Sonoritätshierarchie und Kodakomplexität

Szczepaniak (2010: 107) behandelt die konsonantische Stärke (im Orig. „consonantal strength“) des abschließenden Konsonanten als einen wichtigen Faktor der Endungsvariation. Die konsonantiche Stärke wachse in der Reihenfolge Liquid, Nasal, Frikativ, Affrikate, Plosiv an, und mit ihrem Anwachsen werde die Tendenz zu -s prinzipiell schwächer (Szczepaniak 2010: 107, 113ff., vgl. Vennemann 1988). Ähnlich geht Fehringer (2011: 97) von einer Bedeutung der Sonoritätshierarchie (sonority hierarchy, vgl. Hooper 1976) aus. Der Anstieg der Sonorität (der mit der Abnahme der konsonantischen Stärke einhergeht) korreliere prinzipiell mit der Stärkung der Tendenz zu -s.


Solche Konzeptionen scheinen sich in unseren Daten zunächst nur grob zu bestätigen. Die für die artikulationsbestimmten Konsonantenarten berechneten Anteile der ES-Endungen spiegeln die für die konsonantische Stärke und (mutatis mutandi) Sonorität relevanten Hierarchien aber mit Abweichungen (vgl. Abbildung 1):


Abb. 1: Anteil der ES-Token für verschiedene Konsonantenarten im Auslaut


Die stärkste ES-Tendenz zeigen nicht Nomen auf Plosive, sondern solche auf Affrikaten (gemeint ist konkret nur /pf/, nachdem /ts/ in Faktorenübersicht und Datenbasis als ausnahmslos -es induzierender Faktor aus der Betrachtung varianter Fälle ausgeschlossen wurde), die damit aus der von Szczepaniak modellhaft angesetzten Rangfolge ausscheren. Man könnte hier fürs Erste argumentieren, dass Affrikaten auch Konsonantengruppen zugerechnet werden können, und abschließende Konsonantengruppen ihrerseits auch einen ES-Effekt hervorrufen, sodass die ES-Tendenz bei Nomen auf Affrikaten eine zusätzliche Unterstützung erfährt.


Die andere Randposition nehmen ebenfalls von der Modellabfolge abweichend nicht Liquide, sondern Nasale ein. Dies hängt wiederum damit zusammen, dass Nomen auf /r/ die S-Tendenz nicht mitmachen (11% ES-Token bei Nomen auf /l/ gegenüber 34% ES-Token bei Nomen auf /r/, vgl. Tabelle 1 weiter unten), eine Tatsache, die bereits Szczepaniak (2010: 113ff.) beobachtet und damit erklärt hatte, dass die Genitivform auf -es durch Resyllabierung eine konsonantische Realisierung des ansonsten vokalisierten r ermöglicht, z. B. Tier [ti:ɐ] > Tieres [ti:ʀes]. Abbildung 2 verdeutlicht die Wirkungsrichtung der einzelnen Auslaute und ermöglicht einen Vergleich der Effektgröße mithilfe der logarithmierten Odds Ratio.


Abb. 2: Logarithmierte Odds Ratios für Konsonantenarten im Auslaut


Die beobachtete Reihenfolge der Konsonantenarten, in der die ES-Tendenz in den Gesamtdaten ansteigt, lässt sich auch für die separat betrachteten Mehrsilber bestätigen, aber nicht für die separat betrachteten Einsilber. Bei diesen wirken Frikative nicht mehr zugunsten von S, sondern sie zeigen eine ES-fördernde Wirkung, die sogar geringfügig stärker ist als die der Plosive. Die ES-Häufigkeit steigt jetzt in folgender Reihenfolge an: Nasal (43,6%), Liquid (44,1%), alle Einsilber (71%), Plosiv (79,0%), Frikativ (82,5%), Affrikate (88,8%). Auch in der Gruppe der Einsilber auf Einzelkonsonant, bei der der Sonoritätsgrad des abschließenden Konsonanten bereinigt vom Einfluss anderer Konsonanten sichtbar werden müsste, neigen Nomen auf Frikativ ein wenig stärker zu ES als Nomen auf Plosiv (81,3% > 79,6%). Dies verlangt nach einem genaueren Blick hinter bzw. unter die Abstraktionsebene ‚(artikulationsbestimmte) Konsonantenart‘.


