Adverbialia als Supplemente
andere Bezeichnungen:
Umstandsbestimmung, modifizierende Angabe
Adverbialia als Komplement und als Supplement
Adverbialia sind eine syntaktische Klasse und üben im Satz bestimmte Funktionen aus: Sie
können primäre Komponenten des Satzes sein, in dieser Funktion sind sie meistens Supplemente, unter
besonderen Umständen können sie aber auch Komplemente sein.
Das am häufigsten verwendete
Beispiel für ein Adverbiale, das für einen korrekten Satz des Deutschen notwendig ist, also die
Funktion eines Komplementes erfüllt, ist das situative Adverbialkomplement, das vom zweiwertigen Verb wohnen
gefordert wird (zu Adverbialia in Komplementfunktion siehe auch unter
Komplementklassen). Im Norwegischen
entsprechen die Adverbialkomplemente den 'bundne adverbial', also den (valenz-)gebundenen
Adverbialia:
Die bekannte Künstlerin wohnt in
Mannheim
Den kjente kunstneren bor i
Mannheim.
Wird dieser Satz zum Beispiel durch einen temporalen Zusatz in Form einer Präpositionalphrase erweitert, dann handelt es sich bei dieser zweiten adverbialen Angabe um ein Supplement, da die temporale Angabe nicht vom Verb gefordert wird, d. h. für einen korrekten Satz des Deutschen nicht notwendig ist. Im Norwegischen entspricht dies einem (norw.) 'fritt adverbial' (Plural: frie adverbial):
Die bekannte Künstlerin wohnt seit 30
Jahren in Mannheim
Den kjente kunstneren har bodd
i Mannheim i 30 år.
Bei weiteren adverbialen Zusätzen handelt es sich ebenso um Supplemente ('frie adverbial' im Norwegischen):
Die bekannte Künstlerin wohnt seit 30 Jahren
sehr komfortabel in
Mannheim
Den kjente kunstneren har bodd
komfortabelt i Mannheim i 30
år.
Ein Viertel der Bevölkerung Schleswig-Holsteins wohnt
dort.
[die tageszeitung, 12.02.2005]
Das Referat beginnt um 20 Uhr.
[die
tageszeitung, 10.01.2003]
Am Mittwoch ist der DAX um fast 100 Punkte gestiegen.
[Mannheimer Morgen, 07.02.2003]
Die Ziele der Föderalismusreform klingen
vielversprechend.
[dpa, 22.06.2006]
Ausdrucksformen der Adverbialia
Adverbialia können im Deutschen wie im Norwegischen durch unterschiedliche
Ausdrucksformen realisiert werden:
Adverbien und Adverbphrasen (1), Adjektive und
Adjektivphrasen (2), Nominalphrasen (3), Präpositionalphrasen (4), Adjunktorphrasen (5), Nebensätze
(6) und Infinitivkonstruktionen (7).
(1) | Übermorgen gehen die Mediziner aus Protest bundesweit auf
die Straße. [Hamburger Morgenpost, 16.01.2006] | Jeg har nettopp sett henne.. |
Viele Leute lassen sich sehr gern etwas
vorlesen. [Berliner Zeitung, 16.06.2004] | Han leser veldig gjerne krimbøker. | |
(2) | Ganze Ortschaften und ein Flughafen mussten komplett neu
gebaut werden. [die tageszeitung, 23.08.2005] | Deler av huset måtte bygges helt nytt. |
(3) | Meines Wissens hat das nichts mit Luhmann zu tun. [die tageszeitung, 12.02.2000] | Enkelte steder vokste det furutrær. |
(4) | In der Öffentlichkeit wird mit Genuß eine Senkung der
Verwaltungskosten in der Sozialversicherung gefordert. [Die Presse, 16.09.2000] | Barna leker i hagen. |
(5) | Und er hatte trainiert wie ein Berserker. [die tageszeitung, 13.05.2004] | Hun hadde trent som en gal. |
(6) | Das war ein Schritt nach vorne, obwohl es nicht die
Grundvoraussetzungen brachte. [die tageszeitung, 08.01.2005] | Dette var et skritt framover, selv om ikke alt var perfekt. |
(7) | Der Priester geht an einem Schwerverletzten vorbei, anstatt zu
helfen. [Mannheimer Morgen, 18.06.2004] | Han kjørte videre istedenfor å hjelpe. |
Subtypen der adverbialen Supplemente
Adverbialia als Supplemente beziehen sich auf unterschiedliche Einheiten. Einerseits können sie sich auf ganze Sätze beziehen und charakterisieren die Satzbedeutung näher. Sie sind in diesem Fall Satzadverbialia:
Ein ukrainischer Nachwuchssportler ist bei einem Turnier in
Charkow tödlich verletzt worden.
