Adjektiv
- Adjektiv im Überblick
- morphologische Eigenschaften
- syntaktische Eigenschaften
- semantische und funktionale Eigenschaften
Adjektiv im Überblick
Sie flektieren in zwei Flexionsparadigmen (stark, schwach) nach Kasus, Genus und Numerus und sind in zwei Stufen steigerbar (schöner, am schönsten). Sie können als Attribute (ein katastrophales Ergebnis), als Prädikativkomplemente (das Ergebnis war katastrophal) und als Adverbialia fungieren (sie lügt katastrophal).
andere Bezeichnungen und Zuordnungen
Eigenschaftswort. Die nur prädikativ verwendbaren Adjektive (leid, quitt, schade ...) werden in der 'Grammatik der deutschen Sprache' als eigene Wortart Adkopula klassifiziert.
Bestand und Beispiele
hell, kurz, blau, fein, fröhlich, lausig, philosophisch, entzückt, verheerend, gram ...
Im Herbst werden die Wälder bunt.
Still und starr ruht der See.
morphologische Eigenschaften
Adjektive bilden diejenige Wortart im Deutschen, die über das reichhaltigste Formenparadigma verfügt. Sie flektieren nicht nur nach Kasus, Genus und Numerus, sondern treten auch in zwei Flexionsklassen auf:
starke Flexion | fünf Flexionsendungen: -e, -en, -er, -es, -em | nach endungslosem unflektierten Artikel und wenn kein Artikel vorhanden ist | mit frischem Mut |
schwache Flexion | zwei Flexionsendungen: -e, -en | nach definitem Artikel und Artikeln, die Flexionsendungen besitzen | mit dem frischen Mut der Jugend |
Manche Grammatiken rechnen mit einem dritten, gemischten Flexionstyp für Adjektive nach indefinitem Artikel, Possessiv-Artikel und dem Quantifikativ-Artikel kein-. Dieser Flexionstyp setzt sich aus starken und schwachen Formen zusammen.
starke Flexion
In der starken Flexion wird die spezifische Markierungsleistung eines Artikels von der Adjektivform übernommen; die Formen - fünf Flexionsendungen - entsprechen weitgehend denen des Demonstrativ-Artikels.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOM | dieser Wein roter Wein | dieses Glas dünnes Glas | diese Freude große Freude | diese Gläser dünne Gläser |
AKK | diesen Wein (ohne) roten Wein | dieses Glas (ohne) dünnes Glas | diese Freude (ohne) große Freude | diese Gläser (ohne) dünne Gläser |
DAT | diesem Wein (mit) rotem Wein | diesem Glas (mit) dünnem Glas | dieser Freude (mit) großer Freude | diesen Gläsern (mit) dünnen Gläsern |
GEN | dieses Weins roten Weins | dieses Glases dünnen Glases | dieser Freude großer Freude | dieser Gläser dünner Gläser |
schwache Flexion
Bei der schwachen Adjektivflexion treten nur die zwei Flexive -e und -en auf.
MASKULIN | NEUTRUM | FEMININ | PLURAL | |
NOMINATIV | der nette Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
AKKUSATIV | den netten Mann | das nette Kind | die nette Frau | die netten Leute |
DATIV | dem netten Mann | dem netten Kind | der netten Frau | den netten Leuten |
GENITIV | des netten Mannes | des netten Kindes | der netten Frau | der netten Leute |
Steigerung des Adjektivs
Adjektive können mit den Steigerungsstufen Positiv, Komparativ, Superlativ kompariert werden: schön, schöner, am schönsten.
STEIGERUNGSSTUFE | MARKIERUNG | BEISPIELE | |
POSITIV | - | neu , stark | |
KOMPARATIV | Endung -er (Umlaut) | neuer, stärker | |
SUPERLATIV | Endung -(e)st (Umlaut) | neuest-, stärkst- |
Der Umlaut tritt nicht immer auf, auch wenn er möglich wäre: älter, aber nicht *schlänker.
Selten sind aus Gründen der Bedeutung Steigerungen wie *schwangerer, *zweifacher, *verheirateter, *am totesten. Mitunter erlauben entsprechende Kontexte aber auch die Steigerung solcher "absoluter Adjektive":
Durch Komposition ist eine inhaltliche Steigerung möglich (jammerschade, saublöd, erzdumm).
Siehe auch: Besonderheiten bei der Bildung von Komparativ und Superlativ und Toter als tot? — Was kann gesteigert werden?
