Stellung der Supplemente im Mittelfeld
Unter Supplementen subsummieren wir hier nur solche Einheiten, die primäre Komponenten des Satzes darstellen, also keine sekundären Komponenten wie z. B. Nomensupplemente.
Es gibt einige übergeordnete Prinzipien, deren Kenntnis für das Verstehen der Abfolgeregeln der Supplemente im Mittelfeld hilfreich ist:
Allgemeines Stellungsprinzip
Einige Supplemente können – anders als Komplemente – nur im Mittelfeld stehen, also nicht (allein) im Vorfeld, z. B. die Abtönungspartikeln, oder nur stark eingeschränkt wie die Negationspartikel nicht (s. Partikeln im Vorfeld). Innerhalb des Mittelfelds haben Supplemente mehr Stellungsmöglichkeiten als Komplemente. Dennoch gibt es für ihre Stellung Regeln und ein übergeordnetes Prinzip. Dies leitet sich aus ihrer Funktion ab, ganze Sätze oder einzelne Verbalkomplexe (inklusive eventuell dazugehöriger Komplemente, aber unterhalb der Satzebene) näher zu bestimmen oder zu modifizieren. Die interne Abfolge richtet sich danach, ob das jeweilige Supplement einen weiteren oder engeren Skopus (semantischen Bezugsbereich) hat. Das oberste Stellungsprinzip lautet also:
So ist zu erklären, dass die unterschiedliche Anordnung der gleichen Supplemente im selben Satz zu unterschiedlichen Satzbedeutungen führen kann.
Übung: Stellungsprinzip der Supplemente
Skopus
Gemäß dem Prinzip, dass beieinander steht, was inhaltlich zusammengehört, kann man die Stellung der Supplementtypen klären: Diejenigen, die den engsten Skopus, also den engsten semantischen Bezugsbereich haben, nämlich den Verbalkomplex (mit den dazugehörigen Komplementen unterhalb der Satzebene), sind die Verbgruppenadverbialia (V-ADV). Weil sie eine enge Bindung an das Verb bzw. den Verbalkomplex haben, stehen sie so nah wie möglich an der rechten Satzklammer. Diejenigen, die inhaltlich weniger stark an das Verb gebunden sind, stehen weiter links im Mittelfeld. Ihr Skopus erstreckt sich auf den ganzen Satz. Das sind vor allem die Satzadverbialia (S-ADV), z. B.:
Grafisch kann der jeweilige semantische Bezugsbereich wie folgt verdeutlicht werden:
Die Regel, die sich aus dem allgemeinen Stellungsprinzip "weiter Bezugsbereich vor engem Bezugsbereich" ableitet, lautet also
Es gibt neben den V-ADV und S-ADV noch den Supplementtyp der Abtönungspartikeln (Abp), z. B. denn, ruhig, ja, doch, etwa. Während S-ADV die Satzbedeutung modifizieren, indem sie die Satzaussage modal spezifizieren oder in einen Handlungszusammenhang bzw. Kontext einordnen, operieren Abp auf Erwartungen und Einstellungen des Sprechers und des Adressaten (vgl. Wortart Abtönungspartikel). Der Bezugsbereich von Abp umfasst auch die durch S-ADV eingebrachten Modifizierungen, d. h. ihr Skopus ist noch weiter als der von S-ADV, z. B.:
(3) Tiefgaragen oder Parkdecks würden in einer Stadt wie Bürstadt nicht angenommen. "Das kann man vielleicht Abp in Mannheim S-ADV machen", ergänzt Ortner. (Mannheimer Morgen, 29.11.2001)
Es gilt auch hier "weiter Bezugsbereich vor engem Bezugsbereich", also:
Zu dieser generellen Abfolgeregel gibt es – wie fast immer – Ausnahmen. So sind bei den meisten kontextspezifizierenden Satzadverbialia (ohne besonderen Gewichtungsakzent) Abfolge-Varianten möglich:
(4') Warum muss heute eigentlich in praktisch jedem Popsong eine Rap-Sequenz eingefügt werden?
Gesamtabfolgeregel der Supplemente
Die Gesamtabfolgeregel dieser drei Supplementtypen im Mittelfeld lautet:
Beispiel:
Für bestimmte Subklassen dieser drei Supplementtypen ist diese Reihenfolge zwingend, z. B. für viele Abtönungspartikeln (z. B. wohl, eben, doch), modal abschwächende Satzadverbialia (z. B. angeblich, hoffentlich, möglicherweise, vielleicht), negative Satzadverbialia (z. B. nicht, nie) und Verbgruppenadverbialia (z. B. gern, umständlich, falsch, träge, laut, blindlings), die das jeweilige Ereignis graduieren oder bewerten:
Abp | S-ADV | V-ADV | ||
(6) Sie hat ihn | wohl | tatsächlich | sehr gern | gehabt. |
(7) Sie hat sich | eben | nicht | — | getraut, zu fragen. |
(8) Sie ist ihm | doch | keineswegs | blindlings | gefolgt. |
Nun kann das Stellungsverhalten der internen Abfolge der Supplemente beschrieben werden.