Propositionaler Gehalt und epistemischer Modus

Bei der Differenzierung der Gebrauchsbedingungen der Konnektoren wird eine Gliederung der Bedeutungen von Satzstrukturen in propositionalen Gehalt und epistemischen Modus relevant. Der epistemische Modus ist im Rahmen der Funktor-Argument-Struktur ein Funktor, dessen Argument der propositionale Gehalt ist.



Sätze haben einen propositionalen Gehalt, sie drücken eine Satzproposition aus. Eine Proposition identifiziert eine Klasse möglicher Sachverhalte, indem sie die Charakteristika beschreibt, die diese aufweisen müssen, damit sie Elemente dieser Klasse sein können. Damit referiert die Satzstruktur auf diesen Sachverhalt, in anderer Redeweise: Sie bezeichnet ihn.

Im folgenden Beispiel ist hoffentlich Ausdruck des epistemischen Modus und regnet es Ausdruck des propositionalen Gehalts der Satzbedeutung. Den propositionalen Gehalt eines Satzes nennt man auch Satzproposition.

Hoffentlich regnet es.

Der epistemische Modus einer Satzstruktur spezifiziert eine mit der Äußerung dieser Satzstruktur ausgedrückte Einstellung zur Tatsachengeltung des Sachverhalts, der vom propositionalen Gehalt dieser Satzstruktur bezeichnet wird. Im Beispiel wird mit hoffentlich die Einstellung der Hoffnung des Sprechers auf Tatsachengeltung des durch regnet es bezeichneten Sachverhalts ausgedrückt. Den epistemischen Modus kann man vom propositionalen Gehalt dadurch unterscheiden, dass man auf ihn, anders als auf den propositionalen Gehalt, nicht mit einem Sachverhalte denotierenden Pronomen wie das, dies, es referieren kann.

A: Hoffentlich regnet es.
B:*Das glaube ich dir nicht. Du willst es doch sonst immer sonnig haben.

A: Leider regnet es.
B: *Das solltest du nicht tun, denn es hat dieses Jahr viel zu wenig geregnet.

A: Ich hoffe, dass es regnet.
B: Das glaube ich dir nicht. Du willst es doch sonst immer sonnig haben.

A: Ich bedaure, dass es regnet.
B: Das solltest du nicht tun, denn es hat dieses Jahr viel zu wenig geregnet.

Epistemischer Modus und propositionaler Gehalt bilden zusammen die epistemische Minimaleinheit.

Bedeutung von Satzstrukturen

Für Konnektoren ist die Unterscheidung von Proposition und epistemischer Minimaleinheit auch deshalb wichtig, weil Konnektoren sich danach unterscheiden können, auf welcher Ebene sie Verknüpfungen herstellen. So verknüpfen viele Konnektoren ausschließlich auf der propositionalen Ebene der Sachverhalte; sie nehmen als Funktoren Argumente, die Propositionen sind, und verknüpfen diese zu komplexen Propositionen. Der kausale Konnektor weil zum Beispiel kann propositional verknüpfen.

Susi geht heute abend ins Kino, weil ihr Lieblingsfilm kommt.

Ebenso kann er aber auch auf der epistemischen Ebene der Einstellungen verknüpfen. Bei weil mit Hauptsatzstellung ist diese Interpretation sogar zwingend. Ausschließlich auf der Ebene des epistemischen Modus verknüpft das begründende denn.

Hoffentlich kriegen wir heute abend noch Karten, weil ich den Film unbedingt sehen will.
Hoffentlich kriegen wir heute abend noch Karten, weil ich will den Film unbedingt sehen.
Hoffentlich kriegen wir heute abend noch Karten, denn ich will den Film unbedingt sehen.

Hier bezeichnet das interne Konnekt nicht den Grund für den Sachverhalt, den das jeweils vorausgehende externe Konnekt bezeichnet. Vielmehr drückt die Verknüpfung aus, dass die Tatsache, dass der Sprecher den Film unbedingt sehen will, Grund für die Einstellung des Sprechers gegenüber dem Inhalt des externen Konnekts, nämlich der Wunscheinstellung, ist.

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Autor(en)
Eva Breindl
Bearbeiter
Elke Donalies
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