimer Morgen, 10.10.2005]

Nebenklasse -(e)s/-(e)n(markiert)Nebenklasse -(e)n/-(e)n(markiert)
Nom.Sg.der Autorder Autor
Gen.Sg.des Autorsdes Autoren
Nom.Pl.die Autorendie Autoren

Syntaktisch motiviert

Artikellose Eigennamen (Eigennamendeklination -s/—) wechseln die Flexionsklasse, wenn sie mit Artikel verwendet werden. Anders als bei den obigen Beispielen ist der Wechsel also primär syntaktisch und nicht semantisch motiviert. Formal wird der Wechsel durchgängig nur bei Feminina sichtbar, da diese dann den Genitiv Singular am Nomen selbst (z. B. Annas Haare) nicht mehr markieren, z. B.:

Die blonden Haare der vierjährigen Anna sind auf dem Kopf zusammengesteckt. [Mannheimer Morgen, 22.02.2003]

Tritt zu sonst artikellos verwendeten Eigennamen, die ja einem eigenen Kasusflexionstyp angehören, ein Artikel hinzu, flektieren sie wie die unmarkierten Kasusflexionstypen (keine Kasusmarker / s-Kasusflexion), d. h. genusabhängig nach den Nebenklassen für phonologisch markierte Stammformen -/-s (Feminina) oder -s/-s (Maskulina und Neutra). Die Kasusflexion wird bei letzteren jedoch oft unterlassen (siehe Wegfall der Genitivmarker -(e)s bzw. -s), z. B.:

Die Etrusker lebten zwischen dem neunten und dem vierten Jahrhundert vor Christus in Teilen des heutigen Italiens. [Frankfurter Allgemeine, 28.03.2003]

Bevor es um das geplante Mediengesetz Silvio Berlusconis geht, ist eine kleine Einführung in die politischen Grundlagen des heutigen Italien nötig. [Die Zeit (Online-Ausgabe), 27.11.2003]

Eigennamendeklination -s/—Nebenklasse -s/-sBeispiele:
Nom.Sg.Deutschlanddas (heutige) Deutschland
Gen.Sg.Deutschlandsdes (heutigen) Deutschland(s)Damals lagen weite Teile des heutigen Deutschland unter Wasser. [die tageszeitung, 09.06.2006]
Nom.Pl.-die (beiden) DeutschlandsSusanne Fritsche war zehn Jahre alt, als die Mauer zwischen den beiden Deutschlands fiel. [Berliner Zeitung, 13.03.2004]
Nebenklasse -/-s
Nom.Sg.Annadie Anna
Gen.Sg.Annasder AnnaDie blonden Haare der vierjährigen Anna sind auf dem Kopf zusammengesteckt. [Mannheimer Morgen, 22.02.2003]
Nom.Pl.(Annas)die AnnasGroßeltern treten auf, Schauspieler reichlich, [...] und natürlich die Annas, Livias, Alicen, Judiths, diese ewig Anziehenden und sich immer wieder Entziehenden. [Die Zeit, 23.04.1998]

Anmerkungen zu den Flexionsklassen im Italienischen

Zur Bestimmung der Flexionsklassen im Italienischen trägt sowohl die Relation zum Genus als auch zur Singular- und Pluralendung bei.
Da sich die Nominalflexion aufgrund der Kasuslosigkeit mit der Numerusflexion deckt und da die italienischen Nomina im Singular nicht aus der Grundform, sondern aus der Stammform + meistens genusbestimmendem vokalischem Suffix bestehen, kann die italienische Nominal- bzw. Numerusflexion weitgehend als genusabhängig gelten.
Für das heutige Standarditalienisch wird im Allgemeinen die Einteilung in sechs Flexionsklassen akzeptiert (vg. zuletzt D'Achille 22006), zu denen, jeweils mit unterschiedlichem Bestand, die Nomina beider Genera gehören (vgl. dazu auch Numerusflexion).



