Maximale Prädikate

Mit der Bestimmung der Elementarpropositionen, wie sie in Identifikation von Prädikaten vorgenommen wird, ist die Basis geschaffen für eine Bestimmung maximaler wie minimaler Prädikate.

Zur Bestimmung der maximalen Prädikate fehlt nun noch ein Schritt: Man muss klären, welcher Redeteil das Argument der maximal möglichen Charakterisierung zum Ausdruck bringt. Dabei ergeben sich keine grundsätzlichen Probleme, da nach den zwei Proben nur noch Ausdruckseinheiten zu untersuchen sind, die entsprechende Ausdrücke aufweisen.

Unter der maximal möglichen Charakterisierung, die ein Prädikat leisten kann, ist dies zu verstehen:

Eine Elementarproposition wird als einfache Operator-Operand-Struktur analysiert derart, dass ein Teil als Bestimmung eines Gegenstands betrachtet werden kann und alles Übrige als Bestimmung eines Charakteristikums.

Einige Beispiele, bei denen der maximale Prädikatsausdruck markiert ist:

Jakobson hält seine Antrittsvorlesung.
Das baufällige Gebäude wird von dicken Holzbalken gestützt.
Dieses ehrenvolle Amt wurde mir von der Mitgliederversammlung einstimmig übertragen.

Die Aufteilung ist dabei stets so gewählt, dass die Gegenstandsbestimmung mit dem Ausdruck erfolgt, der traditionell als das Subjekt bezeichnet wird. Aus logischer Sicht erscheint diese Wahl willkürlich. Andere Einteilungen sind nicht weniger gerechtfertigt.

Jakobson hält seine Antrittsvorlesung.
Das baufällige Gebäude wird von dicken Holzbalken gestützt.
Dieses ehrenvolle Amt wurde mir von der Mitgliederversammlung einstimmig übertragen.

Tatsächlich beruht die gewählte Einteilung nicht allein auf logischen Erwägungen. Sie stützt sich auch auf formale Besonderheiten im Deutschen, das dem Subjekt eindeutig eine Sonderrolle unter den Argumenten eines Prädikats zuweist. Der Subjektausdruck ist nicht einfach verschieden von anderen Argumentausdrücken, wie diese untereinander verschieden sind. Er ist über formale Indikatoren in seiner Sonderrolle zu identifizieren. Ein einfach zu nutzendes Testverfahrens, die Infinitivprobe, erlaubt Sprachteilhabern, in beliebigen Sätzen eine Bestimmung des Subjekts vorzunehmen.

Infinitivprobe

Die Infinitivprobe geht auf eine Überlegung von Glinz 1975 zurück: Man sucht einen Restausdruck, den man so umformen kann, dass er als Infinitivkonstruktion fungieren könnte.

Die Tante schenkt Fabian einen Pullover.
Die Tante schenkt Fabian einen Pullover.
Die Tante schenkt Fabian einen Pullover.
Die Tante schenkt Fabian einen Pullover.
Die Tante schenkt Fabian einen Pullover.

Unter den markierten Restausdrücken kann allein zu schenkt Fabian einen Pullover eine Infinitivkonstruktion gebildet werden.

Fabian einen Pullover schenken

Dieser Test kann allerdings nicht mehr sein als ein Kriterium, das Reflexe der vorliegenden semantischen und syntaktischen Verhältnisse nutzt, ohne selbst zu einem Verständnis dieser Verhältnisse beizutragen.

Zu klären bleibt, wie festzustellen ist, ob die jeweiligen Restausdrücke tatsächlich als maximale Prädikate gelten können. Zunächst kann festgehalten werden, dass Maximalität ohne weitere Untersuchung gewährleistet ist, wenn zuvor Elementarproposition und Subjekt korrekt bestimmt wurden. Die Eignung für die Zwecke der Charakterisierung wird dann ebenso festgestellt wie bei Prädikaten ganz allgemein: Es wird geprüft, ob es möglich ist, für den Restausdruck eine Verifikationsregel zu bestimmen.

Was von Fall zu Fall zu belegen wäre, kann hier nur am Beispiel willkürlich ausgewählter Restausdrücke gezeigt werden. Jeder dieser Ausdrücke steht für ein maximales Prädikat, denn in jedem Fall lässt sich für beliebige Gegenstände prinzipiell feststellen, ob ihnen das so ausgedrückte Charakteristikum zukommt oder nicht.

hat eine Million Mark gewonnen
kauft seiner Freundin ein Eis
liegt zwischen Stuttgart und Mannheim

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Autor(en)
Bruno Strecker
Bearbeiter
Elke Donalies
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