Wortbildung des Adjektivs
Adjektive werden vor allem durch Derivation mit
Suffixen gebildet (rötlich, streitbar, heldenhaft,
modisch, dortig).
Der Bestand wird aber auch durch Komposition (hellblau, stahlblau, schlagfertig) und Derivation mit Präfixen (unschön, missvergnügt) erweitert.
syntaktische Eigenschaften
syntaktische Funktionen von Adjektiven
Prinzipiell treten Adjektive in drei Funktionen auf. Sie werden attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht. Als Attribute sind sie flektiert, als Prädikativkomplemente und Adverbialia sind sie unflektiert.
attributiv | Peter fährt ein schnelles Auto. Claudia ist eine zielstrebige Frau. |
prädikativ | Peters Auto ist schnell. Claudia ist zielstrebig. |
adverbial | Das Auto fährt schnell. Claudia arbeitet zielstrebig. |
Der Kernbestand der Adjektive tritt in allen drei Funktionen auf. Einige Adjektive haben jedoch Vorkommensbeschränkungen:
- Nur attributiv verwendbar sind deadverbiale Ableitungen (aus Adverbien abgeleitete Adjektive) wie hiesig, dortig.
- Nur prädikativ verwendbar sind viele Einheiten, die an der Peripherie der Wortart Adjektiv angesiedelt sind: egal, einerlei, eingedenk,feind, gewahr, gram, k.o., leid, los, o.k., okay, plemplem, quitt, schade, schnuppe, untertan.
Ein besonderer Fall der Adjektivphrase ist die Partizipialphrase (PARTP). Deren Kopf ist entweder ein Partizip I oder - nach Konversion vom verbalen in den adjektivischen Bereich - auch ein Partizip II.
Syntaktische Struktur
Nur der Kopf der attributiv verwendeten Adjektivphrase wird flektiert. Die Köpfe der adverbial und prädikativ verwendeten Adjektivphrasen bleiben unflektiert.
Phrasenbildung
In attributiver Funktion kongruieren Adjektive in Numerus und Kasus mit dem Kopf der Nominalphrase und werden im Genus von diesem regiert.
Adjektive können ihrerseits von anderen Adjektiven und von Adverbien modifiziert werden und bilden dann den Kopf einer Adjektivphrase:
Bestimmte Adjektive können wie Vollverben auch Valenz-Leerstellen eröffnen, die durch spezifische Komplemente zu füllen sind.
Akkusativkomplement: ich bin die viele Arbeit satt
Dativkomplement: der Räuber ist dem Mädchen hold
Genitivkomplement: eine des Japanischen mächtige Frau
Präpositivkomplement: auf dieses Ergebnis dürfen Sie stolz sein
semantische und funktionale Eigenschaften
Adjektive dienen der zusätzlichen Charakterisierung eines Gegenstands. Über die Zuschreibung von Eigenschaften wird der Gegenstand in der Gesamtcharakteristik stärker eingegrenzt und leichter identifizierbar gemacht. Man vergleiche die zunehmende Eingrenzung:
Die dabei zugeschriebenen Eigenschaften können absolute sein (zweistöckig) oder relative (klein, alt, dick), die durch eine Dimension und den Wert auf einer entsprechenden Skala gekennzeichnet sind: ein kleines Haus wird wahrscheinlich größer sein als ein großes Fenster.
Andere Adjektive wie wahrscheinlich werden zur Modalisierung verwendet, die sich als Geltungseinschränkung auswirkt bis hin zum Ausschluss des Charakteristikums, auf das sie angewandt werden: ein wahrscheinlicher Sieg muss kein Sieg sein. Diese Adjektive üben in adverbialer Verwendung die gleiche Funktion aus wie bestimmte Satzadverbien.
Zahladjektive dienen unmittelbar der Gegenstandskonstitution, indem die absolute Zahl der Elemente einer Menge angegeben wird (Kardinalzahl-Adjektiv: zehn Gebote, sieben Geißlein) oder ein Gegenstand durch Indizierung aus einer Folge als gleichartig charakterisierter Gegenstände herausgegriffen wird (Ordinalzahl-Adjektiv: der dritte Mann, das fünfte Gebot).
Übungen
Literatur zu Adjektiven
Zur Abgrenzung der Klasse: Rolland 1999, Sommerfeldt 1987, Vonhoegen 1994.
Zur Flexion: Buscha 1986, Darski 1979, Gallmann 1990, Meinert 1990, Pfeffer 1981, Törnqvist 1974