Semantisch verschiedene Adverbialverbindungen
Semantisch verschieden bedeutet das Vorkommen von Verbindungen von lokalen und temporalen Adverbialia im Vorfeld. Diese kann man dann nicht mehr mit einem einzelnen Fragewort erfragen.
(Die Zeit 11.1.2007, 9)
Am Sonntagmorgen im noblen "Landhaus Ferch" in der Dorfstraße 41 am Schwielowsee in Brandenburg sind die Dinge wohl anders abgelaufen als bisher kolportiert.
(Hamburger Morgenpost 11.9.2008, 1)
Sind diese Adverbialia mit semantisch verschiedenen Domänen zwei voneinander unabhängige primäre Komponenten und damit zwei Stellungseinheiten? Oder kann das eine dem anderen attributiv zugeordnet werden, so dass beide zusammen eine komplexe Komponente darstellen?
Wenn man zwei Komponenten annimmt, müssten auch andere Typen von Adverbialia (etwa kausale und lokale) im Vorfeld kombinierbar sein. Das ist aber nicht möglich.
Es scheint so, dass Raum und Zeit eine sehr ähnliche Struktur haben. Die beiden Domänen teilen viele Präpositionen wie in, nach, bis, vor, um. Bei Verbindungen von lokalen und temporalen Adverbialia im Vorfeld findet eine semantische Angleichung statt. Wie bei den semantisch gleichartigen modifiziert hier auch das nachstehende Adverbiale das vorangehende; das Kopf-Adverbial ist dann fast immer das temporale. Die Angleichung geschieht so, dass das, was das lokale Adverbial bezeichnet, temporalisiert wird. Man kann deshalb die Adverbialkombination im ersten Beispiel umschreiben als 'Gestern, als wir im Rabenhof-Theater waren'. Man kann daher Verbindungen von semantisch verschiedenen Adverbialia als eine zusammengehörende komplexe Komponente auf einer einzigen Stellungseinheit auffassen.
Wie bei den rein temporalen Adverbialverbindungen lassen sich auch hier appositive und restriktive Verhältnisse ausmachen, die mitunter, aber nicht immer grafisch durch Komma oder intonatorisch durch Pause differenziert werden.
Appositives Attributverhältnis
(St. Galler Tagblatt 9.2.2011, 39)
Restriktives Attributverhältnis
(Die Zeit 8.8.1986, 1)