Subjunktor

frz. subjoncteur, conjonction de subordination

Subjunktor im Überblick

Subjunktor ist eine Sammelbezeichnung für solche Junktoren, die einen Verbletztsatz/Nebensatz einleiten, d. h. einen Satz, in dem das finite Verb an der letzten Stelle steht.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen

unterordnende (subordinierende) Konjunktion, Subordinator, Nebensatzeinleiter, Fügewort

Beispiele

dass, ob, wenn, während, weil, sodass, so dass, als, da, nachdem, als ob, falls, wenn, indem, wenngleich, zumal (da), wobei ...

Der Weissmüller, was ich gar nicht wusste, mag, mochte keine Affen - nicht - der hasste Affen, und weil die, weil die immer Folgendes machten bei ihm, das machte dieser Affe an dem Abend auch, das ist mir aber erst nachher dann deutlich gemacht worden, sobald er einen Affen in den Arm nehmen musste, war das Tier offenbar so erregt, dass es ihn von oben bis unten bepinkelte.
[Dieter Kürten/Wolfgang Heim, 1996 in SDR3: Leute]

Da ich aber nur einen gewonnen habe, werde ich Ihnen das gerade auf die Nase binden!
[Harry Rowohlt, 1998 SWR 1: Leute]

morphologische Eigenschaften

Subjunktoren sind unflektierbar und überwiegend morphologisch einfach. Es gibt aber auch morphologisch komplexe und mehrteilige Einheiten wie zum Beispiel wenngleich, je nachdem, je ... umso, insbesondere Kombinationen mit dass: sodass, so ... dass, dadurch dass, indem dass, dergestalt dass, außer dass, anstatt dass ...

syntaktische Eigenschaften

Subjunktoren leiten Verbletztsätze ein, die Teile des übergeordneten Ausdrucks sind. Sie können als Komplemente, als Supplemente oder Attribute fungieren.

FunktionBeispiel
Komplement Man befürchtet, dass noch weitere Erdbeben folgen könnten.
Supplement Das Sportfest fiel aus, weil es den ganzen Tag regnete.
Attribut Die Frage, ob außerhalb unseres Planeten Erde auch noch Leben existiert, hat sich jeder schon einmal gestellt. (Internetbeleg)

Sowohl im Deutschen als auch im Französischen wirken sich manche Subjunktoren infolge ihrer Semantik auf die Modusverwendung in den durch sie eingeleiteten Nebensätzen aus. Subjunktoren des Deutschen und ihre semantischen Entsprechungen im Französischen erfordern aber teilweise unterschiedliche Modi; hinzu kommt, dass die Modi der Irrealität/Potenzialität/Virtualität im Deutschen (Konjunktiv I und II) und Französischen (subjonctif und conditionnel) funktional nicht deckungsgleich sind.

1. So erfordern eine gewisse Anzahl der Subjunktoren des Französischen die Verwendung des subjonctif, während im Deutschen der Indikativ steht. Betroffen sind z. B. temporale Subjunktoren wie frz. avant que (ne) (dt. bevor) und frz. jusqu'à ce que (dt. bis) oder auch konzessive Subjunktoren wie frz. bien que (dt. obwohl):

(a) Nous devrions réparer la maison avant qu'il ne pleuve.
Wir sollten das Haus reparieren, bevor es regnet.
(b) Veuillez patienter ici jusqu'à ce que je revienne.
Warten Sie bitte hier, bis ich zurückkomme.
(c) Anne est allée au travail bien qu'elle soit malade.
Anne ist zur Arbeit gegangen, obwohl sie krank ist.

Die finalen Subjunktoren afin que / pour que machen ebenfalls den Gebrauch des subjonctif im Nebensatz erforderlich; im (heutigen) Deutsch hingegen steht nach damit der Indikativ:

(d) "Mesdames, souriez afin que plus tard, vos rides soient bien placées." [zitiert nach Madame de Maintenon, www.citations.com, gesehen am 03.08.2011]
"Lächeln Sie, meine Damen, damit später Ihre Falten an den richtigen Stellen sitzen."
(e) Pour qu'il n'y ait pas de pellicule sur la crème, il faut la saupoudrer de sucre glace avant qu'elle n'ait le temps de refroidir.
Damit sich auf der Sahne keine Haut bildet, muss sie mit Puderzucker bestäubt werden, bevor sie vollständig abgekühlt ist.
N.B.: Literarisch oder veraltet auch damit bzw. häufiger auf dass + Konjunktiv I
Du sollst Vater und Mutter ehren, damit / auf dass du lange lebest und es dir wohl ergehe auf Erden. [Bibel, Altes Testament, 2.Mose 20,12]

