Nominalphrase

(norwegisch: nomenfrase, substantivfrase)

Andere Bezeichnungen:

Nominalgruppe, Substantivphrase

Nominalphrase im Überblick

Die Nominalphrase (NP) ist der am häufigsten vorkommende Phrasentyp.
Kopf (norw.: kjerne) einer Nominalphrase ist ein Nomen. Der Kopf ist auf unterschiedliche Arten ausbaufähig.
Nominalphrasen sind mehr oder weniger komplexe Ausdruckseinheiten.
Nominalphrasen können als Ausdruckseinheiten unmittelbare Konstituenten des Satzes sein.

Die typische Nominalphrase besteht aus einem Nomen - dem Kopf der Nominalphrase -, aus einem Artikel und aus möglichen, aber syntaktisch nicht notwendigen unterschiedlichen attributiven Erweiterungen:

Das Fest fand gestern statt.
Das wundersame Fest fand gestern statt.
Das höchst wundersame Fest anlässlich seiner Wahl fand gestern statt.
Das höchst wundersame Fest, das anlässlich seiner Wahl ausgerichtet wurde, fand gestern statt.

Als minimalste Ausdrucksform kann die Nominalphrase nur aus dem lexikalischen Kopf bestehen, wenn dieser entweder ein Eigenname:

Franz geht.

ein Stoffname:

Stahl wird aus Eisen hergestellt.

oder ein abstrakter Gattungsname:

Geduld ist eine seiner Stärken.

oder die artikellose Pluralform eines Gattungsnamens ist:

Grammatiken sind dick.

Morphologische Eigenschaften

Die Ausdruckseinheit Nominalphrase kann minimal durch ihren lexikalischen Kopf, ein Nomen, realisiert werden. Das Nomen kann ein Eigenname, ein Stoffname oder die Pluralform eines Gattungsnamens sein. Die typischste Realisierungsform der Nominalphrase ist jedoch die Verbindung von Artikel und Nomen. Dabei sind im Deutschen in der Position des Artikels - nämlich vor dem Nomen - alle Subklassen der Wortart Artikel möglich (definiter Artikel, indefiniter Artikel, Possessiv-Artikel, Demonstrativ-Artikel, w-Artikel, Quantifikativ-Artikel).

Das Norwegische unterscheidet sich hier in zwei Punkten vom Deutschen:

  • Possessiv-Artikel können im Norwegischen sowohl vor als auch nach dem Nomen stehen.
  • Statt eines Artikels wird im Norwegischen zur Kennzeichnung der Definitheit des Nomens bei Nominalphrasen ein Suffix verwendet. Dieses Definitheitssuffix erscheint auch in Nominalphrasen mit nachgestelltem Possessiv-Artikel und in Nominalphrasen mit (vorangestelltem) Demonstrativ-Artikel. Wird eine Nominalphrase zusätzlich durch ein Adjektiv erweitert, wird Definitheit – zusätzlich zum Definitheitssuffix – durch einen Demonstrativ-Artikel markiert (Erweiterungen links vom Kopf).
ErweiterungDeutschparallele Realisierung im Norwegischenabweichende Realisierung im Norwegischen
Definiter Artikeldas Festfesten
(Definitheitssuffix am Nomen)
Indefiniter Artikelein Festen fest
Possessiv-Artikelunser Festvår festfesten vår
(Definitheitssuffix am Nomen + Possessiv-Artikel)
Demonstrativ-Artikeldieses Festdenne festen
(Demonstrativ-Artikel + Definitheitssuffix am Nomen)
W-Artikelwelch' Fest / welches Festhvilken fest
Quantifikativ-Artikeljedes Festhver fest

Erweiterungsmöglichkeiten

Nominalphrasen können im Deutschen wie im Norwegischen auf vielfältige Weise links und rechts vom Kopf erweitert werden. Die grundsätzlichen Möglichkeiten der Erweiterung (norw.: adledd, utfylling) durch Artikel (norw.: artikler, bestemmere) und Attribute (norw.: beskrivere) sind in beiden Sprachen ähnlich. Unterschiede gibt es bei der Realisierung von Definitheit (als definiter Artikel im Deutschen, als Suffix am Nomen im Norwegischen) und der Position von Possessiv-Artikeln (vor dem Nomen im Deutschen, vor oder nach dem Nomen im Norwegischen). Außerdem sind die Möglichkeiten der komplexen Erweiterungen links vom Kopf im Norwegischen begrenzter als im Deutschen. Einige Typen komplexer Erweiterungen sind im Norwegischen weniger präferiert bzw. auf bestimmte (schriftsprachliche) Textsorten begrenzt.