Es zeigt sich, dass Nomen auf verschiedene Konsonanten, die ein und derselben Konsonantenart zugerechnet werden, sehr unterschiedliche ES-Häufigkeiten aufweisen können. Betrachten wir wieder alle Nomen: Die Spannweite der ES-Häufigkeiten innerhalb einer Konsonantenart ist überraschenderweise nicht bei Nomen auf Liquide am größten (23% zwischen /l/ wie in Spiel(s) und /r/ wie in Meer(es), vgl. weiter oben). Sie ist schon bei Nomen auf Frikative größer (30% zwischen [ç] wie in Pech(s) und [x] wie in Buch(es), vgl. Tabelle 1). Berücksichtigt man bei Nomen auf Plosive die Unterscheidung stimmhaft vs. stimmlos (bzw. lenis vs. fortis), die im Nominativ zwar durch Auslautverhärtung neutralisiert ist, in Formen auf -es aber zum Tragen kommt, so ist schließlich die größte Spannweite der ES-Häufigkeiten eben bei Plosiven zu finden (33% zwischen Nomen auf /t/ wie in Aufenthalt(s) und /d/ wie in Vorstand(es))1.


Tabelle 1: Anteil der ES-Token für Nomen mit verschiedenen Auslautkonsonanten

Als Orientierung bei der Auswertung diente hier der Buchstabenwert des Auslauts, also z. B. <t> vs. <d>. Der Auslaut <p> wurde aus dieser Betrachtung ausgeschlossen, weil entsprechende einheimische Nomen zu spärlich belegt sind.

Der Auslaut auf /p/ erscheint hier nur vollständigkeitshalber. Er ist abgeblendet, weil er in unserem Material bei einheimischen Nomen im Vergleich zu anderen Auslauten so selten erscheint, dass er bei der weiteren Argumentation vernachlässigt werden kann. Hinter den 714 Token auf <p> in unserem Material stehen 126 Lemmata, die fast alle als Fremdwörter eingestuft werden können, von dem Tagger aber nicht als solche erkannt wurden wie zahlreiche Bildungen auf -typ oder -stopp.


Obwohl sich in Tabelle 1, die nach ansteigendem ES-Häufigkeitswert geordnet ist, die einzelnen Konsonantenarten stark überlappen, könnte in der Konsonantenanordnung die Sonoritätshierarchie doch noch erkannt werden. Zusätzlich korreliert bei Plosiven offensichtlich die Opposition stimmhaft vs. stimmlos (bzw. lenis vs. fortis) mit der Endungswahl3. Dabei zeigen die Nomen auf potenziell stimmhafte Plosive /b, d, g/ höhere ES-Häufigkeitswerte als die Nomen auf die stimmlosen Plosive /p, t, k/. Das ist nicht mehr vereinbar mit den bisherigen Befunden, da stimmhafte Obstruenten sonorer sind als stimmlose und die Sonoritätszunahme ansonsten (mit Einschränkungen) mit der Abnahme der ES- Häufigkeit einhergeht. Der Grund für diese Gegenbewegung könnte darin liegen, dass der Plosiv nur bei der ES-Endung stimmhaft werden kann, bei der er sich nicht mehr in der Koda, sondern im Einsatz der nächsten Silbe wiederfindet.

Das Prüfen der Opposition stimmhaft vs. stimmlos bei den Frikativen erübrigt sich, weil der potenziell stimmhafte Frikativ /v/ in unserem Material im Auslaut selten erscheint und nur am Ende von Wörtern, die als Fremdwörter eingestuft werden können, vom Tagger aber nicht als solche erkannt wurden, z. B. Archiv, Nerv und entsprechende Komposita.


Die Lage ist bei Einsilbern prinzipiell vergleichbar, auch was die Hierarchie zwischen Frikativen und Plosiven angeht – daran ändert die höhere ES-Häufigkeit für alle Frikative zusammengenommen (vgl. weiter oben) wenig: Beim Überlappen der Häufigkeitsbereiche beider Konsonantenarten sind die höchsten ES-Werte bei Nomen auf Plosive zu finden. In Tabelle 2 werden die Werte zu der „Laborsituation“ Einsilber auf Einzelkonsonant aufgeführt.


Tabelle 2: Anteil der ES-Token für Einsilber mit verschiedenen Einzelkonsonanten im Auslaut


In Tabelle 1 weiter oben zeigten Nomen auf /d/ interessanterweise sogar eine höhere ES-Präferenz als die Affrikate /pf/. Diese kann, wie bereits bemerkt, als eine Konsonantengruppe betrachtet werden4, und so stellt sich als nächstes die Frage, wie sich Konsonantengruppen prinzipiell in unsere bisherigen Überlegungen einfügen.