2. Umgekehrt kommt es vor, dass im deutschen Nebensatz der Konjunktiv (I oder II) geboten ist, während im Französischen der Indikativ steht, und zwar nach Subjunktoren zum Ausdruck des irrealen Vergleichs, wie als (ob) (seltener: als wenn, wie wenn). Das Französische verdeutlicht die Irrealität des durch das Verb ausgedrückten Prozesses, indem hier ein Distanz signalisierendes imparfait verwendet wird:

(a) Heute tun wir einmal so, als ob wir alle tüchtige Beamte wären.
Aujourd'hui, pour changer, nous allons faire comme si nous étions tous des fonctionnaires appliqués.
(b) In Südafrika ist es, als ob ständig Krieg sei.
En Afrique du Sud, c'est comme si c'était la guerre en permanence.

3. Bei konditionalem wenn wird im Deutschen der Konjunktiv II verwendet, insofern die Aussage des Nebensatzes als nicht der Realität entsprechend bzw. als hypothetisch dargestellt werden soll. Auch in diesem Fall finden wir im Französischen zwar den Indikativ, aber ein Distanz signalisierendes "imparfait":

(a) Was wäre, wenn wir fliegen könnten?[Auerbach/Weindel (2010): Was wäre wenn wir fliegen könnten?]
Et si nous savions voler ?
(b) Würdet ihr euch vom Partner trennen, wenn er unfruchtbar wäre? [http://boardreader.com/thread/Wenn_Abtreibung_illegal_w_re_1nmnl____f3981_f117-Wenn-Abtreibung-illegal-ware.html, gesehen am 03.08.2011]
Quitteriez-vous votre compagnon/compagne si il/elle était stérile?

semantische und funktionale Eigenschaften

Funktional ist die Klasse der subordinierenden Junktoren sehr heterogen. Die Subjunktoren dass und ob stellen keine spezifisch festgelegte inhaltliche Beziehung zwischen dem subordinierten und dem übergeordneten Ausdruck her, sondern üben in erster Linie die syntaktische Funktion der Subordination aus. Subjunktoren wie wenn, obwohl, weil, sodass, auf dass ... dagegen stellen spezifische inhaltliche Relationen zwischen den verknüpften Einheiten her.

Eine Verwechslungsgefahr und somit potentielle Fehlerquelle für französischsprachige Deutschlerner ergibt sich daraus, dass einerseits der französische Subjunktur si sowohl ein interrogativ-dubitatives ob (1, 3) als auch ein konditionales wenn (2) übersetzt. Andererseits ist temporales wenn (3, 4) durch quand übersetzbar, welches aber gleichzeitig dem deutschen temporalen als (5) sowie temporal-interrogativem wann (6) entsprechen kann:

(1) Elle commence à se demander si son collègue Alain a vraiment fait des études d'allemand.
Sie fragt sich allmählich, ob ihr Kollege Alain wirklich Deutsch studiert hat.
(2) Car si Alain avait fait des études d'allemand, il ne parlerait pas anglais avec tous les clients autrichiens.
Denn wenn Alain Deutsch studiert hätte, dann würde er nicht mit allen österreichischen Kunden Englisch sprechen.
(3) J'aimerais savoir si l'on peut faire quelque chose contre la sncf quand un train klaxonne devant chez nous ? Cela devient vraiment insupportable. [http://debats.sncf.com/feedbacks?category_id=10306&order=last_status_at.desc&page=63&with_category=10311, gesehen am 03.08.2011]
Ich würde gerne wissen, ob wir etwas gegen die französische Bahn unternehmen können, wenn ein Zug vor unserem Haus tutet. Das wird wirklich unerträglich.
(4) Quand je partais en vacances avec mon ex-mari, nous nous disputions dès la veille du départ.
Wenn ich mit meinem Ex-Mann in Urlaub fuhr, stritten wir uns schon am Vortag der Abreise.
(= sich wiederholendes Ereignis: jedesmal, wenn...)
(5) Quand je suis parti en vacances cet été, j'ai laissé mon chat chez mes parents.
Als ich diesen Sommer in Urlaub gefahren bin, habe ich meine Katze bei meinen Eltern gelassen
. (= einmaliges Ereignis)
(6) Il m'a demandé quand est-ce que nous allons partir en vacances.
Er hat mich gefragt, wann wir in Urlaub fahren.

