Syntagmatische Beziehungen im Verbalkomplex
Zwischen Hilfsverb bzw. Modalverb und infinitem Verb besteht innerhalb des Verbalkomplexes die syntagmatische Beziehung der Rektion (norwegisch: styring): Das Hilfsverb bzw. das Modalverb verlangt eine bestimmte Kategorie (einen bestimmten Status) des infiniten Verbs. Es regiert den Infinitiv oder das Partizip II.
Die Rektionsbeziehungen sind im Norwegischen grundsätzlich ähnlich wie im Deutschen. Allerdings gibt es keine direkte Entsprechung zwischen den Hilfsverben und den jeweiligen Funktionen (Tempus, Genus Verbi), die sie im Verbalkomplex übernehmen. So regiert im Deutschen das Hilfsverb werden den Infinitiv bei der Bildung des Futurs, während im Norwegischen in der gleichen Funktion (Tempusmarkierung als Futur) die Modalverben skal bzw. vil als Hilfsverben verwendet werden. Ähnlich regieren bei der Passivbildung im Deutschen werden oder sein das Partizip II, während das (periphrastische) Passiv im Norwegischen neben være (der Entsprechung von sein) mit bli gebildet wird.
Ein weiterer Unterschied betrifft die Direktionalität, also die Richtung, in der die Rektionsbeziehung wirkt (nach links bzw. rechts), vgl. "Verbalkomplex" )
Umgekehrt bestimmt das regierte Verb:
- die Wahl zwischen den Hilfsverben haben und sein bei der Perfektbildung im Deutschen,
- sowie die Passivperiphrasen im Deutschen und Norwegischen, indem es ein Passiv zulässt oder nicht.
Im Norwegischen ist bei der Bildung des Perfekts (norw.: presens perfektum) mit allen Verben das Hilfsverb ha möglich. Bei intransitiven Verben, also Verben, die kein direkte objekt erlauben, kann das Perfekt sowohl mit dem Hilfsverb ha als auch mit være gebildet werden – allerdings mit einem Unterschied in der Bedeutung.
Im Deutschen ist auch ein Passiv ohne Subjekt möglich:
Die ganze Nacht wurde getanzt.
Im Norwegischen muss der Satz jedoch zumindest das 'formale Subjekt' (norw.: formelt subjekt) det enthalten (s. ausführliche Erläuterungen in "Valenzverhältnisse im Verbalkomplex"):
Det ble danset hele natten.