Komplementklassen
Bei den Komplementklassen unterscheiden wir:
die vier Kasuskomplemente (frz.: compléments casuels): Subjektkomplement
(Ksub) – Akkusativkomplement (Kakk) – Dativkomplement
(Kdat) und Genitivkomplement (Kgen)
das Präpositivkomplement
(frz.: complément prépositionnel)
das Adverbialkomplement (frz.: complément
adverbial)
das Prädikativkomplement (frz.: attribut)
das
Verbativkomplement (frz.: complément verbal)
Kasuskomplemente
Der Ölriese Shell (Ksub) kauft das
Stadtmobil.
[die tageszeitung, 01.06.2004]
Demokraten verlangen eine Erklärung
(Kakk).
[die tageszeitung, 14.01.2005]
Armen Bauern (Kdat) versprach der Minister
Schuldenerleichterungen und den Ausbau der Infrastruktur.
[die tageszeitung,
03.02.2005]
Die Berliner können sich noch knapp drei Wochen lang bequem und kostenfrei
ihrer nadelnden Weihnachtsbäume (Kgen) entledigen.
[die tageszeitung, 06.01.2004]
Präpositivkomplement
Präpositivkomplemente sind Kernkomplemente, die als Präpositionalphrasen realisiert werden und dabei – im Unterschied zu Adverbialkomplementen und Supplementen – eine feste, nicht austauschbare und vom Verb bestimmte Präposition enthalten.
Sie hoffte auf ein Wunder.
[die tageszeitung,
16.07.2004]
Sie hoffte * nach einem
Wunder.
Da die Kasuskomplemente und das Präpositivkomplement im klassischen Sinne den Satzgliedern Subjekt, direktes und indirektes Objekt (frz.: objet direct; objet indirect) sowie Präpositionalobjekt entsprechen, werden sie zu einer Gruppe zusammengefasst, die wir Kernkomplemente nennen.
Die Bezeichnung 'indirektes Objekt'
Adverbialkomplement
Als Adverbialkomplemente bezeichnen wir Adverbialia, die vom Verb gefordert werden. So nehmen z. B. die Verben stehen oder liegen in den meisten Bedeutungen Bezug auf einen Ort, an dem das betreffende Ereignis stattfindet oder auf die Art und Weise, wie etwas steht oder liegt. Im Gegensatz zu den Präpositivkomplementen verfügt der Sprecher bei der Wahl der Präposition über mehrere Möglichkeiten.
Ein bestimmter Ausdruck kann entweder als Adverbialkomplement fungieren oder in vergleichbarer Bedeutung aber in einem anderen Kontext Satzadverbiale sein und folglich zu den Supplementen zählen:
Komplemente | Supplemente |
Der Kaufvertrag lag auf dem
Tisch. | Der 31-Jährige hatte reichlich getrunken und tanzte auf dem
Tisch. |
Unsere Tochter wohnt in Köln. | Die Erklärung wurde ein Jahr lang in Köln offen
diskutiert. |
Unsere Tochter wohnt unter dem Dach. | Kinder spielen gern unter dem Dach. |
Unsere Tochter wohnt neben dem Rathaus. | Neben dem Rathaus wurde ein neues Tourismusbüro eröffnet. |
Prädikativkomplement
Ausdrücke, die unter Umständen in anderen Kontexten als Kernkomplemente oder Adverbialia fungieren, können zusammen mit bestimmten Verben (z. B. sein, bleiben, werden, heißen, nennen) Prädikatsausdrücke bilden. Weil diese Ausdrücke zusammen mit dem Verb als Prädikat fungieren, werden sie Prädikativkomplemente genannt:
Ziel dieser Operation war eindeutig die Niederschlagung der
"Separatisten".
[die tageszeitung, 10.10.2003]
Man hat diesen Schewardnadse lange für einen Demokraten
gehalten.
[Berliner Zeitung, 04.11.2003]
25 Jahre nach Gründung der Grünen steht fest: Sie sind kein
Generationenprojekt geblieben.
[die tageszeitung, 01.02.2005]
Verbativkomplement
Bestimmte Verben fordern ausschließlich Komplemente, die eine Verbkonstruktion beinhalten. Die Verbativkomplemente können realisiert werden durch
- eine AcI-Konstruktion nach Kausativverben wie lassen, heißen, machen und nach Verben der sinnlichen Wahrnehmung wie fühlen, spüren, hören
- Infinitivkonstruktionen mit und ohne zu bei Verben wie gedenken, geruhen und bestimmte Bedeutungen von verstehen, gelten, heißen und haben
- Subjunktorsätze (mit dass, ob, W-Wort), Verbzweitsätze bei Verben wie heißen, zusehen
Realisiert durch AcI-Konstruktion:
In fünf Monaten mit allzeit geöffneter Schlafzimmertür spürte Mouci
seine Intimsphäre schwinden [...].
[die tageszeitung,
03.05.2003]
Sie spürte einen leichten Widerwillen aufkommen
[...].
[Lenz, Siegfried: Der Verlust.]
Die neue Eigentümerin ließ das Gebäude umgehend
abreißen.
[Berliner Zeitung, 10.05.2003]
Realisiert durch Infinitivkonstruktionen mit und ohne zu
:
Der neue Dirigent verstand es auf Anhieb, das Mannheimer Orchester zu
führen.
Jetzt heißt es feiern, feiern, feiern.
[die
tageszeitung, 17.05.2004]
Neben der üblichen Buchhaltung gilt es, die neue Software
anzuwenden.
Realisiert durch dass-Satz:
Die Heimleiterin sieht zu, dass immer wieder etwas Neues an den Ständen
geboten wird.
[Mannheimer Morgen, 01.03.2005]
Realisiert durch V2-Satz:
Es heißt, das Unglück ist eine gute Schule, aber das Glück ist die beste
Universität.
[St. Galler Tagblatt, 24.07.2000]