Erweiterungen links vom Kopf

Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Erweiterung links vom Kopf

Die Erweiterungsmöglichkeiten für Nominalphrasen im Norwegischen weichen z.T. von denen im Deutschen ab. Bei den Erweiterungsmöglichkeiten links vom Kopf gibt es folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede:

  • Definitheit wird im Deutschen durch Linkserweiterung mit einem definiten Artikel, im Norwegischen durch ein Definitheitssuffix am Nomen markiert. Definiter Artikel bzw. Definitheitssuffix fungieren als Determinator der Phrase.
  • Adjektiverweiterung definiter Nominalphrasen:
    Wird eine definite Nominalphrase zusätzlich durch eine Adjektivphrase erweitert, wird im Deutschen die Definitheit allein durch einen definiten Artikel vor dem Adjektiv bzw. der Adjektivphrase markiert. Im Norwegischen wird Definitheit zusätzlich zum Definitheitssuffix am Nomen durch einen Demonstrativ-Artikel (vor dem Adjektiv oder der Adjektivphrase) gekennzeichnet (sog. doppelte Determination). In beiden Sprachen fungiert die Adjektivphrase als Attribut zum Nomen. Das Nomen regiert in beiden Sprachen das Genus von (definitem bzw. Demonstrativ-)Artikel und Adjektiv (schwache Flexion, norw.: svak bøyning). Im Norwegischen sind hier jedoch alle Formen des Adjektivs identisch. Im Deutschen besteht Kongruenz (norw.: samsvarsbøyning, kongruens) in Numerus und Kasus zwischen Nomen, Artikel und Adjektiv. Im Norwegischen fehlt die Kasusmarkierung am Nomen. Daher sind die Kongruenzanforderungen bei diesem Erweiterungstyp lediglich auf den Numerus von Nomen und Artikel beschränkt (Adjektiv/Adjektivphrase bleiben unveränderlich).
  • Adjektiverweiterung indefiniter Nominalphrasen:
    Die Erweiterung einer Nominalphrase durch einen indefiniten Artikel und eine Adjektivphrase erfolgt in beiden Sprachen im Prinzip gleich, d. h. in beiden Sprachen regiert das Nomen das Genus von (definitem bzw. Demonstrativ-)Artikel und Adjektiv (starke Flexion, norw.: sterk bøyning). Unterschiede gibt es wegen der fehlenden Kasusmarkierung im Norwegischen nur bei den Kongruenzanforderungen.
  • Die Erweiterung durch eine Adjektivphrase (ohne Artikel, also als indefinite Nominalphrase) erfolgt ebenfalls in beiden Sprachen im Prinzip gleich. Auch hier sind wegen fehlender Kasusmarkierung die Kongruenzanforderungen im Norwegischen jedoch weniger umfangreich.
  • Die Erweiterungsmöglichkeiten durch vorangestellte Partizipialphrasen sind im Norwegischen wesentlich eingeschränkter als im Deutschen. Durch Präpositionalphrasen erweiterte Partizipialphrasen links vom Kopf (als attributive Sperrung bezeichnet) sind möglich, aber vergleichsweise selten und meist auf die Schriftsprache beschränkt (z. B. in administrativen Texten).
  • Die Möglichkeiten der Erweiterung durch eine vorangestellte Nominalphrase im Genitiv sind im Norwegischen umfangreicher als im Deutschen. Nominalphrasen mit Genitiv-Kennzeichnung (-s) können im Norwegischen nur links vom Kopf stehen.
Erweiterung durchDeutschparallele Realisierung im Norwegischenabweichende Realisierung im Norwegischen
Artikeldas Gebäudebygningen
Adjektiv große Gebäudestore bygninger
definiter Artikel + Adjektivdie großen Gebäudede store bygningene
indefiniter Artikel + Adjektivein großes Gebäudeen stor bygning
Adjektivphrase
große hässliche Gebäudestore stygge bygninger
Fokuspartikel + Artikel + Adjektivphrasenur die relativ großen Gebäudebare de relativt store bygningene

Erweiterungen durch Partizipialattribute sind im Norwegischen meist nachgestellt, wenn sie durch weitere Elemente erweitert sind.

