Sonderfälle

Zweck-Mittel oder Ursache-Folge?

Die instrumentale Bedeutung der Konnektorendadurch, damit, indem, dadurch (…), dass ist nicht immer eindeutig. Diese können auch mit kausaler Bedeutung verwendet werden und somit Ursache-Folge-Relationen zum Ausdruck bringen:

(1) Dadurch, dass wir so viel sitzen, verfetten wir auch. (Rheinische Post, 01.02.2008)

Im Satz (1) können wir den instrumentalen Konnektor dadurch (...), dass durch den kausalen Subjunktor weil ersetzen:

(2) Weil wir so viel sitzen, verfetten wir auch.

In (1) und (2) gibt der Nebensatz nicht die Information über ein Mittel zum Erreichen eines Zwecks – wer will denn mit Absicht verfetten? Stattdessen ist die Handlung so viel sitzen eher die Ursache für das Ereignis verfetten.

Diese Substitution ist nicht immer möglich. Das zeigen die nächsten zwei Beispiele:

(3) Viele Lehrer und Freunde beteiligten sich, indem sie Ausflüge oder gemütliche Abende organisierten. (Mannheimer Morgen, 30.06.1998)

In (3) gibt der Nebensatz tatsächlich Informationen über das Mittel zum Erreichen eines Zwecks, der im Hauptsatz ausgedrückt wird. Das ist vor allem daran erkennbar, dass der Hauptsatz eine bewusste, intentionale Handlung beschreibt. Der Konnektor indem hat also eine instrumentale Bedeutung. Wenn wir ihn durch den kausalen Konnektor weil ersetzen, wechselt die Satzbedeutung:

(4) Viele Lehrer und Freunde beteiligten sich, weil sie Ausflüge oder gemütliche Abende organisierten.

In (4) drückt der Hauptsatz nicht mehr den Zweck der Handlung im Nebensatz aus, sondern ihre Folge. Haupt- und Nebensatz stehen also in einer ganz anderen Bedeutungsrelation als in (3).

ZUSAMMENFASSEND: Satzgefüge mit den Konnektoren dadurch, indem, dadurch (…), dass drücken eine Zweck-Mittel-Relation aus, wenn sie die folgende Situation beschreiben: „Eine Handlung wird mit Absicht vollzogen bzw. ein Mittel wird mit Absicht eingesetzt, um einen Zweck zu erreichen". Wenn diese Absicht fehlt, dann reden wir nicht mehr von Mittel und Zweck, sondern von Ursache und Folge.

Zweck-Mittel-Relationen mit Nomenkomposita ausdrücken

Nomenkomposita sind zusammengesetzte Nomina, die aus einem Nomen (rechts) und mindestens einer weiteren Wortbildungseinheit (links) bestehen.

Die Kombinationsmöglichkeiten sind zahlreich – mehr dazu erfahren Sie hier. Für diesen Lernbaustein sind zwei davon besonders relevant, und zwar:

Die Bedeutungsrelation zwischen den Teilen eines Kompositums kann verschiedenartig sein. Im Kompositum Holzboden definiert der zweite Teil (-boden) einen Gegenstand und der erste Teil (Holz-) gibt Informationen über das Material, aus dem er gemacht ist. Im Kompositum Wasserflasche stehen Wasser- und -flasche in einer Inhalt-Behälter-Relation. Die zwei Teile eines Nomen-Nomen-Kompositums und eines Verb-Nomen-Kompositums können auch in einer Zweck-Mittel-Relation stehen.

Zwei Fälle sind möglich:

FALL 1: Der zweite Teil des Kompositums definiert einen Gegenstand (Mittel) und der erste Teil gibt Informationen zu seinem Zweck.

Hier einige Beispiele:

  • Nomen + Nomen
(1) Ein Flaschenöffner ist ein Öffner, der für Flaschen bestimmt ist.
(2) Ein Schraubenschlüssel ist ein Schlüssel, der für Schrauben bestimmt ist.
(3) Ein Briefkasten ist ein Kasten, der für Briefe bestimmt ist.
  • Verb + Nomen
(4) Eine Bohrmaschine ist eine Maschine, die zum Bohren verwendet wird.
(5) Ein Klebeband ist ein Band, das zum Kleben verwendet wird.
(6) Eine Stehlampe ist eine Lampe, die zum Stehen bestimmt ist.
FALL 2: Der zweite Teil des Kompositums definiert einen Gegenstand und der erste Teil gibt eine Information über das Mittel, das seinen Betrieb ermöglicht.

Hier einige Beispiele:

  • Nomen + Nomen
(7) Eine Motorsäge ist eine Säge, die durch einen Motor angetrieben wird.
(8) Ein Akkuschrauber ist ein Schrauber, der durch einen Akku kabellos betrieben werden kann.
(9) Eine Seilbahn ist eine Bahn mit Kabinen, die durch ein Seil fortbewegt werden.
  • Verb + Nomen
(10) Ein Blasinstrument ist ein Musikinstrument, bei dem Töne durch das Blasen erzeugt werden.
(11) Eine Schiebetür ist eine Tür, die durch das Schieben geöffnet wird.
(12) Ein Treteimer ist ein (Müll)eimer, dessen Deckel durch das Treten auf einen Fußhebel aufgeht.
HINWEIS: Die genaue Art der Bedeutungsrelation zwischen den Teilen eines Kompositums lässt sich letztlich allein durch Weltwissen erschließen. Man muss bei der Motorsäge also einschätzen, was plausibler ist: Lassen sich Motoren durchsägen oder treiben Motoren nicht doch eher eine Säge an?
Sind die Bedeutungen der folgenden Komposita richtig oder falsch?
(1) Eine Windmühle ist eine Mühle, mit der Wind gemahlen wird.
(2) Eine Kaffeemühle ist eine Mühle, mit der Kaffee gemahlen wird.
(3) Eine Herrentorte ist eine Torte, die für Herren bestimmt ist.
(4) Ein Affenbrot ist ein Brot, das von Affen gebacken wird.
Hinweise auf die Lösung finden Sie hier.

Zum Text

Autor(en)
Giorgio Antonioli
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