Wortstellung und Akzentuierung
Hierunter fallen die Verfahren Hervorhebung, Kontrastierung und semantische Differenzierung.
Hervorhebung
Der Gewichtungsakzent, mit dem besonders relevante Informationen hervorgehoben werden, liegt auf einer einzelnen Silbe. Neben der akzentuierten Silbe können in deren Umgebung aber auch weitere Silben bis hin zu größeren Ausdruckseinheiten hervorgehoben werden. Die Akzentuierung eröffnet also einen unterschiedlich großen Hervorhebungsbereich und damit einen engeren oder weiteren Fokus (= spezifischen Wirkungsbereich). Die folgenden Beispiele weisen unterschiedliche Fokusbereiche (in eckigen Klammern) auf:
(und nicht mit dem Schiff fahren.)
(1a') Ebben az évben [repülni] akarnak Ausztráliába szabadságra.
(és nem hajóval mennek.)
(und nicht nach Neuseeland.)
(1b') Ebben az évben [Ausztráliába] akarnak repülni szabadságra.
(és nem Új Zélandra.)
(und nicht die Wohnung renovieren.)
(1c') Ebben az évben [szabadságra Ausztráliába akarnak repülni].
(én nem a lakást újítják fel.)
Unterschiedliche Verfahren führen zur Hervorhebung:
(a)
Hervorhebung durch markierte Stellung und
Akzent
(b) Hervorhebung nur durch
Akzent
(c) Hervorhebung durch
bestimmte Partikeln
(a) Bei der Hervorhebung durch markierte Stellung und Akzent zieht die Abweichung von der Grundfolge in der Wortstellung fokussierende Akzentuierung nach sich. Es handelt sich dabei meist um einen engen Fokus. So können unterschiedliche Hervorhebungen in Verbindung mit fokussierender Akzentuierung vorgenommen werden.
Infinite Teile des Verbalkomplexes können ins Vorfeld gerückt werden:
Eine Hervorhebung des Subjekts am rechten Innenrand des Mittelfeldes ist möglich:
Nachfeldstellung von Einheiten können der Hervorhebung dienen:
In Vorfeldstellung (auf Satzebene):
Bei koordinierten Ausdrücken :
Be- oder Entladen erlaubt. [Hinweisschild]
Da im Ungarischen die unmarkierte Grundwortstellung eng mit der Fokussierung zusammenhängt (vgl. dazu ausführlich die Einheit Wortstellung), kann man von Hervorhebung durch markierte Stellung nur in bestimmten Sonderfällen sprechen. Die Hauptregel besteht darin, dass der Hauptakzent auf die dem finiten Verb unmittelbar vorangehende Phrase (oder auf das finite Verb selbst) fällt. In bestimmten Positionen kann jedoch eine weitere Hervorhebung durch Nebenakzente realisiert werden.
(a) Wenn die vor dem Verb stehende Phrase mit dem Hauptakzent und die satzinitiale Phrase mit einem starken Nebenakzent versehen werden, wird dieser ersten Phrase des Satzes eine kontrastierende Funktion zugewiesen. In diesem Fall wird in der ungarischen Linguistik häufig von einem kontrastiven Topik gesprochen:
Pista tegnap valószínűleg megtanulta a verset. (Peti viszont nem.)
Pista hat gestern wahrscheinlich das Gedicht gelernt. (Peti jedoch nicht.)
Pista tegnap valószínűleg a verset tanulta meg. (Peti viszont az éneket.)
Pista hat gestern wahrscheinlich das Gedicht gelernt. (Peti jedoch das Lied.)
(b) Wenn vor der präverbalen Fokusphrase (oder vor dem satzakzentuierten Verb) eine Phrase mit der Fokuspartikel is‚auch‘ steht, wird diese mit einem Nebenakzent versehen und dadurch mitfokussiert. Diese Möglichkeit liegt jedoch nur bei der Fokuspartikel is vor, bei anderen hervorhebenden Partikeln nicht:
Pista tegnap a verset is megtanulta.
Pista hat gestern auch das Gedicht gelernt.
Pista tegnap a verset is kiválóan tanulta meg.