Artikel + erweiterte Partizipialphraseeine kürzlich errichtete Grenzeen nylig opprettet grense
die oft vergessene Traditionden ofte glemte tradisjonen
ein vom Storting gebilligter Vorschlaget av Stortinget vedtatt forslaget forslag vedtatt av Stortinget
ein vom Storting nach langer Diskussion gebilligter Vorschlaget forslag vedtatt av stortinget etter lang diskusjon

Erweiterungen durch Nominalphrasen im Genitiv stehen im Norwegischen immer links vom Kopf, im Deutschen sind links vom Kopf im Prinzip nur Eigennamen im Genitiv möglich :

Nominalphrase im Genitivlinks vom Kopf
Deutsch
links vom Kopf
Norwegisch
rechts vom Kopf
Deutsch
Eigenname im GenitivHansens HoffnungHansens håpdie Hoffnung Hansens
Volle Nominalphrase im Genitiv
(im Deutschen sehr markiert bzw. veraltet)

Mutters Apfelkuchen

des Kaisers neue Kleider

des Staates Macht

mors eplekake

kaiserens nye klær

statens makt




die neuen Kleider des Kaisers

die Macht des Staates

Attribute zur näheren Personenbeschreibung können im Deutschen und Norwegischen als Erweiterungsnomen vor dem Kopf der Nominalphrase stehen:

Bundeskanzlerin Angela Merkel,
Konzernchef Meier,
Dr. Schmidt
forbundskansler Angela Merkel,
konsernsjef Meier,
dr. Schmidt

Bei Appositionen ist es oftmals nicht eindeutig, welches Nomen Bezugsnomen, welches Apposition ist:

Bundeskanzler Helmut Schmidt oder Bundeskanzler Helmut Schmidt

Erweiterungen rechts vom Kopf

Dem lexikalischen Kopf nachgestellt können in beiden Sprachen Attribute unterschiedlichster Art sein. Unterschiede bestehen, wie bereits erwähnt, vor allem bezüglich der Platzierung von Genitivattributen (im Norwegischen immer dem Nomen vorangestellt) und bei der Position von Possessiv-Artikeln (im Norwegischen sowohl vor als auch nach dem Nomen möglich):

Erweiterung durchErweiterung rechts vom Kopf im DeutschenErweiterung rechts vom Kopf im Norwegischenabweichende Realisierung im Norwegischen bzw. Deutschen
Nominalphrasen im Genitivdie Macht des Staatesstatens makt
Adverbien/
Adverbphrasen
der Mann hier
die Frau dort hinten
mannen her
kvinnen der borte
Präpositionalphrasendie Gedanken an die Zukunfttankene på framtiden
Adjektivphrasedie Bundeskanzlerin, schlauer als zuvorforbundskansleren, klokere enn før
Relativsatzder Staat, der viel Geld verdientstaten som tjener mye penger
Adjunktorphrasedie Bundeskanzlerin als Politikerinforbundskansleren som politiker
Infinitivkonstruktionder Wunsch, in Urlaub zu fahrenønsket om å dra på ferie
(Präpositionalphrase mit Infinitivkonstruktion)
Infinitivkonstruktionen mann å snakke medein Mann, mit dem man sprechen kann
Subjunktorsatzdie Frage, ob wir in Urlaub fahren sollenspørsmålet om vi skal dra på ferie
Possessiv-Artikelbilen minmein Auto

Syntaktische Eigenschaften

Nominalphrasen können als Ausdruckseinheiten unmittelbare Konstituenten des Satzes sein:

Das Fest fand großen Anklang.

