Komplement
Andere Bezeichnungen:
Ergänzung, Aktant, Mitspieler (italienisch: complemento)
Sätze werden regelhaft aus kleineren Einheiten, also "kompositional", aufgebaut. Die primären Komponenten des Satzes sind der Verbalkomplex, die Komplemente und die Supplemente.
Termini wie Verbalkomplex oder Komplemente sind auch im
Italienischen geläufig, nur der Begriff Supplement als solcher ist ganz neu.
Die noch bis
vor weniger Zeit in Italien vorherrschende traditionelle Satzanalyse (it.: analisi logica)
ermittelt die syntaktischen Kategorien, die einen Satz konstituieren: Subjekt,
Prädikat und Komplemente. Letztere sind in direkte und indirekte
Komplemente geteilt; zur ersten Gruppe gehört das (it.) complemento oggetto, während zu den (it.)
complementi indiretti all die durch eine Präposition eingeleiteten Wortgruppen zählen, die durch
einen Fragetest semantisch zu ermitteln sind. Bei den so gemeinten Komplementen wird nicht zwischen
grammatisch unabdingbaren Komponenten und solchen unterschieden, deren Ausbleiben die grammatische
Korrektheit des Satzes nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus gelten als Komplemente im engen Sinne
nur Präpositionalphrasen und wenige andere im Italienischen vorkommende Nominalphrasen, nicht aber
andere Kategorien wie etwa Adverbphrasen. Dementsprechend sind die folgenden Beispiele
italienischer Komplemente zu lesen:
Complemento di compagnia:
Negli ultimi tempi Maria esce con un suo vecchio amico di
scuola.
In letzter Zeit geht Maria mit einem ihrer alten Schulfreunde
aus.
Con chi esce Maria negli ultimi tempi?
Mit wem geht
Maria in letzter Zeit aus?
Complemento di causa:
Il concerto è stato annullato per il
maltempo.
Das Konzert ist wegen des Unwetters abgesagt
worden.
Per quale motivo è stato annullato il
concerto?
Aus welchem Grund ist das Konzert abgesagt worden?
Nur wenige (it.) complementi indiretti weisen keine präpositionale Rektion auf wie etwa Nominalphrasen, die messbare Veränderungen angeben:
Complemento di tempo continuato:
La riunione è durata tutto il pomeriggio.
Die
Sitzung hat den ganzen Nachmittag gedauert.
Complemento di prezzo:
La luna ora è in vendita, costa 100 milioni di
dollari.
Der Mond ist nun zu kaufen, er kostet 100 Millionen
Dollar.
Complemento di tempo determinato:
La tregua è iniziata giovedì scorso, quando in Italia
erano le sette.
Die Waffenruhe hat letzten Donnerstag angefangen, als es in Italien 7 Uhr
war.
Erst die Lexik-Grammatik und die Valenzforschung des Italienischen haben diese dreifache
Einteilung (Subjekt, Prädikat und Komplement) aufgegeben. Das Verb ist das zentrale Element im
Satz, um welches sich die primären Satzkomponenten, die (Verb)komplemente (it.: complementi
di verbo) gruppieren. Dazu zählen auch das Subjekt(-Komplement) (it.: complemento soggetto)
und die Adverbphrasen.
Supplemente können den so genannten (it.) complementi
di frase entsprechen, den sprachlichen Ausdrücken wie Nominalphrasen, Präpositionalphrasen,
Adverbphrasen, Nebensätzen und Infinitivkonstruktionen, die einen Satz oder einen Verbalkomplex
weiter spezifizieren. Supplemente gehören nicht zu den von den jeweiligen Verben erforderten
spezifischen Ergänzungen. Sie können mit allen Verben vorkommen.
Literatur:
Bianco (1996);
Elia/Martinelli/D'Agostino (1981);
Vietri (2004).
Jedes Wort, genauer: jede Wortform bzw. jede Phrase im Satz muss zu einer dieser drei primären Komponenten gehören. Das bedeutet aber nicht, dass immer alle drei Komponenten im Satz vorkommen müssen.
Komplemente sind unterschiedliche Arten von sprachlichen Ausdrücken (Nominalphrasen, Pronominalphrasen, Präpositionalphrasen, Adjektivphrasen, Adverbphrasen, Nebensätze und Infinitivkonstruktionen), die einen Verbalkomplex zu einem Satz "sättigen". Die einzelnen Komplemente werden zu Komplementklassen zusammengefasst. Die Komplementklasse wiederum wird vom Verb bzw. dem Verbalkomplex bestimmt. Diese Eigenschaft der Verben wird Valenz genannt.
Neben den vier Kasuskomplementen werden folgende Komplementklassen unterschieden:
Beispiele:
(1) Die Concorde (Ksub) steht im
Museum (Kadv).
[die tageszeitung, 22.02.2005]
(2)
Eine hervorragende Partie (Kakk) spielte dabei Ursula
Gujer (Ksub).
[St. Galler Tagblatt, 18.03.2000]
(3)Maria (Ksub) achtet auf den Preis
(Kprp).
[Die Zeit (Online-Ausgabe), 28.10.2004]
(4)
Licht (Ksub) ist sowohl eine elektromagnetische
Welle (Kprd) als auch ein Strom von Teilchen (Kprd)
.
Erste Abgrenzungsprobleme:
Es ist zuweilen schwierig, Komplemente von Supplementen abzugrenzen. Die Präpositionalphrase in Berlin ist z. B. in Satz (5) ein Adverbialkomplement, in Satz (6) dagegen aber ein Supplement.
(5) Er wohnt in Berlin.
(6)
Die Sonne scheint in Berlin.
Von der Bedeutung des Verbs wohnen wird entweder ein sprachlicher Ausdruck für einen Ort verlangt, der durch eine Präpositionalphrase (z. B. in Berlin, am See, in Bayern) oder ein Lokaladverb (z. B. dort, nebenan, hier) realisiert wird (wie in Satz 6), oder aber es wird ein Ausdruck verlangt, der die Art und Weise des Wohnens näher charakterisiert (wie in Satz 7).
(7) Er wohnt allein.
Die Valenz des Verbs wohnen fordert einerseits ein Komplement im Nominativ - das Subjekt - und andererseits ein situatives Adverbialkomplement oder ein modales Adverbialkomplement, damit ein korrekter Satz des Deutschen entsteht. Folglich kann in Berlin in Satz (5) und allein in Satz (7) nur jeweils ein Komplement sein.
In Satz (6) allerdings ist die Präpositionalphrasein Berlin kein Komplement, sondern ein Supplement, weil das einwertige Verb scheinen eine andere Komplementforderung besitzt: Es genügt ein Komplement im Nominativ, um einen grammatisch vollständigen Satz mit scheinen zu bilden (Die Sonne scheint.).
Diese ersten Überlegungen zur Abgrenzung von Komplementen und Supplementen werden in einem Testverfahren nachprüfbar differenziert und zwar mit Hilfe des Reduktionstests und des Folgerungstests.
Die Komplemente werden in Komplementklassen eingeteilt. Ein Überblick über die Komplemente zeigt die Möglichkeiten der syntaktischen Realisierungsformen der Komplemente. Die Leitformen erleichtern die Zuordnung der Komplemente zu den einzelnen Klassen.