Subjunktoren lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten in semantische Subklassen wie kausal (weil, da), konsekutiv (sodass), konzessiv (obwohl), konditional (wenn, falls), proportional (je ... desto), restriktiv (außer dass), substitutiv (anstatt dass), temporal (nachdem, während, sobald) usw. einteilen.

Bei je … desto … handelt es sich um einen zweiteiligen Junktor, der zum Ausdruck des Vergleichs dient : So sind auch beide Teile, je und sein Korrelat desto (oder auch umso), jeweils unmittelbar von einem Komparativ gefolgt. Während semantisch ein gleich bleibendes Verhältnis ausgedrückt wird ("proportionaler" Subjunktor), sind die beiden durch je … desto … zueinander in Bezug gesetzten Ausdrücke syntaktisch asymmetrisch : Nur der erste Konnektorteil, je, verhält sich syntaktisch wie ein Subjunktor, indem er einen Verbletztsatz einleitet. Sein Korrelat desto besetzt zusammen mit dem komparativischen Adjektiv/Adverb das Vorfeld des Vergleichsausdrucks, und wird dann unmittelbar vom konjugierten Verb gefolgt:

(1) Je älter man wird, desto mehr schätzt man die Kunst des konstruktiven Schweigens. [http://www.gedichte-garten.de/artman/art/beitrag_279.shtml, gesehen am 03.08.2011]
(2) Je dünner ich werde, desto dicker fühl ich mich!!
(3) "Je mehr der Mensch glaubt, desto weniger weiss er. Je weniger er weiss, desto dümmer ist er. Je dümmer er ist, desto leichter kann er regiert werden." [http://deu.anarchopedia.org/Johann_Most, gesehen am 03.08.2011]

Im Französischen haben semantisch entsprechende Vergleichsausdrücke die Form syntaktisch paralleler Konstruktionen. Bei diesen kommen keine Subjunktoren zum Einsatz, sondern es fungieren die Gradpartikeln plus oder moins - weitaus seltener auch komparativische Adjektive/Adverbien wie mieux oder pire - als Korrelate. Fakultativ können die Vergleichsausdrücke im Französischen durch koordinierendes "et" verbunden werden (während ein "und" an dieser Stelle im Deutschen ausgeschlossen ist):

(2a) Plus je maigris, [et] plus je me sens gros(se).
(3a) Plus l'Homme est croyant, moins il sait. Moins il sait, plus il est bête. Plus il est bête, plus il se laisse gouverner facilement.

Oft beziehen sich im Französischen die Gradpartikeln "plus" oder "moins" direkt auf das Verb bzw. auf den Prädikatsausdruck, dort wo in der deutschen Entsprechung ein Adjektiv im Komparativ eingesetzt wird, um den durch das jeweilige Verb ausgedrückten Prozess zusätzlich zu qualifizieren:

(4) Plus elle attend, [et] plus elle a peur.
(4a) Je länger sie wartet, desto größer wird die Angst.
(5) Plus l'air s'élève, plus il se refroidit.
(5a) Je höher die Luft steigt, desto stärker kühlt sie ab.

Im Deutschen müssen die beiden durch je … desto… verbundenen Vergleichsausdrücke nicht unbedingt als syntaktisch vollständige Sätze realisiert werden:

(6) Je später der Abend, desto schöner die Gäste. [sprichwörtliche Redensart]
(7) Je mehr Tabletten, desto schlimmer ging es mir.
(8) Je früher du ankommst, desto besser.
(9) Je früher, desto besser.

Die Syntax des Französischen lässt derlei Ellipsen nicht zu. In der Übersetzung muss hier der vollständige Ausdruck rekonstruiert werden :

(7a) Plus je prenais des comprimés, [et] plus je me sentais mal.
(8a) Plus tu arriveras tôt, [et] mieux ce sera.

