Semantische Aspekte der Aktiv-Passiv-Opposition

Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Bedeutungen von Passivsätzen und entsprechenden Aktivsätzen lassen sich allgemein auf diesen Nenner bringen:

I.
Jeder Sachverhalt, der mit einem Passivsatz korrekt beschrieben werden kann, ist ebenso korrekt mit einem entsprechenden Aktivsatz zu beschreiben. Das heißt: Der Passivsatz folgt logisch aus dem Aktivsatz.

Die Umkehrung dieser Feststellung gilt jedoch nicht: Zu vielen Aktivsätzen lassen sich keine passivischen Entsprechungen bilden.

Das gefällt mir gar nicht.
* Mir wird gar nicht gefallen (von dem).
* Mir ist (von dem) gar nicht gefallen.
* Ich bekomme (von dem) gar nicht gefallen.
II.
Bei Passivsätzen können Teilinformationen unterbleiben, die in aktivischer Formulierung zwingend auszuführen sind.
Die Verwaltung hat das Programm geändert.
versus
Das Programm ist geändert worden.
III.
Selbst wo in aktivischer wie passivischer Formulierung dieselben Teilinformationen gegeben sind, liegt keine bloße Umordnung von Komplementen vor, denn einander entsprechende Komplemente werden nicht in gleicher Weise gewichtet.

So wird etwa, was im Aktivsatz als Subjekt von zentraler Bedeutung und deshalb unverzichtbar ist, bei allen Passivformen, wenn überhaupt, dann als eher randständiges Kprp realisiert.

Der Kerl hat mir doch tatsächlich einen neuen Wagen aufgeschwätzt.
Mir ist von dem Kerl doch tatsächlich ein neuer Wagen aufgeschwätzt worden.
Ich habe von dem Kerl doch tatsächlich einen neuen Wagen aufgeschwätzt bekommen.


Siehe vertiefend

Die Agens-Rolle in Aktiv- und Passivsätzen

Die Formulierung der Agens-Rolle in Aktiv- und Passivsätzen

Unterschiede in der Propositionsstruktur von Aktiv- und Passivsätzen

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Autor(en)
Bruno Strecker
Bearbeiter
Elke Donalies
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