Aus dieser Perspektive gesehen, hätten die Nomen auf /pf/ in Tabelle 1 mit den Nomen auf /f/ zusammengerechnet werden müssen. Die ES-Häufigkeit für Nomen auf /f/ bzw. /v/ wäre dann aber nur von 39% auf 44% gestiegen, was das in Tabelle 1 entstandene Bild der Verhältnisse unter den Konsonantenarten nicht wesentlich verändern würde.


Traditionell wird Konsonantengruppen ein ES-fördernder Einfluss zugeschrieben, der sich in unseren bisherigen Analysen global bestätigt hat (vgl. z. B. Exemplarische Analyse von Korrelationen und Interaktionen zwischen Faktoren (binäre logistische Regression)). Solche Gruppen können bei einheimischen Nomen bis zu vier Konsonanten umfassen. Befassen wir uns zuerst mit Zweiergruppen: Bei Einsilbern sind in unserem Material folgende Konsonantenkombinationen zu finden:

  • Liquid vor Liquid wie in Kerl, Quirl (2 Lexeme, 232 Token)
  • Liquid vor Nasal wie in Schirm, Qualm (35 Lexeme, 19439 Token)
  • Nasal vor Frikativ wie in Hanf, Senf (2 Lexeme, 44 Token), Liquid vor Frikativ wie in Wurf (21 Lexeme, 6936 Token); Plosiv vor Frikativ wie in Topf, Knopf (7 Lexeme, 2236 Token)
  • Liquid vor Plosiv wie in Volk, Schwert (45 Lexeme, 103356 Token); Nasal vor Plosiv wie in Feind, Zimt (70 Lexeme, 55904 Token); Frikativ vor Plosiv wie in Hecht, Heft, Schacht (21 Lexeme, 8853 Token); Plosiv vor Plosiv wie in Haupt, Sekt (4 Lexeme, 1551 Token)


Bei Weitem nicht alle Zweierkombinationen zeigen eine zusätzliche ES-fördernde Wirkung. Die meisten Kombinationen enden auf Plosive, und in diesem Bereich finden sich noch relativ eindeutige Fälle.


Tabelle 3: Anteil der ES-Token für Einsilber mit zweiteiligen Konsonantengruppen auf Plosive


Tabelle 3 zeigt außer der ES-Häufigkeit für die jeweilige Konsonantenverbindung die ES-Häufigkeiten für die beteiligten Konsonantenarten, die erreicht werden, wenn Konsonanten dieser Art als Einzelkonsonanten im Auslaut von Einsilbern stehen. Die ES-Häufigkeit nach der Konsonantengruppe ist bei Verbindung von zwei Plosiven, von einem Nasal und einem Plosiv sowie von /l/ und einem Plosiv deutlich höher als die ES-Häufigkeiten nach Einzelkonsonanten der jeweiligen Art. Damit ist in diesen Fällen die zusätzliche ES-fördernde Wirkung der Konsonantengruppe kaum von der Hand zu weisen.


In Bezug auf alle anderen Typen von Zweier-Konsonantengruppen sind so gesicherte Urteile nicht möglich, weil entweder die Anzahl der Belege (pro Lexem) zu niedrig oder die Variation der Häufigkeitswerte für die einzelnen Lexeme mit der Konsonantengruppe gleichen Typs zu groß ist – insbesondere können einzelne extrem frequente Lexeme mit einer eindeutigen Endungstendenz die ES-Häufigkeit der ganzen Nomenklasse verzerren, zu der sie gehören. Berichtet werden können ab jetzt also nur Eindrücke, die auf Schätzungen und Abwägungen beruhen – dabei wird versucht, von Ausreißern abzusehen:


Bereits bei /r/ + Plosiv ist die Verstärkung der Tendenz zu ES nicht mehr feststellbar. Die ES-Häufigkeit scheint sich hier vielmehr auf dem Niveau des Werts für Plosive als Einzelkonsonanten zu bewegen (80%). In den restlichen Fällen kann sogar von einer prinzipiellen Wirkung zugunsten von S ausgegangen werden, die sich nur bei extrem häufigen Lexemen richtig umkehren kann. Die ES-Häufigkeit für viele andere Lexeme fällt teilweise sogar deutlich unter die ES-Häufigkeit für alle Einsilber auf Einzelkonsonant (69%). Versucht man unverhältnismäßig häufige Lexeme mit „eigenwilligen“ Tendenzen auszusieben, zeichnet sich für die noch verbliebenen Typen von Zweier-Konsonantengruppen zunächst folgende Reihenfolge ab, in der die Wirkung zugunsten von S prinzipiell zunehmen kann (soweit sinnvoll wird die ES-Häufigkeit angegeben; aus der Berechnung ausgeschlossene Lexeme oder andere Besonderheiten werden in Klammern genannt):