Manche Junktoren des Deutschen, die gewöhnlich zu den (Verbletztsatz einleitenden) Subjunktoren gezählt werden, können sich – insbesondere in der gesprochenen Sprache – syntaktisch auch wie Konjunktoren verhalten, d. h. einen Verbzweitsatz einleiten. Betroffen ist in erster Linie das begründende weil, aber auch konzessives obwohl oder wobei.

Es handelt sich hierbei nicht etwa um einen dem vermeintlichen "Sprachverfall" zuzuschreibenden fehlerhaften Gebrauch seitens der Sprecher. Vielmehr kommt diesem Gebrauch mancher Junktoren mit Verbzweitsätzen eine spezifische, von ihrer Verwendung als Subjunktor verschiedene, kommunikative Funktion zu.

So bleibt zwar z. B. bei weil in Nullposition (V2-weil) dessen kausale (den Grund oder die Ursache angebende) Grundbedeutung erhalten. Während aber der Subjunktor weil einen Verbletztsatz einleitet, der den Grund oder die Ursache für einen Sachverhalt liefert, der in einem übergeordneten Satz dargestellt ist, sich also auf den propositionalen Gehalt des übergeordneten Ausdrucks bezieht, knüpft ein Satz mit V2-weil an den vorausgegangenen Sprechakt an, indem er denselben begründend kommentiert. Dieses zweite weil entspricht, sowohl syntaktisch als auch kommunikativ-pragmatisch, einem begründenden denn. Siehe "Zum Sonderfall 'denn'". Auf eine kurze Formel gebracht: Der durch weil eingeleitete Verbletztsatz liefert den Grund für das Geäußerte, das Gesagte, der durch weil eingeleitete Verbzweitsatz den Grund für den Sprechakt, das Sagen.

Somit erklärt sich aus der kommunikativen Funktion der nachgelieferten Begründung eines Sprechakts auch die Tatsache, dass Sätze mit V2-weil - anders als durch weil eingeleitete Verbletztsätze - nicht das Vorfeld besetzen können.

Beispiele (1) und (2) sollen die beiden syntaktischen und kommunikativ-pragmatischen Verwendungsweisen von weil anhand zweier authentischer Sprecherbelege veranschaulichen :

(1) "Einmal waren wir zwei Wochen auf [Gran Canaria]. Da war ich grade schwanger, und da haben wir gesagt, okay, fünf Sterne-Hotel, zwei Wochen richtiger Luxus, bevor wir dieses Blag kriegen, machen wir das noch mal. Und da hab ich dann zwei Wochen durch gekotzt, da fing diese Schwangerschaftsübelkeit an, und dann hab ich halt zwei Wochen nur gebrochen, und seitdem find ich so 'nen Urlaub richtig Scheiße. [Ich] hab mich zu Tode gelangweilt da, aber eben, weil ich nichts machen konnte, weil ich echt zwanzig Mal am Tag gekotzt hab, ich konnt gar nix." [Interviewauszug 2008, unveröffentlicht]

Beispiel (1) illustriert den Fall, in dem die beiden durch weil eingeleiteten Verbletztsätze jeweils die – im Übrigen überzeugende – Ursache für den im vorausgehenden Satz geäußerten Sachverhalt (Ich hab mich zu Tode gelangweilt. Warum? → Weil ich nichts machen konnte. Warum?→ Weil ich zwanzig Mal am Tag gekotzt hab.) liefern. Ein Umstellungstest bestätigt die kommunikative Funktion dieses Subjunktor-weils: Es ist nämlich durchaus möglich, die weil-Sätze ins Vorfeld zu stellen: Weil ich nichts machen konnte, weil ich zwanzig Mal am Tag gekotzt hab, hab ich mich zu Tode gelangweilt.

(2) Und guck morgen Abend bitte Desperate Housewives für mich weil ich bin nicht da und die Folge will ich nicht verpassen. [Internetbeleg]

In Beispiel (2) liefert der Satz weil ich bin nicht da den Grund für den vorangegangenen Sprechakt (und guck morgen Abend bitte Desperate Housewives für mich), nicht aber für den propositionalen Gehalt dieser Äußerung. Da die Begründung eines Sprechakts diesem nicht vorausgehen kann, ist die Platzierung des weil-Satzes ins Vorfeld nicht möglich (* Weil ich bin nicht da, guck morgen Abend bitte Desperate Housewives für mich.)

Zum Text

Letzte Änderung
Aktionen
Seite als PDF
Seite drucken
Seite zitieren

Seite teilen