Nominalphrasen können in ihrer syntaktischen Funktion sowohl im Deutschen als auch im Norwegischen als Komplemente und als Supplemente gebraucht werden.

Wegen fehlender Kasusmarkierung werden im Norwegischen üblicherweise die Bezeichnungen subjekt, direkte objekt, indirekte objekt und preposisjonsobjekt zur Unterscheidung der Komplemente verwendet (vgl. Komplement). Für Supplemente wird die Bezeichnung adverbial verwendet.

Nominalphrasen können in beiden Sprachen als Komplemente der unterschiedlichsten Komplementklassen fungieren:

KsubGrüne Bäume werden oft als Beispiel gebraucht. Grønne trær brukes ofte som eksempel.
KakkSie bereiten das fantastische Fest vor.De forbereder den fantastiske festen.
KgenWir gedenken der Toten. Vi minnes de døde.
(Wegen fehlender Kasusmarkierung zählt diese Konstruktion im Norwegischen als direkte objekt).
KdatEr schickte dem Vorstand einen Brief.Han sendte styret et brev.
(Im Norwegischen werden allerdings nichtpronominale indirekte Objekte meist als Präpositionalphrase nach dem direkten Objekt realisiert.)
KsitDas Seminar beginnt diesen Dienstag. Seminaret starter denne tirsdagen.
KdilEr schlief drei Tage und Nächte durch.Han sov tre dager og netter i strekk.
KPRDSie sind Studentinnen im dritten Semester. De er studenter i tredje semester.

Als Nomen-Komplemente treten Nominalphrasen im Deutschen als Teile komplexer Nominalphrasen auf, wenn der Kopf der komplexen Nominalphrase aus einem deverbalen Nomen besteht und die Valenzeigenschaften des Verbes übernimmt, von welchem er abgeleitet ist. Dies betrifft allerdings nur die Anzahl, nicht die Kasuszuweisungen der angebundenen Komplemente. Im Norwegischen sind die Komplemente (Objekte) von Nominalphrasen mit deverbalem Nomen als Kopf meist Präpositionalphrasen.

Nomen-KomplementeVerb-KomplementeNorwegische Entsprechung
(Nomenkomplemente)
Brunos Ausarbeitung der Nominalphrase ist umfangreich.Bruno arbeitet die Nominalphrase umfangreich aus.Brunos utarbeidelse av nominalfrasen er omfattende.
König Haralds Verleihung des St. Olav Ordens ist eine festliche Zeremonie.König Harald verleiht den St. Olavs Orden.Kong Haralds tildeling av St. Olavs Orden er en høytidelig seremoni.

Als Supplemente können sie Satzadverbialia oder Nomen-Supplemente sein:

SupplementtypDeutschparallele Realisierung im Norwegischenabweichende Realisierung im Norwegischen bzw. Deutschen
SatzadverbialeEines Morgens waren die Vögel weg.En morgen var fuglene vekk.
Denne dagen var jeg ikke tilstede.An dem Tag war ich nicht anwesend.
(Satzadverbiale hier Präpositionalphrase)
Nomen-Supplementdas Auto des Bruders des Nachbarn bilen til broren til naboen
(Supplemente hier Präpositionalphrasen)

Als Komplemente und Supplemente sind Nominalphrasen primäre Komponenten des Satzes.

Semantisch-funktionale Eigenschaften

Mit Nominalphrasen wird im sprachlichen Kontext auf Gegenstände und Sachverhalte referiert.
Durch die Erweiterungen des Kopfes durch Artikel (bzw. durch ein Definitheitssuffix im Norwegischen) wird eine Determination des Kopfes bewirkt. Attributive Erweiterungen durch Adjektive oder durch genitivische Nominalphrasen bewirken in der Regel eine Denotatseinschränkung. In diesem Fall sind die Erweiterungen restriktiv.

Typ der Erweiterung der NominalphraseDeutschNorwegisch
(nicht erweitert)Buchbok
Determinationdas Buchboken
Modifizierung durch
ein attributives Adjektiv
das letzte Buchden siste boken
Modifizierung durch
eine attributive NP
das letzte Buch WalsersWalsers siste bok

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Autor(en)
Wiebke Ramm
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