Pista hat gestern auch das Gedicht ausgezeichnet gelernt.
(c) Ähnlich verhalten sich die sog. Quantoren (d. h. Phrasen, die eine Menge bedeuten wie mindenki‚alle‘, néhányan‚einige‘, sok könyv‚viele Bücher‘, mindenhol‚überall‘ usw.) in der Position vor der Fokusphrase bzw. vor dem satzakzentuierten Verb:
Az eladó tegnap mindenkit becsapott.
Der Verkäufer hat gestern alle betrogen.
Az eladó tegnap mindenkit száz forinttal csapott be.
Der Verkäufer hat gestern alle um hundert Forint betrogen.
(d) Wenn in der Fokusposition ein Fragewort steht (Fragewörter sollen im Ungarischen obligatorisch unmittelbar vor dem Finitum stehen), kann die vor dem Fragewort stehende Phrase mit einem Nebenakzent mitfokussiert werden:
(A jobb kezemben egy almát tartok.)
És a bal kezedben mit tartasz?
(In der rechten Hand halte ich einen Apfel.)
Und was hältst du in deiner linken Hand?
(b) Bei der Hervorhebung nur durch Akzent wird auf das Mittel der markierten Stellung verzichtet und die Hervorhebung allein durch Akzentuierung erreicht. Dieses Verfahren ist deshalb nur in gesprochener Sprache möglich.
Bei unmarkierter Wortstellung ist das Vorfeld mit Hintergrundeinheiten besetzt. Der Sprecher kann aber auch, ohne eine Umstellung oder "Aufspaltung" von komplexen Komponenten vornehmen zu müssen, eine solche Vorfeldeinheit hervorheben, d. h. zu einer Vordergrundeinheit machen, indem er sie mit einem Gewichtungsakzent versieht, wie jeweils in den a)-Beispielen (Für eine bessere Übersichtlichkeit werden hier weitere Akzente nicht markiert. Mögliche Kontexte werden in Klammern angegeben.):
(6a) [Seine Argumente] überzeugen mich nicht. (Was überzeugt Sie an seinem Vortrag nicht?)
(7a)[Berghoff] ist nur vier Monate Minister gewesen. (Welcher Minister ist nur vier Monate im Amt gewesen?)
(8a) Er hält sich in dieser Frage sehr bedeckt. (Wer hält sich in dieser Frage sehr bedeckt?)
Die Hervorhebung erfolgt in (6) und (7) durch Gewichtungsakzente mit engem Fokus und kann sich wie in (7) und (8a) auch nur auf ein Wort (oder Wortteil, z. B. ein Präverb (12)) beziehen. Das Verfahren kann auch im Mittelfeld angewendet werden:
(9a) (...,) dass er morgen vielleicht seinem Freund das Auto leiht
(9b) (...,) dass er morgen vielleicht seinem Freund das Auto leiht
(9c) (...,) dass er morgen vielleicht seinem Freund das Auto leiht
Auch die Hervorhebung der/einer Einheit im rechten Satzklammerteil ist möglich:
Da der Hauptakzent im Ungarischen immer obligatorisch auf die vor dem finiten Verb stehende Phrase (oder auf das finite Verb selbst) fällt, kann eine Hervorhebung durch Akzentuierung nur mit Hilfe eines Nebenakzentes realisiert werden. In diesem Fall neigen die mit einem Nebenakzent versehenen Phrasen zur Platzierung in der zweiten Satzhälfte, d. h. hinter dem Finitum. Sie wirken meistens als ein Nachtrag, der durch den Akzent hervorgehoben wird. (Es gibt jedoch einige strukturbedingte Ausnahmen, die in dieser Einheit im ersten kontrastiven Absatz unter Punkt (a) ausführlich dargestellt wurden).
Pista tegnap kiválóan tanulta meg a verset két pohár bor után.
Pista hat gestern das Gedicht ausgezeichnet gelernt nach zwei Gläsern Wein.
(c) Hervorhebung kann auch durch bestimmte Partikeln ausgelöst werden, entweder durch die Negationspartikel nicht, durch bestimmte Fokuspartikeln oder durch Konnektivpartikeln. Der Hervorhebungsakzent liegt dann meist auf der folgenden Einheit, die damit im (engen) Fokus steht.
