Intonation bei topologischer Veränderung
Bei diesem Verfahren, das sich meist in quantifizierenden Konstruktionen – Nominalphrasen oder Sätzen – findet, wird eine Informationseinheit mit einem Akzent in zwei Teile mit zwei Akzenten aufgespalten. Der erste hat ein steigendes und der zweite ein fallendes Tonmuster. Das heißt, dass das betreffende Element sowohl topologisch, also bezogen auf die lineare Abfolge, als auch intonatorisch aufgespalten ist.
Nominalphrasen-Aufspaltung
Quantifikativ-Artikel wie all-, beid-, einig-, jed-, manch-, kein- stehen sowohl im Vorfeld als auch im Mittelfeld meistens zusammen mit ihrem Bezugsnomen. Unter bestimmten Bedingungen können sie aber auch vom jeweiligen Bezugsnomen getrennt auftreten. Durch die Aufspaltung gewinnt der Quantifikativ-Artikel an kommunuikativem Wert:
(2) Er hat [keine Fehler] gemacht. > [Fehler] hat er [keine] gemacht.
(3) Das haben [beide Kinder] gesagt. > [Die Kinder] haben das [beide] gesagt.
Bei definiten Nominalphrasen mit quantifizierendem Ausdruck (z. B alle, beide, jeder ) kann, je nach Kontext, auf diesem oder auf dem Kopfelement ein Nebenakzent liegen:
(4a) [Beide Fusionspartner] halten sich in dieser Frage noch bedeckt.
(5) [Alle deine Argumente] überzeugen mich nicht.
(5a) [Alle deine Argumente] überzeugen mich nicht.
Hier interessiert besonders, wie die Distanzstellung intonatorisch begleitet bzw. aufgefangen wird.
Bei Distanzstellung erhält sowohl das nominale Element als auch der Quantifikativ-Artikel einen Gewichtungsakzent, da beide bzw. alle so eine eigenständige (Mittelfeld-) Einheit bilden:
(5b) [Deine Argumente] überzeugen mich [alle] nicht.
Die Akzentuierung der Quantifikativ-Artikel dokumentiert zum einen ihre syntaktische Eigenständigkeit, zum anderen aber auch den semantischen Bezug zum betonten Vorfeldelement.
Bei indefiniten Nominalphrasen mit quantifizierendem Ausdruck (z. B. ein-, kein-, einig-, mehrer-, viel-, wenig- und Zahladjektiven wie drei, zehn, fünfhundert sind die Akzentverhältnisse bei Kontakt- und bei Distanzstellung ähnlich wie bei den definiten Nominalphrasen mit Quantifikativ-Artikeln:
Die Einheit der Phrase wird nicht nur durch Kontaktstellung von Nomen und Artikel, sondern auch dadurch deutlich, dass sie nur einen Akzent trägt. In der getrennten Struktur findet dagegen eine Aufspaltung der Vordergrundinformation und der Akzentstruktur statt:
Bei aufgespaltenen definiten sowie indefiniten Nominalphrasen hat die Akzentsetzung drei Funktionen:
- Beide akzentuierten Komponenten bilden trotz Getrenntstellung gemeinsam die Vordergrundinformation.
- Durch die Tonmusterstruktur werden – trotz der Distanzstellung – semantische Zusammenhänge kenntlich gemacht.
- Es wird deutlich, dass es sich in dieser Getrenntstellung um zwei autonome Komponenten handelt, die eine bestimmte Informationsstruktur signalisieren: Mit der Nominalphrase im Vorfeld wird – oft kontrastierend – ein Gegenstandsbereich thematisiert, zu dem dann mit dem Quantifikativ-Artikel die relevante Information geliefert wird.
Nominalphrasenaufspaltungen wie in (1) – (3), (5b) und (6a) sind im Norwegischen bis auf einzelne Ausnahmen nicht möglich:
Versetzung vom rechten Innenrand des Mittelfeldes ins Vor- oder Nachfeld
Einheiten, die in der unmarkierten Grundabfolge am rechten Innenrand des Mittelfeldes stehen bzw. den rechten Satzklammerteil bilden, können ins Vorfeld gerückt oder ins Nachfeld ausgelagert werden. Was die Akzentsetzung betrifft, verhält sich die Topikalisierung einer Einheit (7-9) bzw. die Platzierung einer Einheit ins Nachfeld (9) ähnlich wie bei Aufspaltung einer Phrase: Auch hier erhalten beide Teile einen Akzent (der erste steigend – der zweite fallend):
Nur in seltenen Fällen kann auch das Subjekt zusammen mit dem infiniten Teil des Verbalkomplexes im Vorfeld auftreten, z. B. als Passivsubjekt (11) oder als Teil eines Phraseolexems (12):
(11) | In der Firma wird seit langem Geld gestohlen. | > | [Geld gestohlen] wird in der Firma [seit langem] |
(12) | Der Kragen ist ihm noch nie geplatzt. | > | [Der Kragen geplatzt] ist ihm noch [nie]. (Sternefeld 1985:437) |
Versetzung ist auch im Norwegischen möglich, unterliegt aber mehr Beschränkungen als im Deutschen. So gibt es z. B. keine Parallelen zu Beispielen wie (11) und (12):