  • Plosiv vor Frikativ – ca. 65% (dieser leichte S-Effekt wird durch das ES-lastige Lexem Kopf, HK 10, überspielt, das häufiger ist als alle anderen Lexeme zusammen),
  • Frikativ vor Plosiv – ca. 40% (der S-Effekt wird durch die extrem S-lastigen Lexeme Recht und Licht, beide HK 10, weiter in Richtung S verzerrt, da diese Lexeme jeweils häufiger erscheinen als alle anderen zusammen),
  • Liquid vor Frikativ – ca. 31% (hier wird der S-Effekt durch die extrem ES-lastigen und besonders häufigen Dorf, HK 10, und Wolf, HK 11, überschattet),
  • Nasal vor Frikativ (zwei Lexeme, ES-zu-S-Token-Verhältnis: 6/38),
  • Liquid vor Nasal – ca. 10% (hier waren die Daten zunächst durch zahlreiche Familiennamen verfälscht, die vom Tagger nicht als solche erkannt wurden, z. B. Helmes, Harms, bzw. irrtümlicherweise als solche gekennzeichnet wurden, z. B. Zorns),
  • Liquid vor Liquid (zwei Lexeme, keine ES-Token).


Da wir schon bei Generalisierungen angekommen sind, kann man an dieser Stelle von der in Faktorenübersicht und Datenbasis vorgenommenen Datenstrukturierung etwas abrücken und auch die Zweiergruppen auf st heranziehen, die bisher aus den Analysen zu varianten Nomen als „starker“ ES- Faktor ausgeschlossen blieben. Bei dieser Kombination aus Frikativ und Plosiv (26 Lexeme, 15008 Token)5 erreicht die ES-Gesamthäufigkeit bei Einsilbern zwar ca. 97%, aber der hohe Wert wird entscheidend von den beiden extrem ES-lastigen und häufigen Lexemen Geist (HK 11) und Gast (HK 8) bestimmt. Schließt man sie aus, so sinkt die ES-Häufigkeit nach -st auf 77%. Der Wert liegt zwischen dem für alle Einsilber auf Einzelkonsonant (69%) und dem für Plosive als Einzelkonsonanten im Auslaut (80%) und deutet hiermit zwar prinzipiell eine Wirkung zugunsten von ES, aber auch eine Schwächung des ES-Effekts gegenüber dem Auslaut auf den Einzelkonsonanten Plosiv an. Immerhin bessert dieser Wert die ES-Bilanz der Gesamtgruppe ‚Frikativ vor Plosiv‘ deutlich auf, sodass man in Erwägung ziehen könnte, sie in der obigen Auflistung der Konsonantengruppen in Richtung ES, vor ‚Plosiv vor Frikativ‘, zu verschieben. Der Vorteil einer solchen Interpretation wäre, dass alle auf Plosiv endenden Konsonantengruppen einen geschlossenen Block bilden würden und aus der Abfolge aller Konsonantengruppen sich ungestört eine Anordnung der Letztkonsonanten ergäbe, die der Sonoritätshierarchie entspricht, also Liquid, Nasal, Frikativ, Plosiv (in Richtung abnehmender Sonorität). Aber auch ohne diese „Anpassung“ ist der Einfluss der Sonoritätshierarchie im Bereich des letzten Konsonanten der Konsonantengruppe unverkennbar (vgl. Tabelle 4). Im Bereich des vorletzten Konsonanten tritt er ebenfalls zutage, wenn auch in zwei Blöcke (bei nicht-plosivem und bei plosivem Letztkonsonant) aufgeteilt und ebenfalls mit einer Brechung versehen.

Betrachtet werden an dieser Stelle parallel zu den vorangehenden Fällen nur die Zweiergruppen wie in Ast und nicht Dreiergruppen oder Vierergruppen wie in Arzt.


Tabelle: 4: Endungswahl und Sonorität/Obstruenz in zweiteiligen Konsonantengruppen am Nomenende (S = Sonoritätshierarchie, KS = konsonantische Stärke)


Was Einsilber mit Wortausgang auf Zweier-Konsonantengruppen angeht, muss also festgehalten werden: Sowohl die Position des Letztkonsonanten in der Sonoritätshierarchie als auch die entsprechende Position des vorletzten Konsonanten scheinen die Endungswahl zu beeinflussen. Dabei gehen die Wirkungen der Konsonanten, die sie als Einzelkonsonant im Auslaut haben, wohl in eine Art Gesamtrechnung ein. Die Annahme, Wortausgang auf Konsonantengruppe sei prinzipiell ein ES fördernder Faktor, ist in jedem Fall unhaltbar: Eine Wirkung der Konsonantengruppe zugunsten von ES ist nur für Nomen feststellbar, bei denen an der Konsonantengruppe Plosive beteiligt sind. Konsonantengruppen ohne Plosive wirken prinzipiell – d. h. wenn man von vereinzelten extrem häufigen Lexemen absieht – zugunsten von -s und verstärken dabei sogar die S-Wirkung, die an den Gruppen beteiligte Konsonanten als Einzelkonsonanten im Auslaut zeigen.