Negationspartikel nicht:
Oft wird – mit sondern eingeleitet – die Alternative angehängt. Diese Art der Verstärkung der Fokussierung wird unter Kontrastierung behandelt. Die im Fokus von nicht stehende Komponente kann auch getrennt von der Negation stehen und ihr dann vorausgehen. Beide Einheiten erhalten dann einen Akzent. Mit dieser zweifachen Akzentuierung wird gekennzeichnet, dass die Einheit trotz der markierten Stellung im (engen) Fokus der Negation liegt, z. B.:
Die Negationspartikel nicht kann i. d. R. nicht allein im Vorfeld stehen. Möglich ist das aber doch unter bestimmten Bedingungen, besonders bei Erweiterungen. In den folgenden Sätzen liegt ein Gewichtungsakzent auf nicht oder den erweiterten Formen wie gar nicht, überhaupt nicht, erst recht nicht, und zwar mit einem weiten Fokus, der den ganzen Satz umfassen kann:
Häufig ist auch noch eine weitere Informationseinheit fokussiert, die mit einer Einheit im Vorgängersatz kontrastiert wird. Diese Kontrastierung wird oft durch satzverknüpfende Ausdrücke (z. B. Konnektivpartikeln wie aber, jedoch, dagegen) zusätzlich verdeutlicht:
Fokuspartikel
Die Fokuspartikel steht in der Regel vor der fokussierten Einheit, welche auch den Akzent trägt.
Ausgerechnet Haeberlin wollte als erster den Piz Nivea bestiegen haben.
Auch Hanna hatte nie an eine Trennung gedacht.
(...) weil lediglich Kevin gestern ein Tor geschossen hat.
Einige wenige Fokuspartikeln können auch nachgestellt werden. In diesem Fall trägt die Partikel den Akzent:
Mit dem guten Willen allein ist es nicht getan.
Eine vergleichbare fokussierende Wirkung wie Negations- und Fokuspartikel haben auch einige Konnektivpartikeln. Sie bewirken, dass die Nachbarkomponente (i. d. R. die vorangehende) einen Hervorhebungsakzent erhält. Dies ist Ausdruck der Tatsache, dass ähnlich wie bei Negations- und Fokuspartikeln, die Bezugskomponente im spezifischen Wirkungsbereich der Konnektivpartikel liegt:
Auch im Ungarischen kann die Hervorhebung mit bestimmten Partikeln realisiert werden. Die mit Negations- und Fokuspartikeln versehenen Phrasen stehen jedoch im Ungarischen obligatorisch vor dem finiten Verb in der grammatisch festgelegten Fokusposition. Die einzige Ausnahme bilden die Phrasen mit der Fokuspartikel is, die in dieser Einheit im Abschnitt (a) behandelt wurde:
Csak nemrég jöttek rá, hogy nem az ózonlyuk okozza a bőrbetegségek megnövekedett számát.
Mindig csak az edzőn múlik, hogy egy csapatból igazi egység lesz-e.
Die mit Konnektivpartikeln versehenen Phrasen gelten im Ungarischen meistens als kontrastives Topik (vgl. dazu Abschnitt (a) in der vorliegenden Einheit):
Külföldön viszont 7 százalékkal visszaesett a megrendelések száma.
Kontrastierung
Man kann Kontraste allein durch einen Gewichtungsakzent andeuten wie in
Man kann sie aber auch explizit machen. Indem die Alternative genannt und z. B. mit sondern angeschlossen wird (11), erscheint der Kontrast verstärkt. In (12) werden Präverben kontrastiert, indem – jeweils elliptisch ohne das Basisverb – das eine Präverb vom Partizip II getrennt und ins Vorfeld gestellt wird und das andere, negierte Präverb angehängt wird (12': ohne Basisverb-Ellipse). Die kontrastierten Elemente werden durch Akzent hervorgehoben:
Sprecher B: Um ist er gestiegen, nicht aus. ( Jetzt ist er schon auf der Weiterfahrt nach Frankfurt!)
