Temporaladverbialia

Temporaladverbialia tragen im Zusammenspiel mit den Tempora der Verben zur zeitlichen Interpretation von Sätzen oder Phrasen bei. Sie führen eine Betrachtzeit ein und spezifizieren diese gleichzeitig.

Einige Beispiele für diese große Gruppe sind: anfangs, bald, bisher, bislang, da, danach, dann, darauf, demnächst, eben,, einst, fortan, gerade, gestern, gleich, heute, heutzutage, inzwischen, irgendwann, jemals, jetzt, längst, morgen, nachher, nach drei Tagen, neulich, seitdem, seit seinem letzten Geburtstag, seither, sofort, unterdessen, vorher, vor einer Woche, vorhin, wann, weiterhin, zuvor

Temporaladverbialia können also durch Adverbien und Präpositionalphrasen realisiert werden. Auch Adjektive können als Temporaladverbialia gebraucht werden: früher, später, augenblicklich, ...

Bei der Interpretation der (Bedeutung der) Temporaladverbialia muss jeweils geklärt werden, ob sie an der Sprechzeit (1) oder an einem im Kontext vorgegebenen Zeitintervall (2) verankert sind:

(1) Sie hat Ende Januar ihr Examen gemacht. Vor drei Wochen hat sie erst ihr Diplom erhalten..
(2) Sie hat Ende Januar ihr Examen gemacht. Drei Wochen vorher war sie noch Skifahren.

Es gibt aber Temporaladverbialia, die flexibel, d.h. sowohl kontextverankert (3) wie sprechzeitverankert (4) gebraucht werden können, z.B. bald, nachher, sofort:

(3) Ich werde Ihnen nachher etwas bringen, sagte ich.
(LBT, 17)
(4) Er lächelte und schlief nachher sofort ein, ...
(LBC, 205)

Neben Sprechzeit- bzw. Kontextverankerung spielt bei der Klassifizierung der Temporaladverbialia auch eine Rolle, ob Vorzeitigkeit, Gleichzeitigkeit (genauer: Überlappung) oder Nachzeitigkeit ausgedrückt wird. Wenn man diese drei Relationstypen mit den Typen der Verankerung kombiniert, kann man die Temporaladverbialia in folgender Tabelle darstellen:

Vorzeitigkeit

sprechzeitverankertkontextverankertflexibel verankert
früherdavor-
einstzuvor-
vor langer Zeitvorher-
vor kurzemkurz/einige Zeit davor-
vorhin, geradeeinige Sekunden/Minuten davor/vorher-
soebenin diesem Augenblick-
neulicheinigeTage/eine Woche davor/vorher-
gesterneinen/am Tag davor/ vorher-
am vorigen Tag(?)tags zuvoram Vortag
vorgesternzwei Tage davor/vorher-
vor einer Wocheeine Woche davor/vorher-
vor zwei Monatenzwei Monate davor/ vorher-
in der vorigen/ vergangenen Woche, vorige Wocheeine Woche davor/vorherin der Vorwoche

Gleichzeitigkeit

sprechzeitverankertkontextverankertflexibel verankert
jetzt, geradezu jener Zeit-
heute, in dieser Woche, in diesem Monat, zur gleichen Zeit, gleichzeitig, in der (dem) gleichen Woche (Monat),
während dieser Zeit/Woche/Ereignisse
an diesem Tag, in dieser Woche, in diesen Monaten,
heuer (süddt.)in diesem Jahr, dieses Jahrin diesem Jahr

Nachzeitigkeit

sprechzeitverankertkontextverankertflexibel verankert
einstdanachsofort?
nunmehrdaraufbald
morgeneinen Tag später/darauf, tags darauf?
übermorgenzwei Tage später/darauf?
in einer Woche, in der nächsten Woche, nächste Woche,
nächsten Monat, in zwei Monaten,
in den nächsten Monaten
nach einer Woche/einem Monat, eine Woche/
einen Monat darauf/ danach, nach zwei Monaten,
zwei Monate darauf/danach, einige Monate darauf/danach
nachher

Bisher wurden Adverbien, Präpositionalphrasen und Adjektive als Realisierungsformen von Temporaladverbialia beschrieben. Sie können aber auch von temporalen Adverbialsätzen gebildet werden. Das sind Nebensätze, die mit drei Arten von (temporalen) Subjunktoren eingeleitet werden:

  1. als, während, solange, sobald, sowie, seitdem, seit, sooft, (indem)
  2. nachdem
  3. bis, bevor, ehe

Bei den Subjunktoren der ersten Gruppe kann man von einer Gleichzeitigkeit der im Ober- und Untersatz angesprochenen Ereignisse ausgehen. Genauer gesagt handelt es sich um eine Überlappung:

Unverhohlen mustern sie mich von Kopf bis Fuß, während ich mir ihre ärmliche Wohnung beschaue.
(LSW, 88)
Solange der Mitzka Vorsitzender ist, trete ich da nicht ein.
Wir erschraken gewaltig, als plötzlich der Rektor im Türrahmen stand.
Seitdem Sie da sind, ist alles anders geworden, Ulrike
(TUM, 47)
Er überstand den Skandal, indem er standhaft bei seinen Lügen blieb.

Der Untersatz mit indem ist ein Sonderfall, weil er kein Satzadverbiale, sondern ein Verbgruppenadverbiale darstellt.

Der Subjunktor nachdem etabliert eine Relation der Vorzeitigkeit zwischen Unter- und Obersatz:

Schon am Abend jenes ersten Tages, nachdem ich den Sonnenuntergang gefilmt hatte, spielten wir Pingpong, unser erstes und letztes.
(LFH, 89)
Nachdem die Straßenlaternen angegangen waren, konnte er neben dem Wagen eine dünne Blutspur erkennen.

Die mit Subjunktoren der dritten Gruppe eingeleiteten Temporalsätze drücken Nachzeitigkeit aus:

Bis der Regen aufhört, bleiben wir hier im Unterstand.
Sie hat immerhin fünf Semester Medizin studiert, ehe sie meinen Großvater heiratete.

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