Modalverb

Modalverb im Überblick

Modalverben regieren im Verbalkomplex den Infinitiv eines Vollverbs. Modalverben können im Verbalkomplex nicht alleine auftreten. Sie modifizieren Propositionen hinsichtlich der Möglichkeit/Notwendigkeit; sie werden verwendet, um Wünsche, Gebote/Verbote etc. auszudrücken.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen

modales Hilfsverb

Bestand

müssen, sollen, dürfen, mögen/möchte-, wollen, können

Möchte- ist etymologisch die ursprüngliche Konjunktiv II-Form von mögen, wird heute jedoch als Indikativ Präsens verstanden. Mögen und möchte- werden zum Teil bedeutungsverschieden gebraucht, sie haben jedoch nur die eine gemeinsame Präteritalform mochte und werden daher zu einem Formenparadigma gerechnet.

Beispiele

Die Männer mussten bis zu 14 Stunden mit Unterbrechung in grellem Licht und bei lauter Musik ausharren.
Am Opel-Stammsitz in Rüsselsheim sollen an diesem Montag die ersten Gespräche zwischen dem Mangement der deutschen GM-Tochtergesellschaft und den Betriebsräten der Opel-Werke geführt werden.
Die CDU- und Unionsfraktionschefin Angela Merkel möchte mit Hilfe ihres Vorgängers Wolfgang Schäuble sich und die Union aus der Krise befreien.
GM will in Europa 12000 Arbeitsplätze streichen, ...
(Alle Belege: Süddeutsche Zeitung 18.10. 2004, S. 1)

Verbklassen mit ähnlichen Funktionen

Neben den genannten Modalverben können die Hilfsverben haben und sein modal gebraucht werden. Sie regieren im Verbalkomplex im Gegensatz zu den Modalverben allerdings den zu-Infinitiv:

Der Hausherr hat zu kuschen, und die Wächter ziehen den guten Anzug an.
(Kerr, Alfred: Wo liegt Berlin? Briefe aus der Reichshauptstadt 1895-1900)
Hier ist zu unterscheiden zwischen zustimmendem Grunzen, das ursprünglich "Hear, Hear" (Hört, hört!) hieß, und Unmutsbekundungen, die auf "Shame!" (Schande) zurückgehen.
(die tageszeitung, 26.03.2003, S. 6)

Einige Vollverben können ähnliche Funktionen wie Modalverben übernehmen. Auch sie regieren den zu-Infinitiv. Zu diesen Verben zählen: pflegen, scheinen und drohen:

Man pflegt zu sagen, schriftliche und mündliche Gründe müssen sich nicht genau decken. (Die Presse, 08.09.1997)
Nicht alle Wissenschaftler scheinen zu dieser Unterscheidung fähig zu sein.
(Die Presse, 14.07.2000)
Sein etwa vier Meter langes Sportboot war am Anlegesteg aus bisher ungeklärter Ursache Leck geschlagen und drohte zu sinken. (Mannheimer Morgen, 19.09.2002)

morphologische Eigenschaften

Modalverben werden nach Person, Numerus, Modus und Tempus flektiert (konjugiert), bilden aber keinen Imperativ. Ihre Bildung ist - aus sprachgeschichtlichen Gründen - irregulär: Da sie im Präsens im wesentlichen so flektieren wie starke Verben im Präteritum, gehören sie zu der kleinen Gruppe der Präteritopräsentia.

Präsens der Modalverben im Indikativ und Konjunktiv

Präsens Indikativ Konjunktiv I (Konjunktiv Präsens)
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-en
2. PERSONsoll-stt
3. PERSON-en
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-n
2. PERSONsoll-e-stt
3. PERSON-n

Folgende Modalverben bilden das Präsens im Indikativ mit Vokalwechsel von Singularformen zu Pluralformen und Infinitiv: wollen - will; müssen - muss; dürfen - darf; können - kann; mögen - mag.

Im Konjunktiv I (Präsens) unterbleibt der Vokalwechsel: er wolle, müsse, dürfe, könne, möge. Das Modalverb sollen weist keine Vokalwechsel auf.

Präteritum der Modalverben im Indikativ und Konjunktiv

Das Präteritum der Modalverben sollen und wollen wird wie das der schwachen Verben gebildet:

Präteritum Indikativ / Konjunktiv II (Konjunktiv Präteritum)
STAMMSINGULARPLURAL
1. PERSON-n
2. PERSONsoll-
woll-
te-stt
3. PERSON-n

Der Präteritalstamm der übrigen Modalverben hat im Indikativ Ablaut: er durfte, konnte, musste, mochte, wollte.

Im Konjunktiv II wird der Präteritalstamm (außer bei sollen/wollen) umgelautet: sie dürfte, könnte, müsste, möchte.

Bildung des Partizips II (Partizip Perfekt)

Das Partizip II der Modalverben wird wie das der schwachen Verben gebildet und nur dann verwendet, wenn sie wie Vollverben den semantischen Kern des Verbalkomplexes bilden. Ansonsten werden sie zur Bildung zusammengesetzter Tempora im Infinitiv verwendet.

Tugendhat zitiert Tolstois Ivan Illich: "Ich habe nicht gelebt, wie ich gesollt hätte."
(die tageszeitung, 12.10.1996, S. 15)

Habt ihr das gewollt?

Ich habe ihn nie gemocht.

Denn das hätte sie auch gekonnt, wenn sie gedurft hätte.
(die tageszeitung, 08.07.1995, S. 20)

Nach dem 1:2 durch Wück (...) hätte in der 83. Minute eigentlich der nächste Torhüter vom Platz gemußt.
(die tageszeitung, 17.05.1993, S. 16)

syntaktische Eigenschaften

Finite Modalverben bilden zusammen mit einem infiniten Vollverb den Verbalkomplex. Dabei transportieren sie den Valenzrahmen des Vollverbs weiter, haben also keinen eigenen.

Das Partizip II wird in den zusammengesetzten Tempusformen durch den Infinitiv Präsens ersetzt ("Ersatzinfinitiv"):

Sie hat kommen müssen.
Ihr hättet sie sehen sollen.

semantische und funktionale Eigenschaften

Modalverben werden verwendet, um subjektive Einstellungen zu Sachverhalten auszudrücken und um die Beschreibung von Sachverhalten auf Grundlage von z. B. situativen Umständen, Normen oder Wissensvoraussetzungen inhaltlich zu modifizieren.

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