(12') Er ist umgestiegen, nicht ausgestiegen.
Nicht [der Sinn des Lebens] ist futsch, sondern [die Werte des letzten Jahrzehnts]. [Zeit, 28.2.1986]
[Seine Argumente] überzeugen mich nicht, [seine Motive] schon.
Nicht nur [die Fusionspartner] halten sich in dieser Frage noch bedeckt, sondern auch [die Börsianer].
[Berghoff] ist [ein halbes Jahr] Verkehrsminister gewesen, [Müller-Landau] hat es [einen Monat länger] im Kabinett ausgehalten.
[An seiner Bewerbung] gab es nichts auszusetzen, aber sehr wohl [an seinem Auftreten].
Kontrastierte Phrasen werden auch im Ungarischen mit einem Akzent versehen. Sie stehen entweder in der grammatisch festgelegten Fokusposition vor dem Verb oder am Satzanfang. Im letzten Fall gelten sie als kontrastives Topik (vgl. Abschnitt (a) in der vorliegenden Einheit):
Anna nem ma jött, hanem már tegnap este.
Anna ist nicht heute gekommen, sondern schon gestern abend.
Anna ma jött, Pista viszont már tegnap este.
Anna ist heute gekommen, Pista jedoch schon gestern abend.
Semantische Differenzierung
Die relationale Stellung von temporalen (temp) und quantifizierenden Satzadverbialia(quant) ist nicht fest geregelt. Die zwei Typen der quantifizierenden Satzadverbialia, Frequentativa (wie häufig, manchmal, wiederholt, immer, dreimal) und Durativa (wie lange, ewig, drei Stunden, acht Monate), haben einen engeren Skopus als temporale und stehen deshalb meist nach diesen. Sie tragen dann auch den Satzakzent:
(14) Kannst du [im Mai] temp wenigstens [für ein paar Tage]quant kommen?
(15) Er hat [am Sonntag] temp [zweimal]quant angerufen.
Die Abfolge der Satzadverbialia kann geändert werden, so dass die quantifizierenden vor den temporalen stehen. Wenn die vorangestellten quantifizierenden Satzadverbialia den Akzent behalten, wird mit diesem der engere semantische Bezugsbereich (Skopus) markiert, und die Bedeutung des Satzes verändert sich nicht.
(14a) Kannst du wenigstens [für ein paar Tage]quant [im Mai] temp kommen?
(15a) Er hat [zweimal]quant [am Sonntag]temp angerufen.
Die Satzbedeutung ändert sich erst, wenn mit der markierten Verschiebung der Satzadverbialia auch eine Verschiebung des Akzents einhergeht. In diesem Fall findet auch eine Änderung des Skopus statt.
'zweimal, und zwar jeweils an einem Sonntag' oder 'zweimal, und zwar an einem Sonntag und an keinem anderen Tag'
(= markierte Folge: quant[weiter Skopus] >> temp[enger Skopus])
Die Reihenfolge der temporalen und quantifizierenden Satzadverbialia weist im Ungarischen ähnliche Regelmäßigkeiten auf wie im Deutschen. Im Ungarischen hängt dies jedoch mit dem allgemeinen syntaktischen Verhalten der Quantoren zusammen (vgl. Abschnitt (a) in der vorliegenden Einheit). Die quantifizierenden Satzadverbialia verhalten sich auf die gleiche Weise wie andere quantifizierende Phrasen. Sie stehen selbst nicht in der grammatisch determinierten präverbalen Fokusposition, sondern stets davor (das zeigt die Stelle des mit blau markierten Verbpräfixes in den folgenden Beispielen). Die Reihenfolge der temporalen und der quantifizierenden Satzadverbialia relativ zueinander zeigt aber auch im Ungarischen den weiten bzw. engen Skopus des Quantors:
Ilyen tragédiák a háború első hónapjaiban gyakran megtörténtek.
Ilyen tragédiák gyakran a háború első hónapjaiban történtek meg.
Die Reihenfolge kann auch im Ungarischen bedeutungsunterscheidend sein:
Vasárnap kétszer is felhívott.
Kétszer is vasárnap hívott fel.