Relativ-Elemente

Die Funktion des Anschlusses eines Relativsatzes an einen übergeordneten Ausdruck können im Deutschen Einheiten verschiedener Wortarten erfüllen. Gemeinsam ist diesen Relativ-Elementen die Funktion der Reorientierung auf einen zuvor verbalisierten Redegegenstand mit gleichzeitigem Anschluss einer Proposition.

Die mit den Relativ-Elementen angeschlossene Proposition dient der Klarstellung des Gegenstands (restriktiver Relativsatz), bringt darüber zusätzliche Informationen (appositiver Relativsatz) oder führt die Vorgängerproposition thematisch weiter (weiterführender Relativsatz).

Beispiele:

restriktiver Relativsatz: Kennen Sie die Frau, die das geschrieben hat?

Wir reden immer von der Kritik oder wir reden nur von den Leuten, die meinen, die Kritik bestimmen zu können.
[Günter Grass, Oktober 1995 in SDR3: Leute]

appositiver Relativsatz: Sie, die übrigens ein Buch geschrieben hat, ist vierzig.
weiterführender Relativsatz: Sie schrieb einen Roman, was alle überraschte.

Der Kopf der Nominalphrase oder Pronominalphrase, an die der Relativsatz angeschlossen ist, regiert das Genus des Relativ-Elements und kongruiert im Numerus mit ihm, während der Kasus relativsatzintern bestimmt wird. Das Relativ-Element kann selbst Teil einer Nominal- oder Präpositionalphrase sein:

das Haus, an das sie gedacht hat
das Haus, dessen Besitzer sie nicht kennt
das Haus, mit dessen Besitzer sie gesprochen hat

Relativsatz

Die Norsk referansegrammatikk (1997: 1054ff.) nimmt eine etwas andere Einteilung der Relativsätze vor. Relativsätze im engeren Sinne werden als Subtyp so genannter "Implikativsätze" beschrieben, deren andere beiden Typen "adverbiale Implikativsätze" (ähnlich den mit deiktischen W-Adverbien eingeleiteten Relativsätzen in der vorliegenden Darstellung) sowie Vergleichssätze (mit enn und som) sind. Neben solchen Unterschieden, die in erster Linie in der theoretischen Grundlage der Darstellung begründet sind, gibt es aber auch klare typologische/sprachsystematische Unterschiede bei der Realisierung von Relativsätze. Der auffälligste ist, dass der wichtigste Relativmarker som im Norwegischen eine (unflektierbare) Subjunktion ist, während im Deutschen diese Funktion (flektierende) Pronomina haben.

Norwegische Beispiele:

restriktiver Relativsatz: Kjenner du kvinnen som har skrevet dette?
Alle medlemmer som har betalt kontingenten, har rett til å møte på årsmøte.
appositiver Relativsatz:*Alle gjestene, som for øvrig ble helt til klokken tre, tok drosje hjem.
weiterführender Relativsatz:**Hun skrev en roman, (noe) som overrasket alle.
Hun er fra Bergen, hvilket hun aldri legger skjul på.

* (in der Norsk referansegrammatikk 1997: 1051 nur als nicht-restriktiver Relativsatz klassifiziert, die Bezeichnung "appositiver Relativsatz" wird dort nicht angeführt)
** (in der ebd. 1060 als Spezialfall so genannter "ungebundener" Relativsatz klassifiziert)


Das Relativ-Element som kann im Norwegischen weggelassen werden, wenn der Relativsatz ein Subjekt hat (und er nicht appositiv ist):

Boken (som) du ga meg igår er veldig spennende. (Das Buch, das du mir gestern gegeben hast, ist sehr spannend.)
Boken som er så spennende er dessverre utsolgt. (Das Buch, das so spannend ist, ist leider ausverkauft.)
* Boken er så spennende er dessverre utsolgt.
Boken, som jeg forresten fikk av søsteren min, er veldig spennende. (Das Buch, das ich übrigens von meiner Schwester bekommen habe, ist sehr spannend.)
* Boken, jeg forresten fikk av søsteren min, er veldig spennende.

Einheiten mit der Funktion des Relativsatz-Anschlusses und ihre norwegischen Entsprechungen:

1. Demonstrativ-Pronomina: Norwegisch (Subjunktion):
Hunde, die bellen, beißen nicht.
der Schlüssel, mit dem ich mein Büro abschließe
das Haus, an das sie gedacht hat
das Haus, dessen Besitzer sie nicht kennt
Hunder som bjeffer biter ikke
nøkkelen (som) jeg låser kontoret med
huset (som) hun tenkte på
huset (som) hun ikke kjenner eieren til
2. W-Pronomina: Norwegisch:
alles, was ich weiß
die Leute, welche ich kenne
Wir müssen retten, was wir können.
Wer zu spät kommt, muss draußen warten.
alt (hva) jeg vet (Pronomen)
folkene (som) jeg kjenner (Subjunktion)
Vi må redde det hva / det / hva vi kan.(Determinativ bzw. Pronomen)
Den som / hvem som kommer for sent må vente utenfor. (Determinativ bzw. Pronomen)

Die Form was wird vor allem nach nominalisierten Adjektiven, nach Indefinit-Pronomina und nach nach dem Demonstrativ-Pronomen das verwendet: (das Wichtigste / alles / das, was wir erfahren haben). Die Formen wer, wen, was, wem werden auch zur Einleitung von freien Relativsätzen (Wer rastet, rostet) verwendet.

3. W-Präpositionaladverbien:Norwegisch:
nichts, wofür zu kämpfen es sich lohnen würde
Dann aber geschah etwas, womit ich nie gerechnet hatte.
die Steinplatte, worauf die Flasche zerschellt war
Ich erzählte ihr von dem Besuch, worauf sie nur lachte.
ingenting (som er) verdt å kjempe for (Subjunktion)
Men det skjedde noe (som) jeg aldri hadde regnet med. (Determinativ, ggf. + Subjunktion)
steinplaten (som) flasken hadde falt ned (Subjunktion)
Jeg fortalte henne om besøket, hvorpå hun bare lo. (Präpositionaladverb)
4. deiktische W-Adverbien:Norwegisch:
dort, wo du bist
die Art und Weise, wie das vor sich geht
eine Situation, bei der / wo unklar ist, wer die Verantwortung trägt
in Deutschland, *in dem / wo ich lebe
der Mann, wo mich gefragt hat (Nicht-Standard)
der hvor du er (Adverb)
måten hvordan det foregår (Adjektiv)
en situasjon der / hvor / der hvor (?) det er uklart hvem som har ansvaret (Präposition)
i Tyskland, der / hvor / der hvor jeg bor (Präposition)

Als Relativ-Element hat wo standardsprachlich lokaldeiktischen Charakter, wird aber über die Besetzung einer im engeren Sinne 'lokalen' Stelle hinaus verwendet.


Übung: Relativsatz

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Autor(en)
Wiebke Ramm
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