Mehrfachbesetzung des Nachfeldes
Das Nachfeld ist prinzipiell durch eine einzige (primäre oder sekundäre) Satzkomponente besetzt; ein mehrfach besetztes Nachfeld ist theoretisch nicht ausgeschlossen, kommt praktisch aber eher eingeschränkt vor: Bei Mehrfachbesetzung stehen generell zwei Einheiten mit unterschiedlicher syntaktischer Funktion im Nachfeld und bilden je eigenständige Informationseinheiten. Als Grundtypen ergeben sich die folgenden drei Kombinationen mit absteigender Vorkommenshäufigkeit: Phrase + Phrase; Phrase + Satz; Satz + Satz.
Phrase + Phrase
Zwei Phrasen kommen kombiniert im Nachfeld vor; die – prinzipiell fakultative – Nachfeldstellung von zwei nicht-satzförmigen Einheiten findet sich insbesondere in genuin gesprochener Sprache: Entsprechend dem prozessualen bzw. online-Charakter der gesprochenen Sprache (vgl. „die allmählige Verfertigung der Gedanken beim Reden“ in Kleist 1805) werden somit Informationen am rechten Satzrand bzw. im Nachfeld nachgeliefert:
(1) Es wird auch gern damit argumentiert, dass die Deutschen so langsam machen müssen, obwohl sie die Zeit im Nacken haben und die Wirtschaft sie drängt, weil Ängste aufkommen [bei den Nachbarn] [vor dem einig Deutschland]. [Rede von R. Ortleb, FDP-Bundesparteitag, 11.-12.08.1990]
(2) Wie das denn sonst so gehandhabt werde [in der Bundesregierung] [mit Dienstwagen im Urlaub], hat ein Journalist wissen wollen. [Die Zeit, 28.07.2009]
(3) Die Wissenschaft hat dem Notenbanker den Weg geebnet [aus der Provinz] [in die große Welt der internationalen Finanzen]. [Die Zeit, 25.10.2009]
Phrase + Satz
Bei Mehrfachbesetzung des Nachfeldes durch die Kombination Phrase + Satz steht die satzförmige Einheit (als Untersatz) aus syntaktisch-strukturellen Gründen immer nach der phrasenförmigen Einheit – nie umgekehrt; aus dieser Abfolgeregularität kann man eine zweistufige Struktur des Nachfeldes bei Doppelbesetzung annehmen: enges Nachfeld – weites Nachfeld.
Ein Satz oder eine Phrase in Komplementfunktion tritt nicht in Kombination mit einem weiteren Komplement, sondern nur zusammen mit einem Supplement ins Nachfeld (4, 5). Zwei Einheiten in Supplementfunktion sind ohne weiteres im Nachfeld möglich (6):
(4) Folgerichtig verlor die CDU bei der Landtagswahl am 15. September ihre absolute Mehrheit. Die folgenden Wochen waren geprägt von immer neuen Enthüllungen, wobei auch die Hamburger Morgenpost eine zentrale Rolle spielte. [Hamburger Morgenpost, 16.09.2007]
(5) Der Erfolg des bayerischen Volksbegehrens zum Nichtraucherschutz ist weit mehr als eine weitere bittere Niederlage für die CSU. Es ist eine Lektion von den Bürgern für die gesamte Politik. Sie zeigt, dass die Menschen sich nicht einfach abspeisen lassen mit faulen Kompromissen der Politiker, wenn sie ein Anliegen für wichtig halten. [Süddeutsche Zeitung, 03.12.2009]
(6) Die Ernte fällt knapper aus [als im Vorjahr], [weil es noch im März späten Frost mit minus 20 Grad gab]. [Hamburger Morgenpost, 08.07.2006]
Satz + Satz
Die Besetzung des Nachfeldes durch zwei satzförmige Komponenten mit unterschiedlicher syntaktischer Funktion kommt generell selten vor, denn satzförmige Einheiten sind schwieriger in den Trägersatz einzubinden als phrasenförmige. Am ehesten findet sich die syntaktische Kombination von Supplementsätzen und Komplementsätzen:
(8) Für Markus könnte lebenslang bedeuten, da das Gericht auch über die "Schwere der Schuld" zu befinden hat, daß (...) erst nach 25 oder gar 30 Jahren überprüft werden wird, ob eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. [Der Spiegel, 18.4.1994, 32]