KlasseEndung
Sg. > Pl.
Beispiel
1-o > -i
il lavoro > i lavori

2-a > -e
la rosa > le rose

3-e > -i
il pesce > i pesci
la luce > le luci

4-a > -i
il poeta > i poeti


5-o > -a
il ginocchio > le ginocchia
l'uovo > le uova


6
Plural unverändert:
- Nomina auf betontem Vokal
- einsilbige Nomina
- einzelne Nomina auf -a
-Nachnamen
-Gräzismen auf -i
-Kurzwörter auf -o
-Buchstaben
-Fremdwörter



la città > le città, il caffè > i caffè
il re > i re, il blu > i blu, il do > i do
il boia > i boia, i panda > i panda
il Croce > i Croce
la tesi > le tesi, la crisi > le crisi
la moto > le moto, la foto > le foto
la zeta > le zeta, la esse > le esse
il film > i film, la hall > le hall



Gegenüber dem System der altitalienischen Nominalflexion ist diachron eine starke Vereinfachungstendenz zu beobachten, die den progressiven Schwund vieler Ausnahmen zugunsten der Flexionsklassenuniformität bewirkt hat. Als Belege dieser Entwicklung stehen sowohl längst vollzogene Änderungen als auch solche, die noch im Laufe sind.

So wechselten maskuline Latinismen griechischen Ursprungs auf -a, die mit ihrem ursprünglichen Plural auf -e eine Genusvariante der Klasse 2 (heute nur noch aus Feminina bestehend) darstellten und die in der obigen Einteilung die Klasse 4 bilden, ziemlich früh zum Plural auf -i über. Damit passten sie sich der Pluralendung der meisten Maskulina (Klasse 1) an. Die folgenden Beispiele veranschaulichen diesen Übergang über die Pluralform, die bis zum Ausgang des Mittelalters gängig war:

il poeta > i poete (altit.) > i poeti;
il profeta > i profete (altit.) > i profeti;
il patriarca > i patriarche (altit.) > i patriarchi.

Zur erwähnten Klasse 4 (-a > -i), die heute bis auf spärliche Ausnahmen (l'ala > le ali; l'arma > le armi) maskulinen Bestand hat, zählten bis zum 14. Jahrhundert einzelne Feminina wie la loda > le lodi; la porta > le porti. Von beiden Nomina, die heute resp. zur Klasse 3 (la lode > le lodi) und 2 (la porta > le porte) gehören, sind jedoch für dieselbe Zeit auch die konkurrierenden Formen la lode > le lode und la porta > le porte belegt. Auch hier hat eine genusbedingte Uniformierungstendenz gewirkt.

Interessant ist auch die Entwicklung der im Altitalienischen relativ gut besetzten Klasse 5, und zwar derjenigen Nomina, deren Numerusflexion durch Genuswechsel (Sg. maskulin auf -o > Pl. feminin auf -a) gekennzeichnet ist und deren Pluralflexiv den Nominativ und Akkusativ des lateinischen Neutrums (bellum > bella) fortsetzt. Diese Klasse wurde ziemlich früh eingeschränkt aufnahmefähig, so dass sie gegenwärtig eine geschlossene Klasse darstellt:

l'uovo > le uova;
il centinaio > le centinaia;
il riso > le risa
.

Darüber hinaus zeichnet sich diachron eine eindeutige Tendenz zum Übergang zur Klasse 1 ab mit Beibehaltung des grammatischen Genus des Singulars, die in vielen Fällen seit Jahrhunderten vollzogen ist:

l'anello > le anella (altit.) > gli anelli;
il peccato > le peccata (altit.) > i peccati
.

Exemplarisch für das Fortbestehen dieser Tendenz ist die Pluralflexion des Nomens il frutto, die bis vor wenigen Jahrzehnten standardsprachlich le frutta lautete und heute nur noch i frutti oder als Kollektivbezeichnung und Singulariatantum la frutta.

In einigen Fällen konkurrieren die Pluralform auf -a und die auf -i schon im Altitalienischen (il membro > le membra / i membri; il vestimento > le vestimenta / i vestimenti); häufiger jedoch ist das Pluralflexiv der Klasse 1 (-i ) eine spätere Variante, die sich zunehmend durchsetzt:

il ginocchio > le ginocchia / i ginocchi;
il lenzuolo > le lenzuola / i lenzuoli.

Die meisten dieser Varianten haben sich im Laufe der Zeit semantisch differenziert, so dass sie heute für unterschiedliche designata stehen:

il braccio > le braccia (dt. die menschlichen Arme)/ i bracci (dt. die Arme eines Kronleuchters);
il fondamento > le fondamenta (dt. die Fundamente eines Hauses)/ i fondamenti (dt. die Grundprinzipien);
il dito > le dita (dt. die Finger einer Hand)/ i diti (dt. die einzelnen Finger).

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