Syntaktische Funktionen

Will man den Beitrag von Präpositionalphrasen (PPn) zum Aufbau des Satzes beschreiben, muss man ihre starke Polyfunktionalität berücksichtigen. Einerseits sind Präpositionalphrasen typische Ausdrücke für Adverbialia des unterschiedlichsten semantischen Typs und können als solche sowohl Supplement- als auch Komplementstatus haben, andererseits können sie auch als Termkomplemente fungieren und sind dann weitgehend äquivalent mit Kasuskomplementen. Da die Eigenschaften von Präpositionalphrasen als Termkomplementen, Adverbialkomplementen und Adverbialsupplementen nicht immer trennscharf sind, gelten Präpositionalphrasen als notorisches Problem, ja geradezu als Prüfstein für die Adäquatheit von Valenzmodellen, die dichotomisch Komplemente und Supplemente voneinander abzugrenzen suchen. Diese Abgrenzungsprobleme wiederholen sich im Attributbereich.

Im folgenden werden die syntaktischen Funktionen von Präpositionalphrasen mit typischen Beispielen angeführt und ihre Eigenschaften beschrieben.

Präpositivkomplement

Andere Bezeichnungen

Präpositionalobjekt
Präpositionalergänzung
E-präp

Beispiele

Wer erinnert sich noch an seinen ersten Schultag?
Was versteht eigentlich die Geologie unter "Morphologie"?
Jeder Patient beklagt sich über lange Wartezeiten in Arztpraxen.

Eigenschaften

  • konstante, nicht austauschbare Präposition
  • von einem übergeordneten Ausdruck regiert
  • weitgehend desemantisiert
  • nur primär, nicht jünger, nicht morphologisch komplex
  • keine adverbialen semantischen Rollen, sondern Sachverhaltsbeteiligtenrollen ähnlich Kasuskomplementen
  • Argumentstatus

Auch in anderen Sprachen treten Präpositionalphrasen in der Funktion von Termkomplementen auf und haben vergleichbare, sie von Adverbialia abgrenzende Eigenschaften:

engl. wait for, believe in, talk about
frz. insister sur, tendre à, se moquer de
ital. credere in, lamentarsi di

Adverbialkomplement

Andere Bezeichnungen

adverbiale Ergänzung

Beispiele

Er wohnt in einer Mühle.
Wir fahren nach Rom.
Die Sitzung beginnt um zehn Uhr und dauert bis elf.

Eigenschaften

  • paradigmatisch austauschbar
  • autosemantisch kodierend, das heißt mit einer von der Umgebung unabhängige selbständige Bedeutung
  • lokal- und temporal-adverbiale semantische Rollen
  • Parameter Ort, Richtung oder Zeitdauer in der Bedeutung des übergeordneten Ausdrucks angelegt

Adverbialsupplement

Andere Bezeichnungen

adverbiale Angabe
freie Angabe
Umstandsangabe

Beispiele

Am Mittag schläft sie auf der Wiese.
Trotz Regen essen wir heute im Freien.
Infolge einer Gesetzesänderung müssen Anträge unter Zuhilfenahme eines Anwalts eingereicht werden.

Eigenschaften

  • paradigmatisch austauschbar
  • autosemantisch kodiert
  • alle adverbialen semantischen Rollen (also auch modale, kausale, instrumentale)
  • kein Argumentstatus
  • weglassbar
  • nicht in der Bedeutung des übergeordneten Ausdrucks angelegt
  • auch jünger, morphologisch komplex
  • Skopus über den Satz (Satzadverbiale) oder - seltener als PP realisiert - über die VP (Verbgruppenadverbiale)

Präpositionalattribut

Diese drei Funktionen, die hier mit Verben als übergordneten Ausdrücken beschrieben wurden, kommen auch im Bereich des Adjektivs (böse auf sie, nach Süden orientiert, einsam in Seattle) und als Präpositionalattribute im Bereich des Nomens vor.


Attribut mit Komplementstatus und fixierter PräpositionSehnsucht nach dem Meer
Freude auf den Süden
Klage über lange Wartezeiten
Attribut mit Komplementstatus und austauschbarer PräpositionReise ans Meer
Reise in den Süden
Reise nach Jerusalem
Attribut mit SupplementstatusPicknick am Strand
Spiel im Morgengrauen
Freude wegen der Reise
Laufen ohne Schuhe


Attribute sind weglassbar. Dies unterscheidet sie von vielen Komplementen in Abhängigkeit von Verben und Adjektiven. Man muss davon ausgehen, dass die Valenz im Bereich des Nomens nicht nur eine Spiegelung der verbalen Valenz ist, sondern Valenz vielmehr wortartspezifische Ausprägungen hat. Da aber Präpositionalattribute wie Wut auf ihn, Spott über sie, Gedanke an dich das Valenzkriterium der Präpositionskonstanz oder lexikalischen Regiertheit im Unterschied zu Genitiv- und Präpositionalattributen wie Tisch mit drei Beinen, Tisch im Garten, Tisch ohne Schublade erfüllen, ist es gerechtfertigt, die Komplement-Supplement-Dichotomie auch auf den Bereich des Nomens zu übertragen.

Prädikativkomplement

Präpositionalphrasen kommen auch in prädikativer Funktion zusammen mit einem Kopulaverb vor. In dieser Funktion tritt dann eine Überlagerung der prädikativen mit einer adverbialen Funktion ein. Die Kopula erhält, gesteuert durch die jeweilige adverbiale Bedeutung der Präpositionalphrase, eine Interpretation als semantisch passendes Vollverb.

Der Vortrag ist am Donnerstag.
'findet am Donnerstag statt'

Das Büro der LDV ist im Zwischengeschoß.
'liegt, befindet sich im Zwischengeschoß´

Das war alles nur wegen Erich.
'passierte wegen Erich'

Dieses Konzert ist für Elise.
'wird gegeben für Elise'

Literatur in Auswahl

Eroms 1985; Breindl 1989; Pittner 1999; Steinitz 1997 ; Schierholz 2001.

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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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