Die bisherigen Ergebnisse sind auf Konsonantengruppen mit mehr als zwei Konsonanten übertragbar. In diesem Bereich begegnet man bei Einsilbern zunächst gleich wieder den Nomen auf -st, die wir als nur leicht variierend bereits in "Starke" Faktoren und "invariante Normen" behandelt haben – dazu gehören die zwei Lexeme auf Vierergruppen, die in unserem Material zu finden sind – Arzt /a:rtst/ und Ernst – sowie neun Lexeme auf Dreiergruppen wie Dunst, Forst, Obst mit insgesamt 14171 Token und einer ES-Quote von 97% (Spannweite zwischen 92% und 100%). Danach aber trifft man nur noch auf drei Konsonantenkombinationen: /mpf/ wie in Sumpf, Dampf, /rkt/ wie in Markt und /nkt/ wie in Punkt. Bei der ersten Kombination (8 Lemmata, 5372 Token) gibt es ein extrem häufiges Lexem, Kampf (HK 9), das weit frequenter ist als alle anderen Lexeme zusammen und eine sehr eindeutige ES-Präferenz zeigt (93%). Lässt man es beiseite, beträgt die ES-Gesamtfrequenz der übrig gebliebenen Lexeme nur noch 76%. Diese Zahl sowie die Zahlen für die anderen Dreierkombinationen werden in Tabelle nach ansteigenden ES-Werten angeordnet.


Tabelle 5: Anteil der ES-Token für Einsilber auf dreiteilige Konsonantengruppen


Wieder sind die Kombinationen auf Plosive hinsichtlich der ES-Tendenz höchstens eine Konkurrenz unter sich. Gleichzeitig resultiert eine Anordnung der Konsonantengruppen, die der Reihenfolge der zunehmenden ES-Präferenz entspricht, in einer Anordnung der Erstkonsonanten, die prinzipiell mit der Sonoritätshierarchie vereinbar ist (Nasal – Nasal – Liquid – Nasal/Liquid/Plosiv) . Letztere scheint ihre Bedeutung also auch für diesen Bereich zu behalten.


Betrachtet man alle untersuchten Ausprägungen der Koda zusammen, so ist eine Korrelation der Endungswahl mit der Sonorität der Konsonanten und der Komplexität in der Koda erkennbar. Dabei führt eine niedrigere Einstufung der Konsonantenart in der Sonoritätshierarchie im Allgemeinen zu einer höheren ES-Häufigkeit. Bei Konsonantengruppen werden die Wirkungen der beteiligten Konsonanten, die sie als Einzelkonsonanten im Auslaut zeigen, quasi miteinander verrechnet. Eine Konsonantengruppe am Nomenende führt also keineswegs automatisch zu einer deutlichen ES-Präferenz – im Gegenteil, bei einigen Konsonantenkombinationen erzielt sie geradezu eine S-fördernde Wirkung. Dass bei einer undifferenzierter Betrachtung aller Konsonantengruppen am Nomenende eine Wirkung zugunsten von ES feststellbar ist, liegt letztlich daran, dass die meisten dieser Konsonantengruppen auf Plosive ausgehen, und letztere prinzipiell eine deutliche ES-Tendenz zeigen. Wir wollen dabei nicht vergessen, das unterhalb der Abstraktionsstufe ‚(artikulationsbestimmte) Konsonantenart‘ die Korrelation zwischen Endungswahl und Sonoritätshierarchie etwas verschwimmt, da in den ES-Häufigkeitsrankings (Tabelle 1 und 2)einzelne Konsonanten gleicher Konsonantenart auch mitten unter Konsonanten einer anderen Konsonantenart auftauchen können (so konkurriert der Liquid /r/ als ES-Förderer mit weniger sonoren Frikativen und Plosiven, und der Frikativ [x] hält bei den ES-starken Plosiven gut mit). Die oben genannten Generalisierungen erscheinen trotz dieser Ausnahmen als erlaubt, und werden zusammenfassend in Tabelle 6 visualisiert.


Tabelle 6: Sonoritätshierarchie und Kodakomplexität

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Autor(en)
Marek Konopka
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