[Berliner Zeitung, 15.03.2004]
Andererseits beziehen sie sich auf den Verbalkomplex bzw. auf den Verbalkomplex und damit verbundene Komplemente unterhalb der Satzebene und gehören der Klasse der Verbgruppenadverbialia an:
Tattoos glänzen wunderschön auf der Haut.
[Mannheimer Morgen, 07.08.2004]
Anna schiebt den Kinderwagen, als wäre sie in
Australien.
[die tageszeitung, 02.03.2004]
Satzadverbialia und Verbgruppenadverbialia werden in vielen Grammatiken nicht unterschieden. Es gibt dort nur eine Adverbialia-Klasse.
Die Duden-Grammatik spricht von Kommentaradverbialia und bezeichnet damit Satzadverbialia und von Situativadverbialia, wenn Verbgruppenadverbialia gemeint sind.
In der Norsk referansegrammatikk wird zwischen den Typen 'frie adverbial' und 'setningsadverbial' unterschieden. Im Kern entspricht dies der Unterscheidung zwischen Verbgruppenadverbialia und Satzadverbialia, doch ist die Klasse der 'setningsadverbial' eingeschränkter als die der Satzadverbialia in der vorliegenden Grammatikdarstellung. 'Setningsadverbial' lassen sich durch verschiedene, u.a. syntaktische Tests von den 'frie adverbial' abgrenzen:
Setningsadverbial
- sind schlechter erfragbar als frie adverbial:
Når kommer han? – Han kommer straks. (fritt adverbial – Plural: frie adverbial)
?? kommer han? – Han kommer heldigvis. (setningsadverbial)
- sind nicht fokussierbar:
Det var straks du skulle gjøre det. (fritt adverbial)
* Det er heldigvis de ikke så meg. (setningsadverbial)
- können nicht im Schlussfeld stehen:
Jeg skal snart komme. (fritt adverbial)
Jeg skal komme snart.
Det vil trolig gå bra. (setningsadverbial)
* Det vil gå bra trolig.
- können nicht zusammen mit dem Verb im Vorfeld stehen:
Komme straks kan jeg ikke. (fritt adverbial)
* Heldigvis sett meg har de ikke. (setningsadverbial)
Die zwei Adverbialgruppen können wiederum semantisch subklassifiziert
werden:
Semantische Subklassen der
Satzadverbialia
Semantische
Subklassen der Verbgruppenadverbialia
Allerdings ist die Klassenbildung nach
semantischen Kriterien in allen Bereichen der Sprachwissenschaft stets schwierig. Eine klare
Grenzziehung zwischen den einzelnen Klassen ist nicht immer möglich. Aus diesem Grunde sind die
semantischen Subklassen nur als Annäherung zu verstehen. Andere Klassenbildungen sind durchaus
möglich. Für eine semantische Feinanalyse sind die Frageformen zur Bestimmung der
semantischen
Adverb-Subklassen hilfreich.
Engel unterscheidet in seiner "Deutschen Grammatik" folgende Subklassen der Adverbialia: direktiv, final, graduativ, instrumental, kausal, komitativ, konditional, lokal, modifikativ, temporal.
Bei Helbig/Buscha finden wir: final, kausal, konditional, konsekutiv, konzessiv, lokal, modal, temporal.
Übung: Supplementtypen und ihre Ausdrucksformen