Konfix

Konfixe (zu lateinisch configere 'miteinander verbinden') sind wortbildungsspezifische Einheiten, die in Texten nur gebunden vorkommen, also weder selbst frei in Texten erscheinen noch unmittelbar mit Flexionsaffixen syntaktisch nutzbar gemacht werden können.

Beispiele: ident, phil, polit, thermo

Morphologische Eigenschaften

Basisfähigkeit

Konfixe sind demnach keine Wortformen. Sie sind aber wie Wörter die unmittelbare oder mittelbare morphologische Basis expliziter Derivate, d. h. Konfixe können mit Wortbildungsaffixen abgeleitet werden: Unmittelbare Basen sind Konfixe z. B. in thermisch, Identität. Dagegen sind Konfixe, die nur mit anderen Konfixen zusammen basisfähige Konfixe bilden können, mittelbare Basen, z. B.log: So bilden geo und log das komplexe Konfix geolog, das zu Geologe, Geologie, geologisch abgeleitet werden kann. Vgl. kritisch dazu Scheller-Boltz 2010, 93ff.

Im Gegensatz zu Wörtern werden Konfixe nicht zur Bildung von impliziten Derivaten oder Konvertaten verwendet.

Kompositionsgliedfähigkeit

Einige Konfixe sind nicht nur basis-, sondern auch kompositionsgliedfähig, d. h. sie bilden mit Wörtern oder Konfixen Komposita, z. B. Thermojacke, Thermostat, Politclown, Invest-Angebot, bibliophil, tütoman.

der "Squawker", ein mittlerweile ausgestorbenes Quäkophon, das der Drummer nebenbei zu blasen hat
(die tageszeitung 2.1.1998, 20)

königlicher Schnorrosoph
(die tageszeitung 26.11.1991, 23)

zum Ufo-Flug mit Esonaut Virgil Armstrong
(die tageszeitung 8.11.1991, 28)

ein "Satzomat" erlaubt spaßige Nonsens-Formulierungen
(SPIEGEL 49/1994: 61, Cosmas)

Karin Struck, die Sprachschöpferin des "Babycaust"
(Die Zeit 3.3.1995, o. S.)

Nur ganz wenige Konfixe bilden ausschließlich Komposita, z. B. drom in Aquadrom, Eurodrom oder mat in Automat, Waschomat.

Position

Eine große Gruppe von Konfixen kommt ausschließlich als Ersteinheit vor.

fanat in Fanatiker, fanatisch, fanatisieren
honor in Honorar, honorabel, honorieren
ident in Identität, identisch, identifizieren
invest in investieren, Investfond
rhythm in Rhythmik, rhythmisch
simul in Simulant, simulieren

Andere Konfixe dagegen sind ausschließlich als Zweiteinheit zu finden.

drom in Aquadrom, Eurodrom
lekt in Dialekt, Soziolekt
zid in Biozid, Herbizid

Einige Konfixe schließlich sind nicht positionsfest. Sie können als Erst- und als Zweiteinheit verwendet werden.

graf in grafisch, Biograf
phil in Philosoph, bibliophil
phob in phobisch, tütophob
therm in thermisch, endotherm

Als Zweiteinheiten bestimmen Konfixe jeweils die grammatische Kategorie des Wortbildungsprodukts, also unter anderem Wortart und Genus. Selten gibt es bei den reinen Zweiteinheiten wortartunspezifische Konfixe wie zid in Herbizid, bakteriozid.

Um in diesem Zusammenhang einem häufigeren terminologischen Missverständnis zu begegnen: Der Bestandteil fix im Terminus Konfix besagt keineswegs, dass hier etwas 'fest' wäre; vielmehr leitet sich der Terminus Konfix ab aus lat. configere 'etwas aneinanderheften' analog Affix zu lat. affigere 'anheften, irgendwo dran befestigen'. Auch Affixe sind ja keineswegs fest: Sie stehen mal vorne (dann heißen sie Präfixe), mal hinten (dann heißen sie Suffixe), mal um eine Basis herum (dann heißen sie Zirkumfixe). Wer also möchte, kann Konfixe analog den Affixen weiter unterteilen in erstens Präkonfixe, zweitens Subkonfixe und drittens Konfixe, die präkonfixal und subkonfixal vorkommen. Vgl. Eisenberg 2004, 244.

Semantische Eigenschaften

Semantisch gesehen kann ein Konfix sowohl Determinans wie polit in Politclown als auch Determinatum sein wie phil in mannheimerophil.

Herkunft

Konfixe sind vor allem Einheiten der Lehnwortbildung, also der Wortbildung mit entlehnten Einheiten. Die meisten Konfixe sind dem Griechischen oder Lateinischen entlehnt. Mit Fleischer 1995 werden hier aber auch einheimische Einheiten wie stief, schwieger und zimper als Konfixe betrachtet, weil sie den Hauptkriterien zur Definition von Konfixen entsprechen: Sie sind gebunden und zumindest begrenzt basisfähig, z. B. stieflich, schwiegerlich, zimperlich. Vgl. auch Stieflinge(Kerr nach Holbein 1996, 78). Konfixe sind also auch Relikte der Sprachgeschichte. Selten entstehen Konfixe außerdem durch Kürzung, z. B. Prol <- Prolet. Vgl. Kurzwortbildung, besonders Kurzwort und Konfix.

Literatur in Auswahl

Fleischer 1995; Grimm 1997; Trunkwalter 2009; Donalies 2009; Scheller-Boltz 2010.